Die Kino-Kritiker

«Bad Teacher»

von
Cameron Diaz spielt in der derben Komödie «Bad Teacher» eine vulgäre und versoffene Lehrerin, die das Wolfsrudel aus «Hangover» wie Musterschüler aussehen lässt.

Dass vor zwei Jahren die räudige Komödie «Hangover» solch ein Erfolg wurde, hatte mehrere Gründe. Unter anderem waren die Figuren sympathisch, zwischen den Darstellern herrschte ein tolles Zusammenspiel, die Story war einfallsreich und die Gags saßen. Obendrein war die Grundsituation eine, in die sich viele Zuschauer einfühlen konnten: Nach einer all zu heftigen Party macht das Erinnerungsvermögen nicht mehr so wirklich mit. Kennt man.

Mit einem gewissen Respektsabstand zu «Hangover 2», kommt nun also (rein zufällig?) ein weiterer Film mit vergleichbar derben Humor in die Kinos. Statt von entgleisten Junggesellenfeiern handelt «Bad Teacher» allerdings vom groben Gebären in einer Schule. Eigentlich perfekt, schließlich sind Schulerfahrungen noch deutlich universeller nachvollziehbar, als abgedrehte Partys in Las Vegas. Der Clou, mit dem «Bad Teacher» hausieren geht, liegt bereits im Titel: In dieser Komödie sind ausnahmsweise nicht irgendwelche Lausbuben für die vulgären Lacher zuständig, sondern die pädagogische Naturkatastrophe Elizabeth Halsey, gespielt von Cameron Diaz.

Lehrerin Elizabeth Halsey ist das schwarze Schaf an ihrer Schule: Sie hat nicht das leiseste Interesse an ihren Schülern und der Unterricht ist für sie der ideale Zeitpunkt, um den Rausch von letzter Nacht auszuschlafen. Oder um noch ein paar Fläschchen Whiskey nachzukippen. Weil ihre Verlobung mit einem wohlhabenden Muttersöhnchen geplatzt ist, stürzt sie sich, sehr zum Ärger des Sportlehrers Russel (Jason Segel) auf den neuen Vertretungslehrer Scott (Justin Timberlake). Der hat neben seinem Äußeren nämlich auch das nötige Kleingeld zu bieten, auf das Elizabeth es abgesehen hat. Obwohl sie schnell grün mit Scott wird, kann sie ihn einfach nicht für sich gewinnen. Stattdessen scheint er ein Auge auf die Vorzeigelehrerin Amy Squirrel (Lucy Punch) geworfen zu haben, wofür Elizabeth nur eine Erklärung hat: Amy hat die größeren Brüste. Darum kennt Elizabeth nur noch ein Ziel: Sie muss alles tun, um an genug Geld für eine Busenvergrößerung zu gelangen!

Der größte, um nicht zu sagen fast der einzige, Pluspunkt von «Bad Teacher» ist zweifelsohne seine Hauptdarstellerin Cameron Diaz. Nach Auftritten wie denen in «The Green Hornet», wo sie vielen Kritikern vollkommen überflüssig schien, oder ihrer übermüdeten Performance in «Knight & Day» läuft die Comedyspezialistin endlich wieder zu Höchstform auf. Die gelebte Vulgarität ihrer Rolle macht Diaz sichtbare Freude, und so taucht sie Hals über Kopf in ihre zügelloseste Seite hinab. Im Komödienfach scheint die feiste Lehrerin Cameron Diaz’ Lieblingsfigur seit der Titelheldin aus «Verrückt nach Mary» zu sein, weshalb sie mit ihrem Engagement über manche der groben Schnitzer des Films hinwegtäuschen kann.

Als weiterer Glücksgriff erweist sich der im fertigen Film leider viel zu kurz kommende Jason Segel, der mit Frische und Feuerseifer auftritt. Segel raubt jede Szene, in der er zu sehen ist und verleiht «Bad Teacher» durch die Art und Weise, wie er seine Zeilen abliefert, eine ironische Doppelbödigkeit. Bedenkt man, wie gut Segels Szenen ankommen, wünscht man sich, der ganze Film hätte diesen Tonfall angeschlagen. Cameron Diaz’ Ex-Freund Justin Timberlake hat ebenfalls sichtlichen Spaß an seiner Rolle, anders als bei Diaz und Segel überträgt sich dieser jedoch nicht verlustlos auf den Zuschauer. Seine Rolle des peinlichen, steifen Vertretungslehrers kann nie die von ihm beabsichtigte Fremdscham auslösen, stattdessen wirkt er in den meisten seiner wenigen Szenen einfach nur blöd.

Teilweise ist dies allerdings eher die Schuld des Drehbuchs, da Timberlakes Rolle längst nicht so wichtig ist, wie nach ihrer Einführung vermutet. Sie wird schnell ins Aus abgeschoben und bleibt dort ohne jegliche größere Relevanz hängen, nur um dann für einen kurzen, mit dem Charakter brechenden Höhepunkt wieder in die Haupthandlung reingequetscht zu werden. Nebendarstellerin Lucy Punch, deren Figur der überengagierten Lehrerin Amy Squirrel in die gleiche Schublade passt, kann dagegen richtig auftrumpfen. Als nervige Widersacherin mit enervierend quirliger Art gibt sie den perfekten Gegenpol zu Cameron Diaz ab. Sie ist nervig, doch man liebt es, sie nervig zu finden und «Bad Teacher» findet genau die richtige Dosis, die das Publikum von dieser Figur abkann.

Dennoch krankt «Bad Teacher» an einer für Komödien dieses Schlags nahezu unentschuldbaren Energielosigkeit. Bei einer Laufzeit von gerade einmal knapp 90 Minuten (inklusive Abspann), kommt «Bad Teacher» so zäh rüber, dass man geneigt ist, ihm eine zweistündige Dauer zu attestieren. Dies könnte unter anderem daran liegen, dass Regisseur Jake Kasdan nie den richtigen Tonfall für seine ungewöhnliche Lehrergeschichte findet. Der Zögling Judd Apatows inszenierte einige Sequenzen so, als solle das Kinopublikum über Elizabeth Halsey verächtlich den Kopf schütteln. Er stilisiert seine Protagonistin zu einer verächtlichen Anti-Heldin, nicht ganz unähnlich des frühen Strombergs. Doch dann stellt er den Albtraum jedes Elternbeirats wieder grundsympathisch dar, macht aus Cameron Diaz’ proletenhaften Lehrerin ein liebenswertes Ekel, das man für seine erfolgreiche Dreistigkeit beneidet.

Das klingt zunächst vielleicht nach Haarspalterei, aber diese tonale Unbeständigkeit raubt dem Kinopublikum die Orientierung, worüber es denn nun lachen kann. Man weiß einfach nicht mehr, worauf man hinfiebern soll. Der ungalante sowie ermüdende Wechsel zwischen Fremdscham und Anfeuerung erweist sich letztlich einfach als Energiekiller. Des Weiteren verliert «Bad Teacher» durch seinen Schnitt spürbar an Potential. In gefühlt jeder dritten Szene kündigt sich die Pointe an, sie kommt… und bleibt erstmal im Raum stehen. Das Schnitttempo ist viel zu behäbig, und so kommen die derben Scherzchen von «Bad Teacher» nicht zur erwünschten Wirkung. Ohne die Vergleiche mit «Hangover» überstrapazieren zu wollen: Für den Publikumserfolg der beiden Kinofilme rund um das über jede Stränge schlagende Wolfsrudel gibt es neben den bereits genannten noch zwei weitere, wichtige Gründe. Die Macher der «Hangover»-Reihe zeigten handwerklichen und erzählerischen Feinsinn, und das wiegt in Komödien bedeutsam mehr, als man denken mag. Ja, eine Komödie soll hauptsächlich witzig sein, aber die Lacher müssen richtig in die Story eingebettet und präsentiert werden. Und daran scheitert «Bad Teacher».

Aufgrund dieser Probleme bleibt «Bad Teacher» trotz einer in ihrer Rolle sichtlich aufgehenden Cameron Diaz und seiner bestechenden Prämisse unterhalb des Komödien-Klassendurchschnitts hängen. Für große Fans der Hauptdarstellerin und diejenigen, die durch den Trailer überaus neugierig auf «Bad Teacher» geworden sind, lässt sich darum bestenfalls eine eingeschränkte Sehempfehlung als Leih-DVD oder Download aussprechen.

«Bad Teacher» ist seit dem 23. Juni in vielen deutschen Kinos zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/50370
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