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'«DSDS» vs. «The Voice»? Das ist wie Discounter- gegen Premium-Joghurt'

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Castingland Deutschland: Nach dem Start von «The Voice of Germany» kommt nach der aktuellen «X-Factor»-Staffel bald auch Castingshow-Flaggschiff «Deutschland sucht den Superstar» zurück ins Fernsehen. Quotenmeter.de sprach mit dem Ex-ProSieben-Programmdirektor Borris Brandt, der selbst auch viele Jahre Geschäftsführer von Endemol Deutschland war und damit «The Voice»-Erfinder John de Mol und den TV-Markt kennt.

Borris Brandt, Deutschland ist wieder im Castingshow-Fieber. Für «The Voice» pausiert zwar «Popstars» – aber ist der TV-Markt für Castingshows nicht gesättigt?
Borris Brandt: Ja, kein Mensch hätte einen Pfefferling auf eine weitere „Lalala Castingshow“ gesetzt – ich auch nicht. John de Mol hat damals - als ich noch mit ihm gearbeitet habe - gesagt, er möchte gerne eine Castingshow, bei der es wirklich und ausschließlich um Musik geht. Und das ist ein Alleinstellungsmerkmal, ein USP, das es bisher nicht gab. Daher hat «The Voice» eine Daseinsberechtigung im Fernsehen.

«Deutschland sucht den Superstar» ist bisher die erfolgreichste Castingshow in Deutschland. Was unterscheidet das Format von anderen Castingshows?
Im Wesentlichen ist es so, dass «DSDS» in Deutschland im Gegensatz zum Originalformat «Pop Idol» kein ernst zu nehmendes Musikformat ist. «DSDS» ist Dieter Bohlen, Klamauk und Scripted-Reality. Das hat also nichts mit Musik zu tun. In erster Linie geht es darum, Leute vorzuführen und sich über die lustig zu machen bzw. kleine Mädchen zum Telefonieren zu bringen.

Wie unterscheidet sich dazu «X-Factor»?
Bei «X-Factor» ist es ganz anders: Da unterscheide ich auch zwischen Staffel eins und zwei. Die erste Staffel war qualitativ schlechter. Aber die zweite Staffel ist handwerklich sensationelle Arbeit. Ich habe dem VOX-Geschäftsführer Frank Hoffmann schon gratuliert. Auch das Folgeprogramm «Cover My Song» hat mir übrigens große Freude gemacht, da es da auch wirklich um Musik ging. Auch als Hamburger muss ich sagen, dass das Bo in der «X-Factor»-Jury echt ein Gewinn ist! Til Brönner dann auf der anderen Seite, der teils zickig und schwierig ist und dann in der Mitte die Mutter der Show, Sarah Connor – das ist eine insgesamt glaubhafte und sehr unterhaltsame Komposition. «X-Factor» spricht eher Erwachsene an. Die reden in diesem Format ja recht ernsthaft über Musik und künstlerische Verantwortung, das ist für 14-Jährige nicht unbedingt interessant. Ideale Gegenprogrammierung zu «DSDS» innerhalb der RTL Gruppe!

Und dann mischt seit vergangener Woche auch «The Voice of Germany» auf dem Casting-Markt mit…
«The Voice» lebt wohl von der Aussage eines Klavierspielers im Studio, sagt die holländische Legende (lacht)… Der hat gesagt, dass er die Leute auf der Bühne ja gar nicht sehen, sondern nur hören muss. Ich finde die Jury prima, außer Nena, die passt irgendwie nicht rein und ich sehe bislang gar keine musikalische Kompetenz und auch kein Glamour… Sie ist ein 80er-Relikt, das heute wenig Relevanz hat. Besser hätten mir da Joy Denalane oder eine der Humpe-Schwestern gefallen. Aber Xavier und Ray sind super und BossHoss machen ehrliche Party-Musik und sind kommerziell erfolgreich, also auch tippitoppi.

Wie fällt das Zeugnis für die Moderatoren der großen Castingshows aus?
Erst mal zu Jochen Schropp, den ich persönlich kenne und sehr schätze: Er ist sympathisch, spricht perfekt Englisch, sieht gut aus und die Frauen mögen ihn – mehr geht nicht! Dazu ist er nicht so laut, so schrill wie Marco Schreyl. Stefan Gödde bei «The Voice» hat natürlich durch «The Next Uri Geller» und «taff.» viel Erfahrung. Aber bei einer Castingshow ist Emotion extrem wichtig und Du musst Platz für eigene Meinung haben, ohne aber parteiisch zu sein. Da musst Du zwischen den großen Namen in der Jury jonglieren, das ist nicht immer einfach. Ich finde Stefans Raum ist noch zu klein, aber das mag sich bei den Shows ändern….Hoffentlich taucht da nicht wieder die kickelnde Johanna Klum auf.

Wie fällt denn Ihr Urteil zu den ersten beiden Shows von «The Voice of Germany» aus, die aus Quotensicht gut gestartet sind?
Ja, alles richtig gemacht, Herr de Mol & Herr Bartl…Glückwunsch! Ich habe beim Quoten -Tippspiel nur knapp 17 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen getippt…das werde ich verlieren, auch wenn der Weg noch lang ist. Die erste Show fand ich noch kühl und die Kandidaten waren emotional weit weg, das war in der zweiten viel besser und wenn man sich erst mal ab das System gewöhnt hat, fließt es auch prima!

Wie ehrlich ist das Zuschauer-Voting, das bei vielen Fans häufig in der Kritik steht?
Viele Leute sagen, beim Voting wird betrogen – das ist natürlich beim Fernsehen nicht so. Das wird ehrlich betrieben – überhaupt keine Frage. Aber dafür kann man natürlich im Vorfeld manipulieren, also damit, was man zum Beispiel von den Kandidaten sieht und was eben nicht. Da wird es dann dem Dieter bei «DSDS» zum Beispiel recht gemacht, da wird Stimmung gemacht und da werden Kandidaten positioniert. Aber keiner beim Fernsehsender ist so dumm, dass er zulässt, dass beim Voting manipuliert wird. Das sind alles internationale Formate, die man mit Voting-Betrug ruinieren würde…

Wie wichtig ist das Finden eines guten Sängers? Anders als die erste «X-Factor»-Siegerin Edita erreichten die «DSDS»-Gewinner zumindest mindestens einen Nummer Eins-Hit…
Klar, wenn man acht bis zehn Millionen «DSDS»-Zuschauer hat, verkauft man natürlich schon mal einige Platten. Das junge Publikum ist manipulierbar. Trotzdem hat ein «DSDS»-Künstler selbst bei den Fans keinen Wert! Wenn man Sarah und Pietro als Bespiel nimmt, kann man sehen, wie manipuliert die sind und wie unglaublich wenig die können. Ich moderiere ja auch bei Radio Hamburg, wo die beiden kürzlich zu Gast waren: Da konnten wir dann erleben, dass die zum Radiosender kommen, zicken und dann nicht mal live singen - das ist armselig! Das ist Betrug und das wissen die Leute auch.

«Deutschland sucht den Superstar» – zumindest ist dies der Titel. Aber was ist das eigentliche Ziel der Castingshows?
Es geht bei «DSDS» nicht darum, einen tollen Sänger zu finden. Das ist Klamauk und hat mit Musik wenig zu tun. Das Ziel ist relativ klar: Bring kleine Mädchen zum Anrufen und inszenier Dieter Bohlen als Sendergesicht mit hohen Einschaltquoten. VOX im Gegensatz hat einen höheren Anspruch. Die kümmern sich mehr um Nachwuchstalente, was man schon allein an der Jury-Zusammensetzung merkt.

Trotzdem kommen beide Formate vom demselben Produzenten GRUNDY Light Entertainment. Wie passt das zusammen?
Das ist so, wie wenn Müller-Milch zwei verschiedene Joghurts macht: Es gibt die Premium-Linie und es gibt die Aldi-Linie - Das ist genau das gleiche.

Interessante Metapher… Was bedeutet das für die Formate?
Es gibt einmal den teuren Joghurt und den billigen Joghurt. Es gibt den Joghurt mit Premium-Inhaltsstoffen wie echten Erdbeeren und der andere hat nur billige Aroma-Stoffe. Der billige Aldi-Joghurt verkauft sich in der Masse besser - wie «DSDS» bei RTL. Der andere Bio-Natur-Joghurt mit nachhaltig angebauten Inhaltsstoffen wäre dann eher «X-Factor» bei Grundy und vor allem «The Voice».

Gibt es eine Schere zwischen Qualität und Quote bei Castingshows?
In Deutschland gab es «Popstars», was handwerklich sauber gemacht wurde und für beide Seiten erfolgreich war: Die No Angels waren musikalisch erfolgreich und «Popstars» hatte super Quoten. Das Format war glaubwürdig. Dann kam «DSDS» mit einem riesen Marketinggetöse und hat das Genre Castingshows fast zerstört. Die Gier der Verantwortlichen war einfach zu groß. Welches ist das Wort, das innerhalb kürzester Zeit am meisten an Wert verloren hat? Superstar. Früher war jemand wie Michael Jackson ein Superstar – heute ist ein Superstar irgendein dahergelaufener Furz, der sich weder Texte merken kann, noch singen, noch tanzen, noch sonst was… IQ wie ein Toast, aber niedlich anzuschauen… RTL hat in den letzten Jahren dafür gesorgt, dass das Wort Superstar das Wort mit dem höchsten Wertverlust ist.

Dank möglicherweise vorbelasteter Begriffe spricht ProSiebenSat.1 offiziell nicht von einer Castingshow, sondern von einer Musikshow. Außerdem von Coaches statt einer Jury. Alles nur PR-Sprache oder ernst gemeint?
Ich kenne John de Mol und Andreas Bartl, die beide für «The Voice» verantwortlich sind. Daher bin ich mir sicher, dass die das mit „echter Musikshow“ ernst meinen und genau wissen, wo der USP liegt und was die Zuschauer wollen. Die wollen keine weitere Billig-Castingshow, kein Klamauk – die wollen eine echte Musik-Show, oder eben kein weiteres Format dieser Art.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Borris Brandt über den «The Voice»-Erfinder John de Mol, über «Berlin - Tag & Nacht» und die Zukunftsaussichten von «Big Brother» hier in Deutschland.

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