Er ist der Teamchef der WM-Übertragungen des Zweiten: Dieter Gruschwitz, Sportchef des ZDF. Während die ersten seiner Mitarbeiter an diesem Wochenende nach Südafrika reisen, erklärte er im Interview mit Quotenmeter.de, wie er sich die Sendungen der kommenden Wochen vorstellt.
Herr Gruschwitz, nächste Woche startet die Fifa Fußball-Weltmeisterschaft in Südafrika. Wie ist die Stimmung bei Ihren Moderatoren, Kommentatoren und Redakteuren? Ist da schon ein Hype zu spüren?
Die WM-Freude steigt langsam. Sie hat begonnen nach dem Länderspiel am Samstag vergangener Woche, das wir übertragen haben. Am Donnerstag gibt es dann noch ein weiteres Testspiel, das die Kollegen der ARD begleiteten. An diesem Wochenende fliegen die ersten Kollegen des ZDF nach Südafrika, um sich auf ihre Einsätze vorzubereiten. Die positive Anspannung steigt.
Lassen Sie uns über das Übertragungskonzept des ZDF sprechen. Sie berichten aus dem Medienzentrum in Johannesburg und bei den Topspielen auch direkt aus dem Stadion. Wieso haben Sie sich hierfür entschieden?
Es gab verschiedene Überlegungen: Zunächst haben wir uns überlegt, ob wir eine Fortsetzung unseres bisherigen Konzepts möchten. 2006 haben wir aus dem Sony Center in Berlin berichtet und unsere Übertragung mit einem großen Public Viewing verknüpft. 2008 zur EM haben wir dies sogar noch erweitert. 5000 bis 6000 Zuschauer konnten die ZDF-Übertragungen an der Bregenzer Seebühne verfolgen. Wir mussten dieses Konzept in diesem Jahr aber recht schnell aus Kosten-, aber auch aus Sicherheitsgründen verwerfen. Eine öffentliche Großveranstaltung auf einem Platz in Südafrika ist nicht umsetzbar. Nicht zuletzt spielt auch das Wetter eine Rolle. Wir haben Winter in Südafrika, da kühlt es abends ab.
Sie hätten erneut ins Sony-Center gehen können…
Das war eine weitere Überlegung. Das hätte man aber als Affront gegen das Gastgeberland verstehen können. Wir werden wie jedes Mal ins Gastgeberland gehen und unsere Sendungen komplett von dort präsentieren. Deshalb haben wir uns entschieden, die Moderationen aus dem International-Broadcast-Center zu übertragen. Katrin Müller-Hohenstein und Oliver Kahn werden darüber hinaus bei ausgewählten Top-Spielen auch direkt im Stadion vor Ort sein.
Ist das nun auch inhaltlich die beste Lösung oder trauern Sie der ZDF-arena ein wenig hinterher?
Ich muss sagen, ich halte das inzwischen auch inhaltlich für die optimale Lösung.
RTL wird in seinen Übertragungen mit einem Truck durch Deutschland reisen und die Stimmung hierzulande einfangen. Wie berichten Sie über die Atmosphäre hierzulande?
Da werden wir ganz aktuell reagieren. Wir haben Kollegen aus anderen Formaten des ZDF, die für uns berichten können, sodass ich sagen kann, dass wir da ebenfalls ein schlagkräftiges Team zusammengestellt haben. Aber ich muss gleich mitteilen: Das wird nicht der Sendungsschwerpunkt bei uns im ZDF sein.
Welche Rolle wird das Land Südafrika – mit all seinen Problemen – in Ihren Übertragungen spielen?
Eine ganz wichtige Rolle. Wir sind der Meinung, dass man nicht nur auf das Sportliche blicken sollte. Allerdings darf man in diesem Punkt nicht nur unsere Sportfläche als Gratmesser nehmen. Im direkten Umfeld der Spiele geht es bei uns natürlich um die Hinführung und Analyse. Das ZDF wird aber in anderen Bereichen, beispielsweise auch an übertragungsfreien Tagen, auf das Land, die Leute und die Probleme eingehen.
In der Halbzeitpause – vor allem bei den Primetime-Spielen – sind wieder Nachrichten eingeplant. Das stößt bei einigen Fans auf wenig Gegenliebe. Können Sie die Zuschauer verstehen, die mehr Halbzeitanalyse sehen wollen als nur 60 Sekunden?
Ich kann das verstehen. Das ZDF ist aber ein Sender, der sich als Informationskanal versteht. Dazu gehört eben, dass wir unsere Zuschauer regelmäßig über das aktuelle Tagesgeschehen informieren. Wir sind kein Spartensender, kein reiner Sportsender, wir haben eine Informationspflicht. Ich als Sportjournalist könnte die Halbzeitpause aber natürlich auch anders füllen.
Ihr Moderationsteam ist ein völlig anderes: 2008 waren es noch Kerner, Klopp und Meier, nun sind es KMH, Kahn und ein Fan-Experte. Was erwarten Sie sich von dem Fan?
Das muss man genauer erklären. Katrin Müller-Hohenstein ist unsere Moderatorin, Oliver Kahn ist unser Experte. Nachmittagsspiele präsentiert Rudi Cerne aus unserem Studio in Johannesburg. Der Fan-Experte ist ein Element unserer Übertragungen, das immer wieder hinzukommt. Das kann mal ein Besuch im Studio sein, das werden aber auch Beiträge sein. Man kann ihn also nicht als Ersatz von Klopp oder Meier bezeichnen. Wir werden also kein Moderations-Trio haben. Im Übrigen wird auch Urs Meier in diesem Jahr bei uns auftauchen – er erhält eine eigene Schiedsrichterrubrik.
Welche Aufgabe hat der Fan-Experte?
Er soll Sprachrohr der Fans sein. Was wird zur Zeit am Stammtisch, im Büro, auf der Straße diskutiert? Hat Löw die Richtigen nominiert? Sollte anstelle von Klose eher Gomez spielen? Wir werden im Internet Fragen an die Fans stellen, unser Fan-Experte wird dann stellvertretend für die vielen Fußballfans die Antworten vorstellen.
Wie bewerten Sie den Spielplan? Der ist dieses Jahr etwas langgezogener als 2006. Damals erfolgten die Anpfiffe um 15, 18 und 21 Uhr. Nun geht es um 13.30, 16.00 und 20.30 Uhr los.
Programmlich wäre uns eine durchgehende Strecke natürlich lieber gewesen.
Vor allem zwischen Spiel zwei und drei entsteht immer eine Lücke…
Wir müssen nach dem Ende von Spiel zwei etwa zweieinhalb Stunden füllen. Da ist es nicht immer möglich, dies mit Sport zu tun. Das ZDF wird deshalb an einigen Tagen die Fußball-Übertragung unterbrechen.
Sie zeigen dann in der Regel Wiederholungen Ihrer «SOKO»-Serien. Passt Krimi zu Fußball?
Das denke ich doch. Aber das wird auch nicht immer der Fall sein. Bei Spielen der deutschen Mannschaft oder zu anderen besonderen Spielen kann es auch sein, dass wir durchsenden werden.
Sie verzichten dieses Jahr auf Ihre Fußball-Comedy «Nachgetreten». Warum?
Das war eine Entscheidung der ZDF-Unterhaltungsabteilung, in die wir nicht eingebunden waren.
Wie bewerten Sie die Sicherheitslage in Südafrika? Das war in den vergangenen Monaten ein großes Thema. Aktuell ist es in diesem Punkt eher ruhiger geworden. Wurde da ein Thema vielleicht heißer gekocht, als es nun gegessen wird?
Wir hatten kürzlich eine Informationsveranstaltung für unsere Mitarbeiter. Dort haben wir die Sachlage erklärt. Es soll niemand in Hysterie verfallen, aber Vorsicht muss durchaus geboten sein. Darauf haben wir unsere Kollegen hingewiesen. Wir alle müssen wissen, wie sich die momentane Situation darstellt und dass sie auch politischen Gegebenheiten geschuldet ist. Man wird dem ZDF nicht vorwerfen können, dass man sich im Vorfeld keine Gedanken über dieses Thema gemacht hat. Meine Mitarbeiter sind für das Thema jedenfalls sensibilisiert.
Zum Abschluss noch eine sportliche Frage. Wie weit kommt Deutschland denn?
Ich bin ja ein sehr positiv eingestellter Mensch. Ich sage, dass wir es bis ins Halbfinale schaffen. Sollte es dann noch weitergehen, wäre es das Sahnehäubchen.
Na, dann drücken wir mal die Daumen. Danke für das Interview.