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Die ersten Entwürfe des Drehbuchs sahen noch Flashbacks vor, die Erklärungen bieten sollten, wie es zur Sucht kam. Im Gespräch mit Eric fanden wir aber heraus, dass ihm die Frage "Wie gerät man an Drogen und wie kann man das Entstehen einer Sucht verhindern?" nicht so wichtig war, wie das Skizzieren dessen, wie man mit der schon vorhandenen Sucht umgeht.
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Andreas Bareiss
Gar nicht mal so weit: Ich habe Eric Stehfest im November 2017 zum ersten Mal getroffen, auf der Berlinale 2018 haben wir erste Gespräche mit möglichen Partnern und Drehbuchautoren geführt – und bald darauf ging's dann auch schon los …
Das ging dann ja überraschend schnell. Solche Projekte haben ja manchmal einen deutlich längeren Vorlauf.
Ja, sehr zum Leidwesen aller Beteiligten passiert das häufig. Aber die Geschichte hinter «9 Tage wach» hat jeden, der mit ihr in Berührung gekommen ist, so sehr berührt, dass einem klar war: "Da will ich dabei sein!" Daher gab es keine unnötigen Verzögerungen.
Wie intensiv war Eric Stehfest eigentlich in sämtliche Abläufe involviert?
Quasi die allererste Frage, die ich ihm gestellt habe, lautete: "Kannst du dir vorstellen, bei allem dabei zu sein?" Und zum Glück hat er zugesagt – ich wollte nämlich unbedingt, dass er uns durch den kompletten Prozess begleitet. Er hat jede Drehbuchfassung gelesen und war in Gespräche jeglicher Art hinter den Kulissen involviert. Gleichzeitig wusste er, sich zurückzunehmen. Eric erkannte, dass er loslassen muss, da dies kein Dokumentarfilm ist und auch kein Biopic über ihn, seine Familie und seine Freunde. Es ist ein Spielfilm über Drogenabhängigkeit, und in dem seine Person stellvertretend für andere steht. Eric Stehfest war ein treuer Helfer für unsere Reise – er stellte mit seinem Buch sozusagen das Boot zur Verfügung, das wir zusammen bestiegen haben. Und der fertige Film war das Reiseziel.
Wie kam es zur Entscheidung, den Film zu beginnen, nachdem Eric Stehfest schon drogenabhängig wurde?
Das war ein längerer Prozess. Die ersten Entwürfe des Drehbuchs sahen noch Flashbacks vor, die Erklärungen bieten sollten, wie es zur Sucht kam. Im Gespräch mit Eric fanden wir aber heraus, dass ihm die Frage "Wie gerät man an Drogen und wie kann man das Entstehen einer Sucht verhindern?" nicht so wichtig war, wie das Skizzieren dessen, wie man mit der schon vorhandenen Sucht umgeht. Und darum, wie Eltern eines abhängigen Kindes damit umgehen – denn die stellen das ja zumeist fest, wenn es zu spät ist. Und so haben wir erkannt, dass zwar viele Filme das "Wie kam es dazu?" behandeln, wir aber den Schwerpunkt auf "Wie komme ich davon los?" legen wollen.
Und wie kam es eigentlich zur Wahl, Damian John Harper die Regie zu überlassen?
Damian John Harper hat vorher mit «Los Ángeles» und «In the Middle of the River» zwei Filme gemacht, die etwas arthousiger waren. Und gerade das hat mich und Sabine de Mardt an ihm gereizt. Denn wir wollten einen spannenden Kontrast erreichen – als ProSieben als unser Auftraggeber zu uns kam und meinte, den Film am Sonntagabend zeigen zu wollen, wo sonst Hollywood-Blockbuster und nicht etwa deutsche Eigenproduktionen bei ihm laufen, war die Ansage, ein internationales, großes Flair anzustreben. ProSieben und der betreuende Redakteur Patrick Noel Simon wollten einen Film, der im Kino laufen könnte. Als Gaumont fanden wir es spannend, Damian John Harper, der noch nie einen Fernsehfilm gemacht hat, mit seinen künstlerischen Sensibilitäten auf einen Stoff loszulassen, der massentauglich werden soll.
Mit der ProSieben-Samstagssendung «Wer schläft, verliert!» wird die Ausstrahlung von «9 Tage wach» durch ein sehr kurioses Experiment flankiert … Hat man bei Ihnen durchgeklingelt, ob Sie mit dieser Programmierung einverstanden sind?
Ich kann mir wirklich vorstellen, dass unser Film der Ideengeber für diese Show war – aber weder sind wir in die Sendung involviert, noch haben wir zu der Entscheidung für den Sendetermin beigetragen. Wir wurden auch nicht gefragt, wie wir das finden. (lacht) Aber ich bin sehr gespannt – Sie kennen sicher auch das Gefühl, wie es ist, tagelang nicht zu schlafen, weil man die Nacht durcharbeiten muss. (lacht) Und auch wenn das nicht mit den Wirkungen von Drogen zu vergleichen ist, erlaubt es vielleicht einen Einblick darin, wie sich unsere Wahrnehmung zerrütten lässt. Und ich habe kein Problem damit, wenn einen Tag vor unserem Film eine Show diesen Weg einschlägt.
Vielen Dank für das Gespräch.
«9 Tage wach» ist am 15. März 2020 ab 20.15 Uhr bei ProSieben zu sehen.
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