Sonntagsfragen

Jahresrückblick 2008 mit Dr. Kai Gniffke (Teil II)

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Der Chef von ARD-Aktuell spricht mit Manuel Weis diesmal über die Fußball-Europameisterschaft, die Olympischen Spiele in Peking und die spannende US-Wahl, aus der Barack Obama als erster farbiger US-Präsident hervorging.

Im Sommer fand die EM in Österreich und der Schweiz statt. Im Viertelfinale fiel allerdings weltweit das Bild aus. Schuld war ein Unwetter über Wien. Ganz Deutschland konnte nicht mehr verfolgen, was Jogis Jungs in der zweiten Halbzeit trieben. Wie erlebten Sie diesen Moment?
Ich war natürlich sauer, dass das Bild weg war. Im zweiten Moment war ich froh, dass das nicht unserer Sportredaktion passiert ist, weil ich dann auch gleich Mitgefühl mit den Kollegen vom ZDF hatte. Ich wusste, unter welcher Hektik sie jetzt alles probieren würden, um den vielen Fans so schnell wie möglich etwas anzubieten.

In Deutschland gab es dann auch ein Bild – das ZDF zapfte das Schweizer Fernsehen an und hatte neben der Schweiz als einziges Land recht schnell wieder ein Livebild…
Das war gute Arbeit.

Viele Länder nehmen an einer Fußball-Europameisterschaft teil, jedes Land hat eine eigene Flagge. Sie wissen, auf was ich zu sprechen kommen möchte?
Ich denke schon.

Die Flaggen-Pannen in den «Tagesthemen». Können Sie inzwischen drüber schmunzeln, gab es derweil mal Nachhilfe in Sachen Flaggenkunde?
Niemand aus unserer Redaktion braucht Nachhilfe. Natürlich wissen wir, wie die Flaggen aussehen. Es mussten wirklich vier große Zufälle zusammen kommen, damit das so aussah, wie es letztlich aussah. Inzwischen können wir darüber aber schmunzeln und frozzeln uns teilweise auch gegenseitig damit. Dass dann einige Zeit später ein weißer Rand um die US-Flagge eingeblendet wurde, der wie ein zusätzlicher Streifen aussah, das war wirklich auch Pech. Andererseits dachte ich mir in der Zeit: Wenn die Menschen in Deutschland nichts anderes bewegt als eine Grafik in den «Tagesthemen», dann geht es uns sehr gut. In jedem Fall sind wir, was Grafiken betrifft, durch diese Vorfälle noch tausend Mal sensibler geworden als zuvor.

Die Tour de France fand im Sommer statt und war wieder eine Tour de Dopings. Kann man das gar nicht mehr verhindern?
Ich fürchte nein, bin dafür aber ein bisschen zu wenig Insider. Doping ist im Radsport offenbar so tief verankert, dass es ein ständiges Hase und Igel-Spiel zwischen den Doping-Laboren, die Doping unterstützen und den Laboren der Kontrolleure sein wird.

Olympia in Peking wurde überschattet von Diskussionen über Menschenrechte und Meinungsfreiheit. Die Spiele an sich waren ohne Frage sehr schön, aber was haben Ihre Korrespondenten denn erzählt? Wie wurden sie behandelt?
Alle haben geschwärmt – es waren tolle Spiele. Unsere Reporter wurden in China gut aufgenommen. Aber sie haben auch geflucht, weil China doch kein freies Land im Sinne einer westlichen Demokratie ist. Sicherlich hatten es die Journalisten während Olympia aber viel einfacher als unsere Korrespondenten das gesamte Jahr über. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. Es ist jetzt unsere Aufgabe, da nachzuforschen und zu schauen, wie sich China nach den Spielen entwickelt. Wie geht es weiter mit Menschenrechten und Meinungsfreiheit? Diese Aufgabe werden wir gewissenhaft wahrnehmen.

Franz Müntefering löste Kurt Beck als SPD-Chef, Kanzlerkandidat Frank Walter Steinmeier wird im kommenden Jahr gegen Angela Merkel antreten. Hat er überhaupt eine Chance?
Glaubt man den heutigen Umfragen, dann müsste schon ein Wunder passieren. Andererseits habe ich ja schon gesagt, dass unsere Welt sehr schnelllebig ist. Die SPD hat schon manche verloren geglaubte Wahl noch gedreht. Ohnehin ist es fraglich, wie glaubwürdig die Umfragen „Was würden Sie wählen, wenn am Sonntag Bundestagswahl wäre“ überhaupt sind? Alle Menschen, die antworten, wissen, dass am nächsten Sonntag gar keine Bundestagswahl stattfindet.

Herr Gniffke, wenn ich Sie vor einem Jahr gefragt hätte, wer neuer US-Präsident wird, was hätten Sie geantwortet?
Dass es eine Präsidentin sein wird.

Damit wären Sie falsch gelegen.
Ich bin selbst von dieser Entwicklung überrascht. Alles, was ich von Freunden und Kollegen in den USA gehört habe, war, dass sich 2008 herausgestellt hat, dass die Amerikaner einfach bereit waren für einen farbigen Präsidenten. Es ist schön, dass das Thema Hautfarbe in diesem Zusammenhang fast keine Rolle gespielt hat. Europa hätte es sicherlich leichter gehabt, wäre John McCain neuer US-Präsident geworden. Auf uns kommen nicht ganz einfache Zeiten unter Barack Obama zu. Obama bietet aber die wesentlich besseren Chancen auf einen wirklichen Wandel Amerikas. Und das halte ich für sehr wichtig.

Obama wird in jedem Fall verlieren. Die Erwartungen sind so hoch, dass er sie nicht erfüllen kann.
Es wird irre schwer. Er wurde mit Vorschusslorbeeren überschüttet, ich bin deshalb wirklich gespannt, wie er sich letztlich schlagen wird.

Am kommenden Sonntag veröffentlicht Quotenmeter.de den dritten Teil des Jahresrückblicks 2008 mit Dr. Kai Gniffke.

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