Milka Loff Fernandes - Vita
- moderierte nach ihrem Abitur 1999 im Alter von nur 19 Jahren erstmals im Fernsehen (VIVA)
- zwischen 1999 und 2004 stand sie u.a. für «Interaktiv», «Inside» und «Film ab» vor der Kamera
- schon im ersten Jahr ihrer «Interaktiv»-Moderation wurde sie von Hape Kerkeling übers Ohr gehauen: Er trat als Frontmann einer fiktiven finnischen Hip-Hop-Formation bei ihr auf
- Mit der Band ohne Namen nahm Milka 2002 den Song "Girl 4 A Day" auf - und erreichte Platz 16 der Single-Charts
- wegen diagnostizierter Epilepsie verabschiedete sich Milka im Februar 2004 vom VIVA-Publikum - anschließend wurde es weitgehend still um sie
In dem Neustart, dessen Ursprung in Großbritannien liegt, dort aber kein allzu gigantisches Interesse hervorrief, sucht ein Kandidat vor laufenden Kameras nach einem Date. Zur Auswahl stehen ihm (oder ihr) sechs formschöne Geschöpfe Gottes, die in verschiedenfarbigen Boxen stehen. Nackt. In drei Stufen bekommt der Kandidat nun mehr und mehr Details präsentiert - erst nur den Unterkörper, dann den Oberkörper und schließlich auch das Gesicht. Nach jeder Runde hat der Kandidat einen der Kandidaten aus dem Wettbewerb zu kicken, wodurch stets die Hälfte der potenziellen Dating-Partner überhaupt nicht zu Wort kommt... und der Rest auch ein eher devotes verbales Artikulationsverhalten an den Tag legt. Am Ende dieser Prozedur muss sich dann auch der Kandidat entblößen und den (oder die) Glückliche(n) für das anstehende Date benennen.
Blut- oder Fleischpenis, das ist hier die Frage
Neben der bemerkenswerten Freizügigkeit dürfte von der Auftaktfolge vor allem in Erinnerung bleiben, mit welchem Elan und welchem analytischen Duktus Moderatorin und Kandidat die Vorzüge und Nachteile bestimmter Äußerlichkeiten diskutieren, die normalerweise im Fernsehen nicht mal angerissen werden. Diesen in jeder Hinsicht freizügigen Umgang mit intimsten Körperregionen kann man nun ebenso gut als erfreulich unverklemmt loben wie als neuesten Auswuchs der televisionären Hemmungslosigkeit problematisieren, in jedem Fall bleibt er hängen - zumal es sich RTL II nicht nehmen lässt, in kleinen pseudo-wissenschaftlichen Einspielern klarzustellen, dass 79 Prozent der Männer einen Blutpenis haben und es keine empirischen Befunde gibt, die den Spruch "Wie die Nase eines Mannes, so auch sein Johannes" belegen. Damit dürfte der tägliche Bedarf an Wissbegierde des typischen RTL-II-Zuschauers am Montagabend hinreichend gestillt sein.
Was unterschwellig in jedem Moment der brutto einstündigen Sendung von Tower Productions mitschwingt, ist jedoch ein tatsächlich reichlich... nunja, schwieriges Menschen- und Partnerschaftsbild: Dödel vor Charakter, Poppes vor gemeinsamen Interessen, Muschi vor Vertrauen. Ob das die Basis einer substanziellen Partnerschaft mit einer gewissen Halbwertszeit ist, darf doch sehr bezweifelt werden. Wie auch das Interesse von Sender und Produktionsfirma, ja vielleicht sogar den Teilnehmern selbst, auf eine solche hinzusteuern. Eher ist davon auszugehen, dass man hier den fleischgewordenen schlüpfrigen Witz verkörpern und möglichst viel junges, nacktes Fleisch in die Kamera halten will, um kalkuliert auf einen Skandal hinzuwirken. Denn RTL II mangelt es am späten Montagabend längst nicht mehr nur an Niveau, sondern auch an Publikumsinteresse.
Bleibt noch die Rolle Milkas zu klären: Die macht eine betont lässige Figur, nimmt die Absurditäten um sie herum weitgehend achselzuckend hin und stellt auch die intimste Frage mit großer Selbstverständlichkeit. Das verleiht der Sendung eine gewisse Restwürde, dürfte es dem einstigen VIVA-Gesicht aber nicht unbedingt leichter machen, künftig seriösere Angebote zu bekommen. Prinzipiell schade, weil sie sehr souverän agiert und ihr beachtliches Moderationstalent einmal mehr unter Beweis stellt - und zugleich selbstverschuldet.
Nackte Attraktion - oder eher gar keine?
Unterm Strich ist «Naked Attraction» wahrlich nicht zu einer großen TV-Attraktion geraten, die man so recht skandalisieren oder überhaupt weiter beachten müsste. Der hohe Fremdscham-Faktor bei mehrminütigen Monologen über intime Körperstellen sowie die generell omnipräsente Textilphobie der Partizipanten bleiben noch am ehesten hängen, während Milka ein ebenso gelassenes wie unscheinbares Moderationscomeback feiert. Das mit dem Prozedere verbundene Menschenbild ist in seiner Oberflächlichkeit fast schon tragisch, aber passend zu diesem Sender und sehr wahrscheinlich dürfte die Quote der festen Bindungen, die aus der ritualisierten Fleischbeschau resultieren, gen Nullpunkt gehen.
Dass auch die Programmverantwortlichen nicht unbedingt glauben, hiermit den ganz großen Fisch an Land gezogen zu haben, legt schon die recht geringe Anzahl an Folgen nahe. Nur viermal darf sich Milka montagabends um 22:15 Uhr versuchen und muss hoffen, ihre Rückkehr ins Fernsehen nicht gleich mit einem saftigen Flop einzuleiten.
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