Serientäter

«Arrested Development»: Jetzt geh doch einfach endlich zu Ende!

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Kommen wir zur Geschichte, einer vorzüglichen Serie, die jegliche Qualität verloren hatte. Und dem einen Serienfan, der keine Wahl hatte, als sich das Elend bis zum bitteren Ende anzugucken. Das ist «Arrested Development».

Hattet ihr schon einmal ein Haustier? Ein Haustier, das ihr innig geliebt habt und das euch jahrelang große Freude bereitet hat? Ein Haustier, das eines Tages verschwunden ist, weshalb ihr traurig wart? Ein Haustier, das dann aber nach etwas Wartezeit zurückgekehrt ist? Ein Haustier, das daraufhin nicht mehr ganz das Alte war, etwas durch den Wind, ein bisschen ungekämmt, aber ihr habt es noch immer geliebt? Habt ihr auch schon einmal zusehen müssen, wie euer geliebtes, euer Herz mit Wärme und Freude erfüllendes Haustier schlagartig schwer erkrankt ist und sich nur noch unmotiviert durch das Wohnzimmer geschliffen hat? Ein Haustier, das sein Wesen verlor? Ein Haustier, das sich mehrmals in Zeitlupentempo aufraffte, um direkt danach wieder unter seinem eigenen Gewicht zusammenzubrechen, den Wohnzimmerteppich vollzukotzen und im eigenen Erbrochenen einzuschlafen, während es schmerzerfüllte, sonderbare Geräusche gemacht hat? Habt ihr euch gelegentlich beim Gedanken erwischt, dass es würdevoller für dieses arme Tier wäre, würde es in die sanften Arme von Gevatter Tod gleiten, statt sich weiter zu quälen?

So hat es sich angefühlt, die zweite Hälfte der fünften «Arrested Development»-Staffel zu gucken. Es war eine lange, zähe, herzzerreißende, den Verstand zermürbende Qual, während der sich die Erinnerungen an frühere, schönere Zeiten wie eine zusätzliche, langsam zuziehende Schlinge um den Hals gelegt haben. Diese spritzige, Konventionen brechende Sitcom mit perfekt konstruierten Running Gags und Spätzünderpointen, Affenzahntempo und liebenswert-bescheuerten Figuren – nur noch ein trauriger, glaubenerschütterner Schatten ihrer selbst. «Arrested Development» schleppt sich in seinen neusten (womöglich, hoffentlich) finalen acht Episoden mühselig, geistlos, ziellos vor sich her. Die Figuren? Nur noch leere Hülsen ihrer rasiermesserscharf geschriebenen, mit Energie und Spritzigkeit gespielten Persona, in die ich mich während der unvergesslichen ersten drei Staffeln verliebt habe und mit denen ich in Staffel vier noch immer Vergnügen hatte.

Das Skript? Die perfekt geölte Rube-Goldberg-Maschine aus Plots, Subplots, beiläufigen Kommentaren, Metaeinfällen und Hintergrundereignissen, die ineinandergegriffen haben und wie im Fluge immer wildere Eskalationen produzierten? Weg. Nun sehe ich nur noch eine rostige Klapperkiste. Noch immer werden die Plotfäden aus Staffel vier weitergesponnen, nur, dass aus dem langsamen Puzzletempo im ersten Teil von Staffel fünf auch der allerletzte Schwung verloren ging. Die letzten acht Episoden aus Season fünf, auch bekannt als Staffel 5B, bewegen sich noch langsamer. Molasseartig wird die Handlung weitergetragen. Figuren irren umher, verstricken sich in witzlose Zwischengespräche, in denen Motivationen und Vorhaben umständlich ausformuliert werden. Vorhergegangene Gags werden ohne Abwandlung wiederholt, neue Mini-Intrigen werden angedacht und wieder verworfen. Ich merke: "Molasseartig" ist noch zu freundlich ausgedrückt.

«Arrested Development» versinkt in einem Treibsand aus ausgelutschten Handlungssträngen, während Serienschöpfer Mitch Hurwitz im Schneckentempo Gags vorbereitet, denen es an der Unberechenbarkeit früherer Staffeln mangelt. Dadurch sind sie oftmals vorhersehbar, weswegen es an Folter grenzt, detailliert zu verfolgen, wie jeder einzelne ihrer Mechanismen gemächlich festjustiert wird, ehe sie stotternd auf uns zu schleichen. Die Darsteller sehen fast allesamt so aus, als wollten sie gar nicht da sein (was angesichts der Geschichten vom Set der fünften Staffel kein bloßer Eindruck, sondern Tatsache zu sein scheint). Das war schon bei den ersten Episoden dieser Season der Fall. Aber Staffel fünf macht auf handwerklicher Ebene alles noch schlimmer.

Hurwitz verstrickt sich nämlich nicht nur immer tiefer in seine ausgefransten Storyideen aus dem Jahr 2013, als die Netflix-Ära von «Arrested Development» begann, er hat offenbar auch jegliche Muse für technische Qualitätskontrolle verloren. Staffel fünf, durchgängig von Troy Miller («Dumm und dümmerer») inszeniert, begann mit banaler Regiearbeit und einigen Tonpatzern. Die zweite Hälfte von Staffel fünf ist dagegen nahezu stümperhaft.

Es ist nicht zu fassen, dass dies eine professionell erstellte, von einem Großkonzern wie Netflix veröffentlichte Serie voller Showbiz-Veteranen ist – so grauenvoll ist die Tonabmischung und stellenweise auch der Schnitt. Figuren, die wir im Profil sehen, sprechen, doch ihre Münder bewegen sich nicht. Figuren bewegen ihre Münder, sagen aber nichts. Oftmals ist die Nachvertonung so offensichtlich, dass es weh tut: Ein Dialog beginnt mit Set-Nebengeräuschen, einer glaubwürdigen Klangatmosphäre, plötzlich klingen zwei Sätze völlig steril – oder auch blechern, wie mit einem schlechten Mikro aufgenommen. Das passiert alle paar Minuten.

Es ist ein einziges Trauerspiel. Ein Trauerspiel, das wenigstens ein Gutes an sich hat: Staffel fünf endet nicht mit einem Cliffhanger, neu aufgeworfenen Fragen oder angedeuteten, kommenden Handlungsfäden, sondern relativ endgültig. Sollte keine sechste Staffel folgen, wäre das völlig angebracht. Die Geschichte der Bluths ist kreativ ausgeschöpft und inhaltlich abgeschlossen. Und nun lasst uns alles, was nach Staffel drei passiert ist, aus dem Gedächtnis verbannen.

«Arrested Development» lässt sich via Netflix streamen – sowohl die starken wie auch die peinlich miesen Staffeln.

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