Die Kino-Kritiker

«Rubbeldiekatz»

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Am Donnerstag startet der neue Matthias-Schweighöfer-Streifen «Rubbeldiekatz» in den deutschen Lichtspielhäusern.

Matthias Schweighöfer ist auf dem besten Weg, der neue Til Schweiger zu werden. War er in «Keinohrhasen» und «Zweiohrkühen» noch dessen Co-Star, tat er es ihm mit «What a Man» gleich und übernahm in einer von ihm verfassten, publikumsträchtigen Romantikkomödie die Hauptrolle und den Posten des Regisseurs. In «Rubbeldiekatz» beschränkt sich Schweighöfer wieder auf die Arbeit vor der Kamera, dennoch dürfte diese Komödie ein weiterer wichtiger Baustein in Schweighöfers Karriere als Romantikstar sein. Da ist es nur vom Vorteil, dass sie sogar wider aller Erwartungen richtig Pfiff hat.

Die Story ist schnell erzählt: Alex (Matthias Schweighöfer) ist ein eher erfolgloser Theaterschauspieler, dessen Paraderolle als Frau ihm aber immerhin einige treue Fans im Rentenalter einbrachte. Eines Tages wird er zu einem Casting für einen in Deutschland gedrehten Hollywood-Film über das Dritte Reich angeboten. Der Haken an der Sache: Durch ein Missverständnis rechnet der exzentrische US-Regisseur mit einer Frau. Da Alex das Geld dringend nötig hat, gibt er sich als große Blondine namens Alexandra aus – und bekommt tatsächlich die Rolle. Kurz darauf muss Alex erfahren, dass die Hauptrolle von niemand anderem gespielt wird, als von Sarah Voss (Alexandra Maria Lara), seinem großen Flirt vom Vortag. Das kann nur in Chaos enden ...

Die Idee, eine Komödie auf einem in Frauenkleidern herumlaufenden Hauptdarsteller zu gründen, wurde bereits in zahlreichen Werken aufgegriffen. Am bekanntesten dürften der Theaterklassiker «Charlies Tante», Dustin Hoffmans «Tootsie» und «Mrs. Doubtfire» mit Robin Williams sein. Auf dem Papier erinnert «Rubbeldiekatz» frappierend an den 80er-Hit mit Dustin Hoffman als Schauspieler, der nur als Frau verkleidet Aussichten auf eine viel versprechende Rolle hat. Kommt «Rubbeldiekatz» erstmal ins Laufen, zeigt sich allerdings schnell, dass Detlev Bucks Komödie keineswegs frech zusammengeklaut ist. Originell ist die Geschichte bei weitem auch nicht, letztlich geht es halt wieder mal nur um eine Liebe und deren Glück verhindernde Komplikationen. Aber das Ensemble, viele kleine Nebensächlichkeiten und die Inszenierung machen «Rubbeldiekatz» trotzdem zu einem winterlichen Popcorn-Komödientipp.

So merkt man der Mainstream-Komödie immer wieder an, dass ihr Regisseur bereits erfolgreich im Programmkino wilderte: An mehreren Stellen driftet Detlev Buck unerwartet in erfrischend exzentrische Momente ab, die niemals aufgesetzt oder eingebildet wirken. Da werden winterliche Grillabende in hypercooler Zeitlupe abgefilmt, mutiert der zunächst als Nazidrama verkaufte Film-im-Film zum Exploitation-Schund und eine spontane Liebesnacht wird fast schon irritierend sinnlich inszeniert. Solche Verschrobenheiten könnten irritierend rüberkommen, doch Buck verliert den eigentlichen Fokus des Films nie aus den Augen, so dass seine künstlerischen Schnörkeleien zu einem Plus werden.

Auch die Charakterisierungen heben sich löblich vom deutschen Blockbusterkomödien-Einerlei ab. Wie in so vielen anderen Filmen wird der aufstrebende Künstler (hier nunmal Schauspieler) von bodenständigeren, urigeren Normalos umgeben. Oft sind diese Figuren anstrengend volkstümelnd, aber Alex' Freunde in «Rubbeldiekatz» haben alle auch etwas Quirliges und bescheiden-charismatisches an sich. Unter den Schauspielkollegen von Alex (beziehungsweise Alexandra) zieht wiederum vor allem Max Giermanns Jörg die Lacher magnetisch an: Jörg wird andauernd als Hitler besetzt, worunter sein Privatleben völlig leidet. Mit Hitlerbärtchen lässt es sich halt schwer flirten ... Giermann grimassiert sich ursympathisch durch seine wenigen, dennoch stets perfekt ausgeschöpften Szenen und macht so seinem «Switch reloaded»-Kollegen Michael Kessler als etwas anderer Hitler-Parodist schwer Konkurrenz.

Das meiste Lob verdienen jedoch die Hauptdarstellerin Alexandra Maria Lara, die ihren Filmstar mit feinem Witz ausstattet, und der sich glänzend in seine Rolle einlebende Matthias Schweighöfer. Die gemeinsamen Szenen sprühen vor Charme und zwischen den Schauspielern hin- und herwanderndem Humor, was sie zu einem sehr vergnüglichen Leinwandduo macht. Zudem kann man es Schweighöfer nicht genug anrechnen, dass er in Frauenkleidern stets Würde bewahrt. Er agiert nicht, wie es zahllose Kollegen in alten Filmkomödchen taten: Weder ist er albern, noch beleidigend tuckig, sondern bleibt immer auf dem schmalen Grad zwischen witzig und glaubwürdig.

Auf den Schultern von Schweighöfer und Lara wird «Rubbeldiekatz» letztlich zur besten deutschen Mainstreamkomödie 2011. Das muss in einem Jahr, das mit anstrengendem Kitsch wie «Kokowääh» und eher nach Fernsehproduktion riechender Ware wie «Resturlaub» glänzte, nicht viel heißen. Doch auch in einem besseren deutschen Komödienjahr hätte Detlev Bucks Komödie dank ihrer gesunden Verrücktheit und einem sympathischen Cast tolle Aussichten auf diesen Titel.

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