Filmfacts: «Legend of Tarzan»
- Kinostart: 28. Juli 2016
- Genre: Action/Abenteuer
- FSK: 12
- Laufzeit: 110 Min.
- Kamera: Henry Braham
- Musik: Rupert Gregson-Williams
- Buch: Adam Cozad, Craig Brewer
- Regie: David Yates
- Darsteller: Alexander Skarsgård, Margot Robbie, Christoph Waltz, Samuel L. Jackson, Rory J. Saper, Christian Stevens
- OT: The Legend of Tarzan (CAN/DE 2016)
Nun ist «Legend of Tarzan» tatsächlich auch sowas wie ein Paradebeispiel spektakulären Hollywood-Entertainments geworden. Doch leider vereint Yates in seinem Film vorzugsweise die Schwächen, die das moderne Popcornkino von heute mit sich bringt. Er stellt den Wert einer guten Geschichte hintenan, Figuren werden kaum bis gar nicht ausgearbeitet und zu sagen, «Legend of Tarzan» wäre eben ein typischer Vertreter des Style-Over-Substance-Segments, wäre auch falsch. Schmuck ausschauen tut Yates‘ Film zwar schon, doch die eklatanten Schwächen im Drehbuch kann die im Großen und Ganzen dann doch nie vollkommen überragende Optik auch nicht verbergen.
Zurück in den Dschungel
Vor Jahren hat der als Tarzan bekannte Brite (Alexander Skarsgård) den afrikanischen Dschungel verlassen, um als adliger John Clayton, Lord Greystoke, mit seiner geliebten Frau Jane (Margot Robbie) ein standesgemäßes Leben zu führen. Jetzt wird er vom Parlament als Sonderbotschafter für Handelsfragen zurück in den Kongo geschickt, ohne zu ahnen, dass er nur als Schachfigur in einem tödlichen Komplott aus Rache und Habgier dienen soll – eingefädelt hat es der Belgier Leon Rom (Christoph Waltz). Andererseits begreifen auch die Drahtzieher dieses mörderischen Plans nicht im Mindesten, welche Lawine sie damit ins Rollen bringen.
![](https://www.qmde.net/www.quotenmeter.de/pics/warnerbros/features/legendoftarzan/legendoftarzan_02__W200xh0.jpg)
Überhaupt ist «Legend of Tarzan» ein Film, der mehr noch als der zuletzt ebenfalls als düster-erwachsene Interpretation eines Jugendklassikers eingeordnete «The Jungle Book» auf eine nahezu humorbefreite Inszenierung setzt. Unterstrichen wird dieses Erscheinungsbild von fehlenden Kontrasten und einem farblich einheitlichen Grundton, der auf allzu grelle Akzente verzichtet, wodurch die Umgebung nicht selten zu einem einheitlichen Grau-in-Grau wird, dessen Tristesse im Zuge dramaturgischer Höhepunkte von anhaltenden Regenfällen unterstrichen wird. Das wirkt im Laufe der knappen zwei Filmstunden immer wieder ermüdend, optisch ansprechend ist diese sehr reife «Tarzan»-Ausrichtung dennoch, wozu nicht zuletzt auch die Attraktivität des Hauptdarstellerpärchens beiträgt. «Legend of Tarzan» wirkt elegant kühl, was sich leider stark mit einigen Effekten beißt, die mit aktuellen technischen Meisterleistungen wie dem bereits erwähnten «The Jungle Book» oder sogar dem inhaltlich zwar anstrengenden, technisch jedoch überragenden «BFG» nicht mithalten können.
Obwohl «Legend of Tarzan» im Anbetracht des aktuellen Technik-Standards eigentlich dafür prädestiniert wäre, auf der Ebene der Effekte zu überzeugen, ist die Qualität des aus dem Computer stammenden Spektakels schwankend. Besonders in den überdurchschnittlich oft als dramaturgisches Stilmittel gewählten Zeitlupen wollen CGI und haptische Kulissen nicht zueinander finden. Lässt sich in dynamischeren, mit schnellen Schnitten untersetzten Actionszenen noch gut verschleiern, dass manch eine Bewegung diverser Tiere nicht ganz dem natürlichen Ablauf entspricht, sind die Slow-Motion-Szenen von einer merkwürdigen Künstlichkeit. Wenn Tarzan gegen ein ausgewachsenes Affenmännchen kämpft, geht die unrealistische Darstellung sogar so weit, dass man bisweilen glaubt, selbst Alexander Skarsgård würde hier nicht mehr höchstpersönlich vor der Kamera stehen.
Überhaupt erinnert gerade diese Szene stark an den berühmten Bärenangriff aus «The Revenant», zu dem «Legend of Tarzan» im direkten Vergleich allerdings auch klar den Kürzeren zieht. Manche Nahaufnahmen während des ersten Kontakts zwischen den Affen und dem kleinen Tarzan sind indes bemerkenswert naturgetreu. Auch ein Angriff von Nilpferden entspricht einer modernen, fotorealistischen Optik, bei der die Computeranimation nicht zu erkennen ist. Im Finale wiederum fahren die Tricktechniker schließlich ein zwar imposantes, dabei jedoch auch seelenloses Effektgewitter auf, zu dem wir an dieser Stelle nur eines loswerden wollen: Auch ein noch so durchtrainiertes Gnu kann einfach nicht in einem 90-Grad-Winkel um die Ecke springen.
Außen hui, innen... nicht mehr ganz so hui
![](https://www.qmde.net/www.quotenmeter.de/pics/warnerbros/features/legendoftarzan/legendoftarzan_09__W200xh0.jpg)
So richtig zusammenpassen will in «Legend of Tarzan» also nichts; da ist es fast konsequent, dass der eine Teil der Darsteller ob der nicht zu leugnenden Inhaltsleere kaum etwas zu tun bekommt (die Interaktion zwischen Alexander Skarsgård und Margot Robbie beschränkt sich auf ein gegenseitiges Anschmachten, Skarsgård erfreut seine weiblichen Fans immerhin mit einem perfekt geshapten Oberkörper und die Figur von Samuel L. Jackson dient einzig und allein dazu, dem Zuschauer immer wieder den Status der Handlung einzubläuen), während ein Christoph Waltz («James Bond 007: Spectre») beweist, dass dieser ohne seine typische Tarantino-Attitüde durchaus überfordert ist. In «Legend of Tarzan» fährt sein üblicher Schurkenmodus auf Sparflamme; authentisch angsteinflößend ist das nicht.
Fazit
Die Idee hinter «Legend of Tarzan» ist gerade aufgrund der sehr erwachsenen Inszenierung gar nicht so schlecht. Visuell besticht der Blockbuster mit fein komponierten Bildern berauschender Naturkulissen, in die sich jedoch weder die qualitativ wankelmütigen Effekte, noch die Darsteller so richtig einfügen mögen. Inhaltlich sagt David Yates weder etwas Neues aus, noch gestaltet sich sein Dschungeltrip sonderlich unterhaltsam. Diese Neuinterpretation von «Tarzan» hätte man sich daher schenken können.
«Legend of Tarzan» ist ab dem 28. Juli in den deutschen Kinos zu sehen – auch in schwachem 3D!
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel