Ein wenig erinnert der Anfang an die ersten Folgen von «Lost»: Ein leicht lädierter, fitter Mann in der Blüte seines Lebens landet desorientiert im Dschungel. Er ist nicht alleine. Eine ganze Gruppe von Personen ist in diesem fremden Dschungel gestrandet, und keiner weiß, wie ihm geschah. Seltsame Ereignisse lassen die verschwiegene, gezwungenermaßen zusammengeschweißte Truppe vermuten, dass sie aus einem bestimmten Grund dort gelandet sind. Aber dies ist keine Kinofassung der vor kurzem beendeten Hitserie. Wir erhalten keinen Einblick in die Seelen der Figuren, sondern bekommen nur allernötigste Alibi-Charakterisierung unserer kriegerischen Helden. Und sie sind auch gar nicht auf einer mysteriösen Insel gelandet, sondern auf einem fremden Planeten. Und schon fühlt sich «Predators» wie ein schwacher Neuaufguss des Kultfavoriten «Predator» von 1987 an. Denn obwohl «Predators» eine Fortsetzung darstellt und die Grundprämisse einer entführten und wild zusammen gewürfelten Truppe, die auf einem fremden Planeten als Jagdgut für eine blutrünstige Alienrasse dient, viele neue Möglichkeiten bietet, beruht sich die Produktion darauf, ihr Vorbild hölzern nachzueifern. Somit erinnert «Predators» eher an die zahlreichen aktuellen Horror-Remakes, als an eine würdige Fortführung.
Anders als die «Alien»-Reihe besteht das «Predator»-Franchise aus bloß einem einzigen guten Film, nämlich John McTiernans Dschungel-Action-Horrorthriller mit Arnold Schwarzenegger. Es folgten ein schwächerer zweiter Teil und die beiden «Alien vs. Predator»-Crossoverfilme. «Predators» hatte das Potential, diese Statistik aufzubessern. Die Grundidee des Skripts beruht nicht auf wirtschaftlichem Hollywood-Kalkül, sondern aus ehrlicher Fanliebe: Mitte der 90er schrieb der damals noch nahezu unbekannte Robert Rodriguez ein Drehbuch für 20th Century Fox, das dem Studio aufzeigen sollte, in welche Richtung das Franchise aus Sicht eines treuen Fans zu gehen habe. Das Projekt wurde als zu teuer erachtet und verschwand im Archiv. Vergangenes Jahr kramte man es wieder heraus und bat daraufhin den mittlerweile längst in Hollywood etablierten Rodriguez, das «Predator»-Fanchise doch auf Basis seines Drehbuchs wiederzubeleben. Der stets mindestens fünf Projekte in der Hinterhand haltende Workaholic beschloss, den Film zu seinen Troublemaker Studios zu nehmen und als Produzent zu fungieren, statt sein Drehbuch selbst aufzufrischen und zudem als Regisseur tätig zu werden. Daraufhin folgte eine Revision des Drehbuchs durch Michael Finch und Alex Litvak. Auf Basis dieser neuen Drehbuchfassung führte dann Nimród Antal Regie. Auf dem Papier merkt man «Predators», der sozusagen ein Stück offiziell verfilmter Fanfiction ist, noch immer Rodriguez‘ heiße Fanliebe an, genauso wie sich in den besseren Momenten des Films der markante, etwas anarchische Instinkt seines Produzenten verorten lässt.
Dennoch scheitert «Predators» in seinem Vorhaben katastrophal und man fragt sich, was Rodriguez aus seiner Grundidee rausgeholt hätte, hätte er sich wieder einmal als Ein-Mann-Filmcrew dahinter geklemmt. Die Idee, hauptsächlich gefährliche und ruchlose Kämpfer auf einem Alienplaneten auszusetzen und gegen die Predators anzusetzen, hat enormes Potential und im Verlauf des Films finden sich weitere Stellen, die das Zeug zu einem spannenden, actiongeladenen und unterhaltsamen B-Movie mit A-Produktionswerten haben. Doch Regisseur Antal gelingt es weder, Rodriguez' charakteristischen Stil adäquat umzusetzen, noch die beklemmende Spannung von John McTiernans «Predator» einzufangen. Bis auf vielleicht drei Ausnahmen zünden die Witze nicht, den potentiell ikonischen «Predator»-Fanmomenten fehlt die Innigkeit zum Material und statt einer einschüchternden Atmosphäre erzeugt Antal bloß Langeweile. Die für den gewünschten Thrill benötigten Elemente sind vorhanden, aber die zähe Inszenierung lässt eine Gelegenheit nach der anderen verpuffen. Erschwerend kommt eine selbst für die Belange eines solchen Films unglaublich schlechte Charakterzeichnung hinzu. Die Motivation der Figuren wird von Szene für Szene zurecht gebogen und man kann als Zuschauer nie eine wirkliche Beziehung zu den Figuren aufbauen, so dass es einem, anders als bei «Predator», unmöglich ist mitzufiebern. Die Figuren sind reines Predator-Kanonenfutter, und selbst in diesem Departement versagt der Film: Die Action ist schwerfällig inszeniert und der Splatterfreund darf im Kino enttäuscht feststellen, dass «Predators» seine FSK-Freigabe ab 18 Jahren einer einzigen, kurzen Gewaltspitze verdankt, während der Rest sehr zahm und blutleer ist.
Was man «Predators» einzig zugutehalten kann, ist Adrien Brodys Darstellung eines namenlosen Söldners, der sich aufgrund seiner Erfahrung als Kampfstratege zum Anführer der Menschentruppe aufschwingt. Die gegen den Strich gebürstete Casting-Entscheidung, Brody («Der Pianist») als Schwarzenegger-Ersatz zu wählen, geht tatsächlich auf, vor allem, da Brody als einziges Mitglied des Ensembles selbst aus den schwachen Drehbuchzeilen das Beste macht und wenigstens einen glaubwürdigen Charakter formt. Auch Topher Grace («Spider-Man 3») als verängstigter Arzt und Walton Goggings («The Shield») als Todeszellen-Insasse können als Comic Relief zumindest in manchen Szenen überzeugen, während der Rest des Ensembles vollkommen blass bleibt. Bis auf einen lächerlich übertreibenden Laurence Fishburne («Matrix»), der die im Film vorherrschende Langeweile kurz mit unfreiwilliger Komik wachrüttelt.
Fazit: «Predators» ist eine gut gemeinte Fortsetzung mit großem Potential, die an der durchgehend schlechten Umsetzung krankt. Spannung wird durch die langatmige Regieführung im Keim erstickt, die Action wurde hilflos in Szene gesetzt und das halbgare Drehbuch macht aus pfiffigen Ideen einen müden sowie zahmen Aufwasch des Originals von 1987.
«Predators» ist seit dem 8. Juli in vielen deutschen Kinos zu sehen.