First Look

«Beavis and Butt-Head»

von
Vor 14 Jahren flimmerte die bis dato letzte Folge der beiden Dummköpfe über die Schirme – nun sind sie wieder zurück.

14 Jahre waren eine verdammt lange Zeit für die ältere Generation unter den Fernsehnerds. 1997 flimmerte die letzte Episode von «Beavis and Butt-Head» über die Bildschirme, während der Kinofilm gerade dabei war, seine Zeit als Kult unter den Fans zu genießen. Doch mit dem Ende der Animationsserie, welche MTV als nicht zu unterschätzenden Sender formte, ging auch ein wenig der Sinn der Eigenparodie davon. Mit Ausnahme der üblichen kurzen Kommentare in den üblichen Chartshows gab es keine schnippischen Kommentare über diese und jene Musikvideos, und es gab auch keinen Grund zu glauben, dass die beiden Hardrock- und Heavy-Metal-Fans irgendwann im Fernsehen zurückkommen werden. Erfinder Mike Judge hat sich offenbar während «Beavis and Butt-Head» weiterentwickelt und lieferte 1999 mit «Office Space» nicht nur einen Kritikererfolg, sondern auch einen Kultfilm ab. Judge beschäftigte sich auch weiterhin mit Live-Action-Filmen, während sich MTV nach und nach als reiner Musiksender verabschiedete, und neben Dokusoaps auch eigene Reality- und fiktionale Formate entwickelte und auf Sendung brachte. «True Life», «16 and Pregnant» und «Jersey Shore» sind nur drei der Formate, welche das Realitygenre auf die lukrative Gewinnerstraße brachten. Andere Sender zogen schnell mit und inzwischen verteufeln einige Serien die Ausgeburt der Hölle in Form von «The Real World» und seinen Kindern namens Ryan Seacrest, Snooki, «Celebrity Apprentice», «The Bachelor» und unzählige Formate mehr.

Mike Judge hatte jedoch immer wieder daran gedacht, «Beavis and Butt-Head» fürs Fernsehen wiederzubeleben. Immerhin gibt es mit dem Realitygenre den perfekten Ersatz für Musikvideos, welcher schon im Kino wiederholt parodiert wurde. Warum nicht also die beiden Dummköpfe Beavis und Butt-Head wieder auf ihrer versifften Couch in ihrer versifften und mit Löchern durchsiebten Wohnung sitzen lassen, um ein wenig Reality-TV zu schauen? Gesagt, getan. Und mit der Wiederauferstehung der beiden Highland-Idioten, die einen unzerbrechlichen Draht zur Glotze haben, kommt auch eine Zeit, in der MTV seinen Humor beweisen kann.

Genauso wie vor 14 Jahren ist eine «Beavis and Butt-Head»-Episode bestückt mit zwei Kurzfilmen, gefüllt mit mehreren Kritiksegmenten an Musikvideos und Realityformaten. Im ersten Kurzfilm „The Werewolves of Highland“ machen Beavis und Butt-Head sich auf ins Kino, um «Twilight» zu schauen, nur um begeistert zu erfahren, dass es Weiber regnet, wenn man als untoter Vampir oder Werwolf den Antihelden macht und demnach als verbotene Frucht bei den jungen Frauen dasteht. Damit auch Beavis und Butt-Head bei den Frauen wieder einmal „scoren“ können, planen sie sich in Werwölfe zu transformieren. Dazu müssen sie allerdings erst einmal von einem gebissen werden. Fälschlicherweise sehen die beiden in einem verrückten Obdachlosen den Werwolf, den sie suchen. Und statt Superkräfte und Frauen bekommen Beavis und Butt-Head schnell jede erdenkliche Krankheit, welche Mutter Erde ausspuckt.

Seit 1997 hat sich bei «Beavis and Butt-Head» fast gar nichts verändert. Die Kurzgeschichten sind immer noch kurz, haben keinen Zusammenhang, werden hin und wieder von Kritiken unterbrochen und nach einer halben Stunde hat der kurze Spaß wieder ein Ende. Es lohnt sich gewissermaßen nicht, viel über «Beavis and Butt-Head» zu schreiben, wenn man von der aktuellen Popkultur sehr wenig bis gar nichts versteht, und wenn man als junger Serienfan von der Animationsserie noch nie zuvor gehört hat (oder diese durch die Vampire, Werwölfe, Zombies und Actionhelden der letzten Jahre verdrängt wurde). Zusätzlich kann die Rückkehr der Serie auch im Zeitalter von High Definition eine kleine Abschreckung für die technikversierte Generation sein, wenn eine der Zeit entsprechende Animation durch ein Segment unterbrochen wird, welches aussieht als würde es aus den 1980ern kommen. Mike Judge hat schon während des ersten Laufs der Serie immer wieder die selben Aufnahmen und Zeichnungen der Kritiksegmente genommen, was heißt, dass sie überhaupt nicht aktualisiert wurden. Unglücklicherweise wurden sie auch nicht für die neue Serie aktualisiert und es wirkt etwas seltsam, wenn alte Aufnahmen aus den 90ern mit HD von heute vermischt werden. Das ist allerdings nur ein visueller Kritikpunkt und dieser könnte nur deswegen existieren, weil Judge ein Element aus der alten Serie behalten wollte.

Was den Rest angeht, lohnt sich die Rückkehr. Wie erwartet ist das Realityfernsehen wie geschaffen für die Kommentare von Beavis und Butt-Head. Im Falle von MGMTs Musikvideo zu „Kids“ kommen sie nicht daran vorbei zu diskutieren, warum eine junge Mutter ihr kleines Kind heulend in eine Herde Zombies aussetzt, während für die beiden das Musikvideo den Anschein macht, als wäre es ein Spin-off von MTVs «Teen Mom». Während eines LMFAO-Musikvideos erwähnen die beiden sogar zur Zeit strauchelnde Weltwirtschaft, nachdem sie Zeugen werden, wie literweise Champagner versprüht wird. Kommentare zu einigen MTV-Serien gibt es auch, und besonders hier zeigt sich, dass der hauseigene Sender am besten für Kritik geeignet ist. Man muss es Mike Judge schon anerkennen, dass die Kritik seiner beiden Geistesprodukte an ihrem Sender so problemlos vorbeikommt und ausgestrahlt wird. Normalerweise würde das nur bei Late-Night-Shows der Fall sein, weshalb man auch nicht darüber hinwegkommt zu erwähnen, dass «Beavis and Butt-Head» wie die animierte, fiktionale Version einer Network-Late-Night-Talkshow ist. Am einen Ende des Spektrums bekommen die Zuschauer vier bis fünf Tage der Woche das Beste des Tages in Entertainment, News und Politik humorvoll auf dem Silbertablett serviert (und ersetzen praktisch die Pflicht, täglich Nachrichten schauen und Zeitung lesen zu müssen), während auf der anderen Seite mit «Beavis and Butt-Head» die Zuschauer in Form einer Parodie das geliefert bekommen, was sie sonst im Fernsehen verpassen, vermissen, oder gar nicht erst akzeptieren, weil es für anspruchsvolle Leute einfach zu dummes Fernsehen ist.

Dass dabei auch die Kurzgeschichten einige Parodien heutiger Popkulturelemente liefern und dabei tatsächlich lustig sind, ist nur ein willkommenes Bonusgeschenk für die Zuschauer. Es ist dabei nur eine Frage der Zeit, bis Beavis und Butt-Head mit einer zufälligen Parodie den Nagel auf den Kopf treffen und zeigen, was aus Reality-TV wirklich geworden ist. Und hier hört es nicht einmal auf: Popkultur ist breitflächig definierbar, von Musik über gewisse Promis zu TV-Serien und Filmen ist alles in der Lage, von den beiden elternlosen Intelligenzhassern kritisiert zu werden. Hier liegt auch der Spaß in der «Beavis and Butt-Head»-Neuauflage. Man weiß nie, was als nächstes aufs Korn genommen wird und wann MTV seinen Humor verliert und anfängt seine eigenen Karikaturen zu kritisieren. Dass es dazu kommen wird, scheint unwahrscheinlich, aber in der heutigen Welt des Fernsehens ist nichts mehr unmöglich. Und vielleicht gibt es ja in vier Jahren einen weiteren Kinofilm, der wieder einmal zeigt, dass handgezeichnet doch besser ist.

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