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Zehn Folgen, zehn Sensationsquoten – das war die Bilanz der fünf Wochen, in denen die erste Staffel der Serie ausgestrahlt wurde. Gut zweieinhalb Millionen Menschen sahen zu, in der werberelevanten Zielgruppe wurden für VOX-Verhältnisse gigantische 12,8 bis 15,4 Prozent Marktanteil verbucht. (Mehr dazu in unserem Quotencheck.)Nachdem Season eins sehr tolle 12,8 bis zu herausragenden 15,4 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe generierte und beispielsweise mit dem Deutschen Fernsehpreis gekrönt wurde, hat Staffel zwei mit entsprechend großen Erwartungen zu kämpfen. Und nicht nur das: Mit dem Finale der Vorstaffel hat sich die Grundkonstellation des Formats erheblich verändert – was Runde zwei einige erzählerische Startschwierigkeiten einbringt, müssen die Autoren Arne Nolting und Jan Martin Scharf doch im Staffelauftakt die Nachwirkungen dieser Geschehnisse aufbereiten, alte Konflikte beschwichtigen und neue vorbereiten. In den ersten rund 45 Minuten der zweiten Staffel erweist sich dies als etwas erschöpfende Übung …
Hugo ist endlich aus dem Koma erwacht, nicht all zu lang davor ist allerdings Schönling und Kodderschnauze Alex (Timur Bartels) verstorben – nicht bevor er seinen Freunden das Versprechen abgerungen hat, dass sie sein nicht gelebtes Leben untereinander aufteilen und an seiner Stelle auskosten. Die zwei Club-Anführer Leo und Jonas (Tim Oliver Schultz und Damian Hardung) sind derweil dank ihrer neuen Beinprothesen wieder „gut zu Fuß“, allerdings kommen sie mit dieser Errungenschaft unterschiedlich klar, womit sich Unfrieden zwischen ihnen breit macht. Und die aus dem Krankenhaus entlassene Emma (Luise Befort) befindet sich quasi zwischen den Stühlen: Während ihre Mutter sie dazu drängt, sich endlich durchweg gut zu ernähren und dahinter zu klemmen, wieder voll ins Leben zurückzufinden, verbringt die schlanke Teenagerin ihre Zeit viel lieber bei ihren Freunden im Hospital …
In «Der Club der roten Bänder» wird das „Zwischenreich“, in dem sich Komapatienten ebenso befinden wie Patienten, die bereits weggetreten, aber noch nicht völlig gestorben sind, als leerstehendes Freibad dargestellt. Mit betongrauen Bauten und türkisfarbenem Nass. Als zu Beginn der Staffelpremiere eine Schlüsselfigur mit eben diesem einladenden Wasser kämpft, platscht und trampelt und keucht er vor sich hin, während die Kamera dies in ästhetischen, klar strukturierten Bildern einfängt – im Gegenschnitt: Die hektische, dunkle, verwackelte reale Welt des OP-Saals. Und auf gewisse Weise steht dieses Zwischenreich symbolisch für die erste Episode der zweiten Staffel.
Handwerklich geht alles den gewohnten, lobenswerten Gang – was wohl auch daran liegt, dass die Crew förmlich durch die Bank weg beibehalten wurde. Gut ausgeleuchtet, mit leuchtenden Farben und akzentuierten Schatten. Die Darsteller werden so in Szene gesetzt, dass ihr Zusammenspiel wirksam rüberkommt und der Schnitt lässt die pointierten Dialoge wirklichkeitsnah ausplätschern. Und dennoch paddelt der «Club der roten Bänder» angestrengt um sein erzählerisches Überleben: Die Staffelpremiere hat noch immer mit der Trauer um Alex zu tun, mit der Freude über Hugos Erwachen, mit den Diskussionen rund um Emmas Liebes- und Lebensentscheidungen, darüber hinaus gibt es große Sorgen um den älteren Patienten Benito (Matthias Brenner) und dann noch gibt’s genügend Aufs und Abs zwischen Leo und Jonas, dass dieser Plotstrang allein zwei Folgen füllen könnte. Und dann muss noch Alex‘ neue Funktion im Club eingeführt werden …
Da obendrein praktisch jede Entwicklung innerhalb der Freundesgruppe sowohl mit Humor als auch mit Nachdenklichkeit angepackt wird – und es dann noch gelegentlich zu ruhigeren Atempausen bei emotionaleren Handlungswenden kommt, ist die Folge schlicht überfrachtet: Es passiert extrem viel und dies wird so gedrängt mit verschiedenen Brillen betrachtet, dass die Handlungsbögen förmlich auf ihre Extrempunke reduziert werden müssen, um alle Platz zu finden. Die gefühlsmäßig plausible, schrittweise Narrative, die «Club der roten Bänder» für den Großteil der ersten Staffel ausmachte, geht dabei verloren.
All zu viel Unmut muss sich daher unter Fans aber nicht breit machen. Wir erinnern uns zurück: Auch Staffel eins hatte kleine, alsbald überkommene Anlaufschwierigkeiten. Ähnlich scheint es in Runde zwei abzulaufen: Schon Folge zwei und drei der neuen Season ziehen qualitativ am schwachen Neustart vorbei. Vor allem Ivo Kortlangs Toni gibt den Episoden in seiner neuen Position als Hugos freiwilliger Dauerbetreuer viel Humor und Herz mit, zudem kristallisiert sich nach dem Chaos der Staffelpremiere ein grundlegendes, alle Hauptfiguren einendes Thema heraus: Die Frage danach, wie sehr man an Freundschaften festhalten soll und muss, wenn das Leben jedem einzelnen unterschiedliche Pfade eröffnet. Dies bringt eine größere Anspannung mit sich, die die Club-Dynamik prägt, der das eingespielte Ensemble jedoch mit sprühendem Charme entgegenwirkt, so dass die Serie ihre bittersüße Tonalität beibehält.
Fazit: «Club der roten Bänder» setzt inhaltlich in Staffel zwei dort an, wo Runde eins endete, qualitativ wird das Format aber an die Startlinie zurückgeworfen: Der überfrachtete, emotional daher mehr bemühte, als wirksame Staffelauftakt ist eine große Stolperschwelle – dabei geht es in Episode zwei und drei wieder sehenswert weiter.
«Club der roten Bänder» ist ab dem 7. November 2016 immer montags bei VOX zu sehen – und zwar ab 20.15 Uhr.
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