Sonntagsfragen

Szepanski: ‚Muss nicht alles Mögliche erzählen‘

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Der Tennis-Kommentator sitzt ab Montag für Sky am Mikro. Mit uns sprach er über die glorreichen 90er, die legendären RTL-Übertragungen und über den Ist-Zustand des deutschen Tennis.

Herr Szepanski, Wimbledon steht wieder an. Sie freuen sich sicherlich…
Natürlich – wie auf ein Krabbenbrötchen.

Was nur wenige Menschen wissen: Vor Ihrer Laufbahn als TV-Journalist waren Sie erfolgreicher Sportler. Die 100 Meter liefen Sie in 10,8 Sekunden.
Das ist richtig. Von dieser Zeit bin ich heute aber auch meilenweit entfernt. (lacht)

Fiel Ihnen der Wechsel der Seiten, vom Sportler zum Sportreporter, dann schwer?
Das war alles eher ein Zufall. Eigentlich wollte ich Starfighter-Pilot bei der Bundeswehr werden, habe das aber Ende der 60er abgebrochen und mich dann gefragt, was ich eigentlich tun möchte. Da lag es nahe mein Hobby Sport weiterzuverfolgen: Ich habe Sport studiert und wollte in Richtung Lehramt gehen. Im Rahmen dieses Studiums stand dann ein Praktikum an, das ich drei Straßen weiter beim NDR absolvierte. Ein halbes Jahr später war ich bei den Olympischen Spielen in München.

Nicht schlecht, Herr Szepanski…
Ich habe dann einige Jahre als freier Redakteur beim NDR gearbeitet. 1976 ging das aber nicht mehr, da hat der NDR keine Studenten – denn ich habe bis dahin weiterstudiert – mehr beschäftigt. Mir wurde aber gesagt, dass man mich gerne behalten würde – und ich bin sehr gern beim NDR geblieben.

Sie begleiten den Tennis-Sport seit nunmehr 30 Jahren – erinnern Sie sich noch an die Anfänge?
Mein erstes TV-Finale war 1978 mit Martina Navrátilová, die schließlich auch siegte. Das entscheidendste war sicherlich das Finale 1985, als Boris Becker erstmals Wimbledon gewann. Als die Rechte zu RTLplus gingen, entschied ich mich, ganz zum TV zu wechseln – bis dahin war ich auch noch für’s Radio tätig. Mensch, das war 1989 ein Einstand – wegen einer Regenverschiebung wurde das Damenfinale damals ebenfalls auf Sonntag verschoben. Beide Finals fanden also an einem Tag statt – und beide auch noch mit deutscher Beteiligung. Und sollte das nicht genug sein: Sowohl Steffi Graf als auch Boris Becker gewannen auch noch. Mein damaliger Chefredakteur sagte mir: So kann es jetzt weitergehen. Ich erwiderte aber sofort, dass das ein einmaliges Ereignis gewesen sei.

Es folgten dann die glorreichen 90er Jahre des Tennissports…
Ich war damals voll eingespannt. RTL hatte die Rechte an den drei Gran Slams – nur die French Open übertrug man nicht. Dazu kam noch die gesamte Damen Serie. Wo ich nicht überall auf der Welt war… Ich habe Steffi Graf sogar bis nach Amelia Island begleitet. Meine Flugstunden habe ich übrigens einmal zusammengerechnet. Ich war ein komplettes Jahr meines Lebens in der Luft.

Das Interesse an Tennis hat nach den 90ern deutlich nachgelassen. Liegt das nur daran, dass die deutschen Weltstars fehlen oder gibt es Ihrer Meinung nach auch noch einen anderen Grund?
Die letzten „Hurras“ erlebten wir Ende der 90er Jahre. Dann traten Boris Becker und Steffi Graf zurück, Stich hatte schon drei Jahre zuvor wegen seiner Schulterverletzung aufgehört. Und dann war da plötzlich ein Loch, was natürlich auch die Medien merkten. Die Menschen haben durchaus noch nach Tennis-Spielern zum Liebhaben gesucht, die gab es dann aber nicht. Rainer Schüttler war danach auf Platz fünf der Weltrangliste, Thommy Haas auf der Zwei, Nicolas Kiefer war Vierter. Mich fragen die Menschen manchmal, ob ich denke, dass solche Zeiten wie in den 90ern wiederkommen. Und ich sage: Nein.

Warum nicht?
Damals war Tennis Neuland. Die Leute haben zudem, wie ich glaube, weniger den Tennis, sondern mehr die Erscheinung Beckers gefeiert. Das kann nicht noch einmal gehen, weil alles schon da war. Auch das mediale Angebot hat sich geändert – heute gibt es viel mehr Sender als damals. Und man darf nicht vergessen: Fußball dominiert Deutschland – ich habe kürzlich einen Blog-Kommentar gelesen, in dem sich beschwert wurde, warum aktuell so viel über die Nowitzki und die NBA geschrieben und gesendet wird…

Mir wurde einmal gesagt, dass es recht schwierig ist, ein guter Tennis-Kommentator zu sein. Worauf achten Sie?
Beim Spiel zu bleiben. Ich muss während eines Matches nicht alles Mögliche erzählen. Wenn wir beim entscheidenden Matchball sind, interessiert es nicht, wer mit seiner Großmutter am Vorabend Kuchen gegessen hat. Weniger ist mehr. Wenn es dann richtig zur Sache geht, wie bei den Wimbledon-Finals 2008 und 2009, die beide ja fast fünf Stunden dauerten, dann muss man natürlich aber voll dabei sein – und sich seine Kraft zudem auch einteilen.

Sie haben früher selbst mal Interview-Trainings angeboten. Würden Sie – aufgrund Ihrer Erfahrung – manchen Sportlern raten, direkt nach einem Match manchmal weniger zu sagen?
Das machen sie inzwischen eigentlich ganz gut. Es gibt Interview-Trainings, die von den beiden großen Verbänden konsequent angeboten und auch gut genutzt werden.

In den Sky-Übertragungen wird regelmäßig auch Boris Becker auftreten und seine Analysen abliefern. Ist er eine Bereicherung?
Boris Becker ist seit Jahren für die BBC in Wimbledon, dort kommentiert er teilweise ja auch – er ist in der Sendung «Match of the Day» regelmäßiger Gast. Er ist also gut eingespannt. Es freut mich, dass er auch uns zur Verfügung stehen wird – er ist so wichtig wie Beckenbauer für eine Fußballübertragung. Becker hat den Kontakt zur Tennis-Welt nie abbrechen lassen und ist deshalb eine Bereicherung für Sky.

Sie werden das Wimbledon-Finale auch in diesem Jahr kommentieren. Welche Sportler schaffen es dort hin?
Ich schließe mich der Meinung von Björn Borg an, die ich vergangene Woche in einer Zeitung gelesen habe. Es könnte das spannendste Turnier seit Langem werden. Trotzdem glaube ich, dass die vier Topleute der Welt letztlich im Halbfinale stehen werden – und danach kann man keine Prognosen abgeben. Von deutscher Seite her würde es mich freuen, wenn wir mehr als zwei Spieler in der zweiten Woche hätten. Rainer Schüttler, play ist again – das ist man geneigt zu sagen. Thommy Haas hat keine gute Auslosung erwischt – in Runde drei wird er wohl auf Nadal auflaufen; das ist richtig schwierig. Grundsätzlich hoffen wir Deutschen, dass einer unserer Spieler es mal wieder ins Viertelfinale schafft. Mehr Hoffnungen mache ich mir übrigens bei den Damen.

Herr Szepanski, ich danke für das Interview – und wünsche Ihnen viel Spaß bei Ihren Kommentaren für Sky.

Kurz-URL: qmde.de/50302
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