Fernsehfriedhof

Der Fernsehfriedhof: «Games World»

von

Christian Richter erinnert an all die Fernsehmomente, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 42: Legendäre Spielkonsolen und hässliche Mützen.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir des Vorläufers aller Let’s-Play-Videos.

«Games World» wurde am 27. März 1994 in Sat.1 geboren und damit noch rund einen Monat vor der viel später bekannter gewordenen Sendung «Hugo». Beide Formate entstanden zu einer Zeit, als sich die Spielkonsolen von Sega und Nintendo massenhaft in den Kinderzimmern verbreiteten und einen wahren Zocker-Boom auslösten. Was lag daher näher, als aus diesem Trend eigene Fernsehshows zu kreieren?

Im Unterschied zu «Hugo», wo die Anrufer mit sich allein spielten und ein Jump & Run bewältigen mussten, traten bei «Games World» in jeder Ausgabe sechs jugendliche Kandidaten in einem K.O.-System gegeneinander an, um zu beweisen, wer die Computerspiele am besten beherrschte. In einer Zeit vor Playstation, X-Box oder Wii duellierten sie sich dabei mit der neuesten „Sonic“-Version auf dem Mega-Drive oder den „Super Mario Bros.“ auf dem Super Nintendo.

Während die Kandidaten, die ihre Runden verloren, direkt im Anschluss aus dem Studio gebeamt wurden, traten die Gewinner in einem Finale gegen einen der sogenannten „Vidiatoren“ an. Dabei handelte es sich um eine Handvoll Charaktere (z.B. einen Sportler, einen Rocker, einen reichen Grafen), die per Zufallsgenerator ausgewählt wurden und eine Art End-Gegner darstellen sollten. Wer dieses letzte Duell gewann, durfte eine neue Spielkonsole mit nach Hause nehmen. Die Sieger der einzelnen Sendungen traten später wiederum in einer Spezial-Ausgabe gegeneinander an und spielten um eine Reise in die USA.

Das Setting der Show sollte an ein geheimnisvolles Schloss erinnern, welches von „Robby Rob“, dem selbsternannten „Herren der Spiele“ bewohnt wurde. Dahinter verbarg sich der ehemalige Schauspieler Robert-Victor Minich, der zuvor als Warm-Upper und Anheizer für die Produktionen «Halli Galli» und «Hilfe, meine Familie spinnt» aufgefallen war. In «Games World» bestand seine Aufgabe vor allem darin, die Games mit einem großen Hebel in Gang zu setzen und die spielenden Kinder fortwährend zu ärgern und zu piesacken. Dafür war er stets mit einem unvorteilhaften Overall und einer hässlichen Mütze bekleidet. An seiner Seite erklärte Norman Adelhütte die jeweiligen Spielregeln und überwachte den gesamten Ablauf.

Da es sich um ein Jugendformat der 90er Jahre handelte, waren die Moderationen und Kamerabilder entsprechend übertrieben und überladen. Mit sich ständig drehenden Handkameras wurden die jungen Zuschauer bis zur Schwindeligkeit genervt. Zu sehen war die 30minütige Show zunächst am Sonntagmorgen gegen 10.30 Uhr, bevor sie ab dem Jahr 1995 auf den Samstagmorgen verlegt wurde. Aufgrund des Erfolges entstand im Sommer 1994 mit «Games World Live» ein interaktiver Ableger, an dem nun heimische Anrufer per Telefon teilnehmen konnten.

«Games World» wurde am 22. April 1995 beerdigt und erreichte ein Alter von rund 50 Folgen. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen brachte wenig später mit der Sendung eine weitere Sendung «X-Base» auf den Schirm, die sich ebenfalls schwerpunktmäßig mit Computerspielen befasste.

Möge die Show in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs widmet sich dann dem «Computer Future Club» vom ZDF.

Kurz-URL: qmde.de/35748
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