Zur Person
Hardy Krüger junior wurde am 9. Mai 1968 in Lugano geboren und nahm nach einer Ausbildung zum Bartender Schauspielunterricht, woraufhin seine Karriere als Mime ihren Anfang nahm. Unter anderem spielte er in Serien wie «Gegen den Wind» und «Forsthaus Falkenau» sowie in Filmen wie dem TV-Epos «Stauffenberg» und der Kinokomödie «Asterix und Obelix gegen Caesar» mit.Es ist tatsächlich kein Zufall: Die Produzenten und Redakteure von «Notruf Hafenkante» haben mich im Theater in «Ziemlich beste Freunde» gesehen. Und das muss ihnen wohl gefallen haben, weil sie danach meinten, solch eine Figur auch in ihrer Serie haben zu wollen. Daher sind sie auf mich zugekommen und fragten, ob ich mir das vorstellen kann. Ich fand das prinzipiell interessant, aber ich wollte, bevor ich zusage, mehr über die Rolle erfahren. Also haben sie die Köpfe zusammengesteckt und die Figur des Dr. Lindberg erfunden. Als ich seine Hintergrundgeschichte gelesen habe, fand ich das sehr spannend, insbesondere für ein öffentlich-rechtliches Format. Deswegen habe ich zugesagt, wenn auch unter der Bedingung, dass wir diese Figur nicht klischeehaft in Szene setzen; was das Team von «Notruf Hafenkante» sehr begrüßt hat.
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Diese berühmten Schubladen habe ich alle durchgemacht: Erst war ich der Surfer und Sunnyboy, dann Everybody's Darling, dann der Förster, dann der Kriminalist …
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Hardy Krüger junior
Diese berühmten Schubladen habe ich alle durchgemacht: Erst war ich der Surfer und Sunnyboy, dann Everybody's Darling, dann der Förster, dann der Kriminalist … Man wird stets in die Schublade der letzten Rolle gesteckt, die man gespielt hat. Und es ist nun einmal so, dass die Besetzer heutzutage Schauspieler in den Rollen besetzen, von denen sie bereits wissen, dass sie darin überzeugen. Ich kann das nachvollziehen, weil da eine große Verantwortung hinter steckt, und man daher nicht zu viele Risiken eingehen möchte. Ich selbst habe damit abgeschlossen, Schubladen zu fürchten. Auch weil ich weiß, dass mit meiner Rolle in der Theateraufführung von «Das Boot» schon bald wieder eine völlig andere Figur folgt. Der kann stehen und laufen. (lacht) Er ist auch wirklich kein Sunnyboy, und ist auch sonst nicht mit den Schubladen zu vergleichen, in denen ich mal gesteckt habe. Aber wer weiß, vielleicht ist er der Beginn einer neuen Schubladenphase für mich: Wenn die Bavaria mich in derselben Rolle für eine Kino-Neuauflage von «Das Boot» anfragen würde, würde ich sofort zusagen – und das könnte natürlich bedeuten, dass ich für den Rest meines Lebens nur noch Kapitäne spiele. Das kann niemand vorhersehen …
Wie haben Betroffene denn bislang auf Ihre Darstellung im Rollstuhl reagiert?
Ich darf sagen, dass die Reaktionen allesamt sehr positiv sind, weshalb es ein regelrechter Segen ist, diese Rolle spielen zu dürfen. Ich und meine Ensemblekollegen, wir kommen jeden Abend wie beseelt aus dem Theater, weil das Stück so gut geschrieben ist und auch so eine herzliche Publikumsreaktion erhält. Und die Betroffenen gehen sehr offen damit um, dass ich einen Rollstuhlfahrer spiele: An einem Abend hat mir jemand, der genau den gleichen Rollstuhl hat wie meine Figur, einen Zettel zukommen lassen, auf dem stand: „Wenn du mal ein echtes Rennen fahren willst, dann lass es mich wissen. Aber Achtung: Meiner ist frisiert!“ Solches Publikumsfeedback empfinde ich als sehr schönes Zeichen.
Wie gehen Sie als Schauspieler damit um, wenn Sie wie nun bei «Notruf Hafenkante» zu einem alteingesessenen Format dazustoßen und auf ein bereits eingespieltes Team treffen? Ist das eine Rolle wie jede andere, oder gibt es da Aklimatisierungsbedarf?
Nein, den Bedarf gab es nicht. Denn in meinem Fall ist das ja eh langsam gewachsen. Es gab zunächst einmal die Idee, die das Team und ich in Ruhe so lange ausgearbeitet haben, bis alle begeistert waren. So kam es auch, dass aus einer anfangs nicht so groß gedachten Figur immer mehr und mehr wurde, so dass sie letztlich ein fester Bestandteil der neuen Folgen wurde. Das freut mich auch sehr, weil ich denke, dass so eine Rolle wie Dr. Lindberg eine Serie in interessante neue Gefilde führen kann, ohne das Format direkt an sich zu reißen.
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Letztendlich ist ja das Schöne am Schauspielen, dass man eine Figur komplett frei erfinden kann.
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Hardy Krüger junior
Weil ich mich zu Stoffen hingezogen fühle, wenn mich ihre spezifische Geschichte besonders reizt, ziehe ich meine Informationen aus dem Drehbuch. Wichtig ist mir auch, anschließend meine Ideen mit den Autoren, dem Regisseur oder den Produzenten auszudiskutieren. Basierend darauf, was wir da entwickeln, ziehe ich meine Interpretation der Figur daran auf, welche ähnliche Gefühlslagen ich schon einmal selbst durchgemacht habe, und in welchen vergleichbaren Situationen ich mich bereits wiedergefunden habe. Jetzt im Fall von Dr. Lindberg habe ich mich an Freunden orientiert, die ein ähnliches Schicksal hatten. Aber letztendlich ist ja das Schöne am Schauspielen, dass man eine Figur komplett frei erfinden kann. Oder, genauer gesagt: Die Autoren können Gott spielen, und wir sind dazu da, den Gestalten dieses Gottes ein Eigenleben zu geben.
Der große Anreiz, zuzusagen, war also primär die Figur, und weniger das Genre an sich – das ja auch in gewissen Maßen neu für Sie ist?
Ja, mich hat ganz klar die Figur angesprochen. Das Genre war da weniger von Belang, denn wie ich ja selber erfahren durfte, ist einem selbst bei einem seit vielen Jahren funktionierenden Vorabendformat keine lange Zukunft garantiert. (schmunzelt) Daher mache ich Zusagen nie vom Format abhängig, da weiß man einfach nie, was noch passiert. Es ist die Rolle allein, die ich interessant finden muss.
Nach der Absetzung von «Forsthaus Falkenau» waren Sie ja vorübergehend nicht all zu gut auf das ZDF zu sprechen, mittlerweile ist die Beziehung ja offensichtlich gekittet. Wie kam es dazu?
Es stimmt schon, dass ich damals kein Blatt vor den Mund genommen habe. Das lag vor allem daran, dass es mich verärgert hat, wie die Absetzung der Serie gehandhabt wurde. Ich habe mich da sozusagen zum Sprachrohr des Teams aufgeschwungen, weil ich es nicht in Ordnung fand, wie man sich vor allem gegenüber meinen Kollegen verhalten hat, die schon viel länger im Geschäft sind als ich. Was mich ein wenig mit dieser Sache versöhnt hat: Ich denke, die Verantwortlichen haben eingesehen, dass sie da nicht ihre beste Entscheidung getroffen haben. Die Reaktionen des Publikums haben eine deutliche Sprache gesprochen, und nun wird die Serie wiederholt – das zeigt, dass die Verantwortlichen nun wieder dazu stehen, was für eine gute Sendung das war.
Die Medienwelt wandelt sich ja aktuell enorm: Durch die zahlreichen Möglichkeiten, auch legal an Filme und Serien zu gelangen, kristallisieren sich immer mehr Nischen heraus, während das Fernsehen immer seltener als „Lagerfeuer“ fungiert, an dem sich Jung und Alt gleichermaßen versammeln. Hat das auch Auswirkungen auf Sie als Schauspieler?
Ich selbst habe ja das Glück, dass ich dank der Projekte, die ich in der Vergangenheit übernommen habe, einem relativ breiten Spektrum an Publikumssichten bekannt bin und hoffentlich auch all diese anzusprechen verstehe. Aber es stimmt natürlich, dass sich das Fernsehen, eigentlich die ganze Medienbranche, in den kommenden Jahren noch enorm verändern wird. Meine älteren Söhne schauen kaum noch lineares Fernsehen, die gucken sich alles im Internet an. Und das spiegelt sich allmählich in den Rollenangeboten an, es kommen vermehrt Anfragen für Filme oder Serien, die direkt für eine Auswertung im Web angedacht sind. Das einzige, was man als Schauspieler da machen kann, um bei diesem Medienwandel nicht unterzugehen, ist sehr in den Social Media aktiv zu sein. Da muss man sich selber darstellen, sehr auf seine Fans eingehen und auch mit Kollegen kommunizieren. Ich denke, da muss ich selber auch noch einiges Lernen.
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Das Wichtigste für einen Schauspieler ist, dass er arbeitet und nicht bloß herumsitzt. Er sollte zudem fähig und willens sein, aus jeder Rolle, die er annimmt, die Rolle zu machen, auf die er sein Leben lang gewartet hat.
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Hardy Krüger junior
Das Wichtigste für einen Schauspieler ist, dass er arbeitet und nicht bloß herumsitzt. Er sollte zudem fähig und willens sein, aus jeder Rolle, die er annimmt, die Rolle zu machen, auf die er sein Leben lang gewartet hat. Es gibt bloß ein altes Gesetz, das eine gewisse Gültigkeit hat: „Never play a bad guy!“ Sobald man einen Bösewicht spielt, wird man darauf festgelegt. Und auch wenn das oftmals die spannenderen, mehr Spaß versprechenden Rollen sind, verliert man so schnell die Möglichkeit, auch anderes zu machen. Und es ist sehr wichtig, eine Flexibilität unter Beweis zu stellen. Dass man in jedem Genre spielen kann und dass man auf der Bühne genauso gut ist, wie vor der Kamera.
Herzlichen Dank für das interessante Gespräch!
Die neuen Folgen «Notruf Hafenkante» mit Hardy Krüger junior sind ab dem 10. September 2015 immer donnerstags um 19.25 Uhr zu sehen.