Fernsehfriedhof

Der Fernsehfriedhof: Gottschalk mal ohne Werbung!

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Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 183: Der erfolgreichste Abend in der Geschichte des Senders Sat.1.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir einer umstrittenen, aber vor allem erfolgreichen Werbeaktion.

«Die Lange Kulmbacher Filmnacht» wurde am 12. April 1997 in Sat.1 geboren und entstand zu einer Zeit als die süddeutsche Kulmbacher Brauerei AG noch nicht deutschlandweit bekannt war. Mit dem Ziel dies zu ändern, entstand eine umfangreiche Kooperation zwischen dem Unternehmen und dem TV-Sender, die von der Werbeagentur „Springer & Jacoby“ initiiert wurde. Die Biermarke präsentierte nämlich an ausgewählten Abenden das komplette Programm des Kanals, das dann aus jeweils drei hochkarätigen Kinofilmen bestand. Der Clou war, dass die Filme dabei komplett ohne Werbeunterbrechungen gezeigt wurden und nur zwischen den Blockbustern ein 90sekündiger Werbefilm der Brauerei lief. Somit war das Unternehmen der einzige Werbepartner des Abends und durfte damit auch bei der Auswahl der Filme mitbestimmen.

Eingebettet wurden das Sponsoring und die Filme in eine umrahmende Sendung, für die das damalige Sat.1-Gesicht Thomas Gottschalk gewonnen werden konnte. Seine Verpflichtung war auch deshalb genial, weil er als gebürtiger Kulmbacher eine besonders enge Verbindung mit der Biersorte suggerierte. Gottschalk traf sich dann im Rahmen der Filmnächte mit je einem Prominenten wie Iris Berben, Senta Berger oder Günther Jauch und führte kurze Interviews zu den gezeigten Highlights. Durch die Aufzeichnung der Gespräche in echten, schummrigen Kinos sollte eine entsprechende Filmatmosphäre erzeugt werden.

In der Reihe, die jeweils samstags ausgestrahlt wurde, waren unter anderem die Streifen «Wall Street», «Gefährliche Liebschaften», «Der mit dem Wolf tanzt» oder «Internal Affairs» ohne Unterbrechung zu sehen. Erwartungsgemäß fand die ungewöhnliche Werbeaktion großen Anklang beim Publikum. Vor allem die Premiere lief mit bis zu 5,4 Millionen Zuschauern (beim Film «Der mit dem Wolf tanzt» um 20.15 Uhr) und Spitzenmarktanteilen von über 40 Prozent sehr erfreulich. Für Sat.1 wurde es gar der erfolgreichste Abend der damaligen Sendergeschichte. Daher lief schon am 06. Juni 1997 die zweite Ausgabe über den Schirm - diesmal allerdings erst ab 22 Uhr – die erneut Marktanteile von mehr als 20 Prozent generieren konnte.

Doch obwohl das Sponsoring für viel Aufsehen sorgte, war es nicht unumstritten. So kritisierte der Vorsitzende der Organisation Werbungtreibende im Markenverband, Hans Kratz, insbesondere die Bewerbung des Events, die aufgrund großer Anzeigenkampagnen und durch rund 300 Trailer sehr umfangreich ausfiel. Mit solcher „Werbung gegen Werbung“ säge der kommerzielle Sender “genüsslich an dem Ast, auf dem er sitzt, wenn er Unterbrecherwerbung schlechtmacht." Der damalige RTL-Chef Helmut Thoma kommentierte den Vorstoß von Sat.1 mit den Worten: „Wenn man keine Werbung hat, muss man halt einen Grund finden, zu senden.“ Außerdem offenbarte er, dass man auch seinem Sender das Angebot für die Zusammenarbeit unterbreitet hätte, er dies aber abgelehnt habe.

Auch innerhalb des Brauerei-Konzerns waren unterschiedliche Meinungen zu vernehmen. Zwar herrschte eine allgemeine Zufriedenheit über den Erfolg der Aktion und den raschen Zuwachs der Bekanntheit, doch der finanzielle Aufwand, der allein für das Jahr 1997 rund zehn Millionen DM betrug, war stark umstritten. Besonders die freien Aktionäre bemängelten den hohen Etat, blieb für sie doch deshalb kein Geld mehr für eine Dividende übrig.

Obwohl die Verträge eine Verlängerung um weitere zwei Jahre vorsahen und es angeblich auch schon konkrete Vereinbarungen für vier Termine im Jahr 1998 gegeben hätte, wurde die Zusammenarbeit noch im Jahr ihrer Entstehung wieder aufgelöst. Ausschlaggebend dafür dürfte auch die Tatsache gewesen sein, dass laut einigen Marktforschungsinstituten der Raum für solche Werbeformen ohnehin begrenzt sei, was auch die sinkenden Quoten belegten.

«Die Lange Kulmbacher Filmnacht» wurde im Jahr 1997 beerdigt und erreichte ein Alter von vier Ausgaben. Das Format hinterließ den Moderator Thomas Gottschalk, der bei Sat.1 parallel noch die Show «Gottschalks Hausparty» präsentierte und ab 1998 mit «Gottschalk kommt» eine weitere Werbesendung übernahm, bevor er vollständig zum ZDF wechselte. Seit Anfang 2012 führt er nun durch seine tägliche ARD-Vorabendshow «Gottschalk Live». Sat.1 wagte sich im Jahr 1998 mit dem «McSchmidt-Studio» an eine weitere Kooperation mit einem Unternehmen, die jedoch deutlich weniger Zuspruch beim Publikum fand.

Möge die Reihe in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann einer aufwendigen Filmreihe, in die man große Hoffnung setzte.

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