Hingeschaut

«Marienhof» lässt die Bombe platzen

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Wie verlief der Neustart der Soap? Wie hat sich die Bildsprache geändert? Wie groß ist der Abstand zur Konkurrenz. Christian Richter sah die entscheidenden Episoden.

Schon vor Monaten war von einer groß geplanten Explosion in der Soap «Marienhof» zu lesen. Diese sollte nicht nur alte Kulissen würdig verabschieden, sondern zugleich auch der Ausgangspunkt für ein neues Konzept der Serie werden. «Marienhof reloaded» wurde das Projekt genannt, mit dem neben deutlicheren Handlungssträngen auch eine neue Bildsprache eingeführt werden sollte, die sich den erfolgreicheren Produktionen «Alles was zählt» und «Gute Zeiten, Schlechte Zeiten» annähern und die angestaubte Soap wieder auf den Stand der Zeit befördern sollte. Am Dienstag und Mittwoch war es nun soweit, doch die angekündigte Sprengkraft blieb aus.

Verglich man das alte «Marienhof» mit anderen Soaps fiel bisher der gravierende Unterschied sogar dem Nichtkenner sofort auf. Passend zum öffentlich-rechtlichen Sender agierten die Figuren steif und unmotiviert. Die Bildkompositionen waren stets undynamisch und ließen jedes Gefühl für die jeweilige Szene vermissen. Die blasse TV-Kamera-Optik erinnerte eher an eine Szene aus «Richterin Barbara Salesch» als an hochwertige, fiktive Unterhaltung. Zudem fehlte eine gelungene Musikuntermalung, die das blasse Geschehen aufwerten könnte. Wenn diese überhaupt eingesetzt wurde, dann stets zu leise und ohne Übergänge zwischen den Szenen.

Dies alles führte dazu, dass die entscheidenden Minuten vor dem dramatischen Höhepunkt der Serie überhaupt nicht dramatisch wirkten. Zwar versuchte man zu erklären, warum sich abends um kurz vor acht die wichtigsten Figuren in einem Gebäude versammeln und zeigte gleichzeitig die Manipulation an den Gasleitungen, doch wirklich funktionieren tat dies nicht. Selbst die Explosion hätte kaum unspektakulärer inszeniert werden können. Zwar war zu sehen, dass sich die Set-Designer einiges an physischen Effekten haben einfallen lassen, um die Zerstörung der Kulissen real aussehen zu lassen, doch die undynamische Kameraarbeit machte all dies kaputt. Eine Grunderneuerung war demnach mehr als nötig.

In der ersten Folge nach der Explosion war davon jedoch noch nicht viel zu sehen. Zwar fiel sofort auf, dass die Rettungsarbeiten mit einer sich ständig bewegenden Steadycam gedreht wurden, doch zum Teil schien der Kameramann mit dieser noch etwas überfordert zu sein. Die Kollegen im Schnitt taten den Rest, um die Wirkung der Bilder verpuffen zu lassen. Es wirkte insgesamt alles sehr bemüht. Was am unangenehmsten in der Episode vom Mittwoch auffiel, ist dass die Darsteller kein Gefühl für die Kulisse hatten. Die Zement- und Steinbrocken, die in den eingestürzten Gebäuden lagen, räumten sie mit einer Leichtigkeit aus dem Weg und ließen dem Zuschauer keinen Zweifel daran, dass hier Styropor-Attrappen eingesetzt wurden. So kann eine Illusionsbildung nicht gelingen. Bereits die Vorschau auf die folgende Episode ließ jede Hoffnung auf eine Verbesserung der Bildsprache zerplatzen. Die Ausschnitte zeigten wieder hölzerne Darsteller in leblosen Einstellungen.

Nun wird man sagen können, dass man an eine Soap keine allzu großen Ansprüche stellen kann, schließlich handele es sich um ein Format, dass rund 25 Minuten am Tag produzieren müsse. Da gäbe es keinen Raum für effektvolle Stilmittel. Dass es aber doch geht, beweisen die Macher von «Gute Zeiten, schlechte Zeiten» jeden Abend. Dort wird seit einiger Zeit Musik nicht nur als Geräuschkulisse degradiert, sondern als dramaturgisches Mittel eingesetzt. Split-Screen-Verfahren und schnelle, gekonnte Schnitte beleben das Geschehen und überdecken einige schauspielerische Schwächen. Wer den entscheidenden Kuss zwischen Verena und Leon gesehen hat, weiß, dass man auch in einer täglichen Serie beeindruckende und emotionale Bilder erzeugen kann.

Zudem erlaubt man sich bei «GZSZ» (Bild) mittlerweile Handlungsbögen über einen langen Zeitraum zu spannen und ist so in der Lage diese mit allen Facetten zu erzählen und nicht mehr szenenartig abzuhaken. Die Handlungsstränge sind zudem immer wieder gekonnt miteinander verstrickt, sodass ein kleiner Mirkokosmos entsteht, der eher an eine große Familie erinnert. Unterstützt wird dies durch häufige Szenen, in den sich Figuren verschiedener Handlungsstränge immer wieder treffen und so sanfte Überleitungen schaffen. Im Laufe der vergangenen Jahre ist so aus dem einstigen Trashformat «GZSZ» eine ernstzunehmende Serie geworden, die sich vor vielen Primetime-Produktionen nicht mehr verstecken muss.

Die Herausforderung des Teams vom «Marienhof» wird es daher sein, dieses Handwerk so schnell wie möglich zu lernen, um das Ruder herumzureißen. Bisher erzeugte der große Knall nur zu vernachlässigende Colalateralschäden. Sicherlich ist es noch zu früh die neuen Handlungsstränge abschließend zu bewerten, doch ein neuer Vorspann und neue Kulissen werden auf Dauer nicht reichen, um die verlorenen Fans wieder zurück zu gewinnen.

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