Die Kino-Kritiker

«Die Mumie»

von   |  5 Kommentare

Es ist der zweite Anlauf für Universals Dark Universe, das Alex Kurtzman mit seinem Abenteuer-Actioner «Die Mumie» einläutet. Wenn alles glatt läuft, folgen schon bald weitere Filme.

Das war eine schwere Geburt! Ursprünglich sollte das von Universal Pictures auf den Weg gebrachte «Monsters Universe» – also ein Filmuniversum, das die größten Monsterfiguren der Popkultur in sich vereint – schon vor drei Jahren seinen Anfang nehmen. Das hat es dann irgendwie auch, nur wollte den Auftaktfilm «Dracula Untold» kaum einer sehen und auch die Kritiken fielen nicht gerade positiv aus. Also ruderte man zurück und erklärte das Projekt vorerst für gescheitert, nur um es im Jahr 2017 noch einmal zu versuchen. Gary Shores ironiefreier Vampir-Actioner wurde kurzerhand aus dem Kanon gestrichen und «Die Mumie» zum Startschuss des fortan «Dark Universe» betitelten Unterfangens erklärt. Und diesmal scheint man sich seiner Sache weitaus sicherer, denn der „Wenn es gut geht, verraten wir unsere weiteren Pläne“-Strategie im Vorfeld zu «Dracula Untold» ist mittlerweile einer „Wir erzählen Euch schon von vornherein, was Euch noch alles erwarten wird!“-Taktik gewichen. Läuft alles so, wie vom Studio erhofft, sollen sich der Mumie in den kommenden Jahren auch noch das Phantom der Oper, der Glöckner von Notre Dame, der unsichtbare Mann, Frankensteins Monster sowie der Wolfmann anschließen; eine mutige, im Anbetracht des aktuell vorherrschenden Comicblockbusterhypes aber auch erfrischende Idee.

Für die Macher ist es daher besonders wichtig, wie ihr Auftaktfilm aus den Startlöchern kommt (in Südkorea übrigens sehr gut, dort hat der Film zum Start sogar einen neuen Rekord gebrochen). Allein von der Qualität her dürfte «Die Mumie» dem Studio keine unvorhergesehenen Probleme bereiten, denn der mit leichten Horrorelementen versehene Abenteuer-Action-Film macht all das richtig, was bei «Dracula Untold» falsch lief und gehört darüber hinaus zu den bislang besten US-Blockbustern des Jahres – und das nicht nur, weil die Konkurrenz da bisher recht übersichtlich ausfällt.

Das Böse wird entfesselt!


Nachdem die machtbesessene, ägyptische Prinzessin Ahmanet (Sofia Boutella) vor Jahrhunderten ein abscheuliches Verbrechen begann, wurde sie von ihrem Volk bei lebendigem Leibe einbalsamiert und auf dem Gebiet des heutigen Irak vergraben. Genau dort begeben sich die beiden draufgängerischen Grabplünderer und Kriegsveteranen Nick Morton (Tom Cruise) und Chris Vail (Jake Johnson) auf eine neue Expedition, als sie durch Zufall mithilfe der smarten Archäologin Jenny Halsey (Annabelle Wallis) das Gefängnis der Prinzessin entdecken. Sie heben das Grabmal aus und bringen den Sarg nach London, doch schon auf dem Weg dorthin ereignen sich unheimliche, übernatürliche Dinge, die ihr Flugzeug zum Absturz bringen. In der britischen Hauptstadt angekommen, entfesselt eine Jahrhunderte alte Macht das ultimativ Böse, zu dem ausgerechnet Nick eine ganz besondere Verbindung zu haben scheint…

Wenngleich sich das Dark Universe als eine Art Auffangbecken für ikonische Horrorgestalten betrachtet, so ist doch gerade der Auftakt des Franchises mehr Abenteuer- denn Gruselfilm. Schon in den ersten dreißig Minuten bekommen wir es mit zwei draufgängerischen Tunichtguten zu tun, die das Publikum in ihrer unbekümmerten Entdeckerlust sofort mitreißen. Schnell wird deutlich: «Die Mumie» gibt sich vor allem abseits der aufwändig inszenierten Actionszenen angenehm amüsant, setzt auf viel Wortwitz, schnelle Schlagabtausche und einen immer wieder herrlich dämlich dreinschauenden Tom Cruise («Jack Reacher – Kein Weg zurück»), der sich den Film mit seiner ebenso charmanten wie tollpatschigen Attitüde wunderbar zueigen macht. Cruise bleibt zwar im weiteren Verlauf immer eine Art Heldenfigur, doch die absolut kurzweilig inszenierten 110 Minuten Laufzeit als unschlagbarer Heroe vollständig auf seinen Schultern zu stemmen, ist überhaupt nicht die Aufgabe seiner Figur.

Das Drehbuch von David Koepp («Inferno»), Christopher McQuarrie («Mission Impossible: Rogue Nation») und Dylan Kussman («Flight») rückt erst Cruises Nick sowie seinen Kompagnon Chris, und anschließend bevorzugt Nick und die clevere Jenny in den Mittelpunkt wodurch «Die Mumie» wesentlich weniger Tom-Cruise-One-Man-Show ist, als zunächst angenommen. Der Abenteuerfilm präsentiert sich als starke Ensembleleistung und macht dann am meisten Spaß, wenn so viele Darsteller wie möglich miteinander interagieren dürfen. Das gilt übrigens auch für «Kingsman»-Schurkin Sofia Boutella, die hier als furchteinflößend zurcht geschminkte Mumie (und in Rückblenden ebenso verführerische Prinzessin Ahmanet) Ärsche treten und Menschen in ihre Gewalt bringen darf.

«Indiana Jones» mit Mumie


Da ist es fast ein wenig schade, dass sich Regisseur Alex Kurtzman («Zeit zu leben») zeitweise zu sehr in der Idee verliert, Boutellas Mumie müsse sich in London unbedingt eine Armee aus Untoten zusammenstellen. Das hat zwar einige extrem starke Einzelszenen zur Folge (allein eine Verfolgungsjagd, die sich Tom Cruise unter Wasser liefern muss, ist famos inszeniert), doch es nimmt auch den Fokus vom Kampf zwischen Mumie und Heldentruppe. Stattdessen herrscht hier die recht austauschbare Atmosphäre herkömmlicher Schlachtengetümmel vor – immerhin unter so wenig Zuhilfenahme aus dem Computer wie möglich, denn wo sich «Die Mumie» nicht ganz auf die starke Antagonisten-Figur besinnt, spielen die Macher ein anderes Ass umso lieber aus; im Gegensatz zu jüngsten Millionen-Blockbustern wie etwa «Wonder Woman», «Guardians of the Galaxy Vol. 2» oder in Teilen auch «Pirates of the Carribean: Salazars Rache» ist Kurtzmans Film der Aufwand in den Actionszenen jederzeit anzumerken. In «Die Mumie» dürfen Autos explodieren, Scheiben zerspringen und selbst die Freilegung von Ahmanets Grabmal wirkt trotz Inszenierung an einem künstlichen Set so, als hätten die Macher an Originalschauplätzen gedreht. Der Aufwand von über fünfzig verschiedenen Setpieces in diversen Ländern über die USA, Großbritannien bis hin zum Kontinent Afrika steht der Produktion exzellent zu Gesicht. Und wenn in wichtigen Momenten doch einmal Trickeffekte aus dem Computer benötigt werden, verschmelzen CGI und echte Kulisse zu einer solch starken Einheit, dass selbst ein Flugzeugabsturz in Nahaufnahme ziemlich realistisch aussieht.

Während auch die Kameraarbeit von Ben Seresin («Pain & Gain») dazu beiträgt, die Opulenz im Effektspektakel zu betonen, stellt sich der Schnitt dem imposanten Seherlebnis hier und da in den Weg. Manche Übergänge wirken so unsauber, dass man fast glauben möchte, dass hier bereits im Vorfeld die Schere angesetzt wurde, um kein R-Rating respektive eine FSK-Freigabe ab 16 zu riskieren, dabei wäre das im Anbetracht eines anvisierten Horror-Franchises eigentlich gar nicht so tragisch. So aber ist «Die Mumie» ein zwar betont düsterer, aber mit Ausnahme einiger harmloser Todesszenen auch kaum brutaler Film geworden. Unter diesen Voraussetzungen ist es schwer abzuschätzen, wohin sich das Dark Universe noch entwickeln wird. Auch der im vornherein groß angekündigte Auftritt Russell Crowes («The Nice Guys») als Dr. Henry Jekyll hinterlässt so erst einmal ein Fragezeichen. Ob seine ikonische Figur nun wie ein Nick Fury in den «Avengers»-Filmen fungieren soll, oder in den kommenden Geschichten doch eher wie eine eigene Schurkenfigur betrachtet werden soll, darüber lässt einen «Die Mumie» noch im Unklaren. Sein kurzes Stelldichein in dieser Produktion verleiht der ganzen Geschichte indes zusätzliche Würze, denn seine Pläne durchkreuzen die eines Tom Cruise beharrlich. Als das Geschehen von außen betrachtende Figur funktioniert dieser Dr. Jekyll immerhin ganz ausgezeichnet. Und es gleichsam auch seine kontroverse Auslegung von Gut und Böse, die für die kommenden Monsterfilme des Dark Universe genug Zündstoff bieten wird. Und natürlich das Schicksal von Nick Morton, der sich bereits in diesem einen Film als idealer Indiana-Jones-Nachfolger beweist. Wir wollen mehr davon!

Fazit


Ein bisschen zu viel Zombie, einen Tick zu wenig Mumie, dafür jede Menge handgemachte Action, tolle Kulissen und sehr viel Humor: Alex Kurtzmans «Die Mumie» ist ein starker Einstieg in Universals Dark Universe und kombiniert altmodisches Abenteuerflair mit düsterem Fantasy-Entertainment, das beim nächsten Mal aber gern noch ein wenig blutiger ausfallen darf. Wir schauen der Zukunft des Franchises wohl gestimmt entgegen!

«Die Mumie» ist ab dem 8. Juni in den deutschen Kinos zu sehen - auch in 3D!

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Es gibt 5 Kommentare zum Artikel
Quotermain
08.06.2017 08:55 Uhr 1
Kürzlich hatte Sid einen ganz netten Artikel über Spartenkino geschrieben, das manche Filme kaum zu finden sind, obwohl ansehnlich.



Der Grund, warum manche Filme keine Zuschauer finden bzw. umgekehrt liegt aber nicht nur in den Kinos, sondern auch in den Kritikern.

Wer so oft, Filme "wohlwollend bewertet", dem glaubt auch niemand mehr bei richtig guten Filmen.



Bei Rottentomatoes.com sind es bisher 25%..für Tom's Mumienfilm, nur so nebenbei.



"Rolling Stone Magazine" frei übersetzt: Epic Fail. Digitale Verzweiflung erzeugt durch überarbeitete Computer.
Anonymous
08.06.2017 15:34 Uhr 2
Weil die Mehrheit der (US-amerikanischen) Kritiker den Film niederschreibt, muss Antje es also auch? Heißt das im Umkehrschluss, dass sie auch loben muss, was die Mehrheit der US-Kritiker feiert? Wozu dann überhaupt Kritiken veröffentlichen, wenn der Rottentomatoeswert das Maß aller Dinge ist? ;)
Quotermain
09.06.2017 09:49 Uhr 3
Zitat: "Wozu dann überhaupt Kritiken veröffentlichen, wenn der Rottentomatoeswert das Maß aller Dinge ist? ;)"



Rottentomatoes wurde als Vergleich erwähnt.

Bevor man für zwei Personen 50 euro am Wochende im Kino ausgibt (mit Essen), sollte man mehrere Meinungen einholen.



Es ging um "wohlwollend bewertet", denn erstaunerlicherweise werden viele Kritikpunkte mit anderen Kritikern geteilt.

Es ist aber nicht erkennbar, warum der Film trotz der vielen im Text erwähnten Fehler und Mängel, als sehenwert bezeichnet wird.

Der Text liest sich wie eine 50% und kommt dann zum Fazit: Trotz allem: Popcorn raus, super. Gerne mehr davon.

Angebracht wäre eher: Viel Luft nach oben



EDIT: Ergänzung zu Rottentomatoes. Das ist zwar eine englischsprachige Seite, aber dennoch sehr international. Ich würde nicht so weit gehen, dort verlinkte Kritiken aus Neuseeland, der Times (england), oder die "South China Morning Post" als US-Kritiken zu bezeichen…
Sentinel2003
09.06.2017 10:15 Uhr 4
Da hat tatsächlich jemand auf facebook geschrieben: "weil Herr Pönack - genannt "Pöni" den Film "Billy Seal" auch mit Tom kritisiert und wohl gnadenlos "zerrisen" hat, geht er wegen dessen Kritik nun nicht ins Kino"! Da sagt ein anderer dann zu ihm: "Ernsthaft? Du machst deinen Kino Besuch NUR von Herrn Pönack abhängig??"



Finde ich auch sehr stark übertrieben!
spacemystery
11.06.2017 06:20 Uhr 5
Ach Nö, nicht schon wieder Tom Cruise als "Schauspieler"!?

Die Trailer zum Film sind allerdings schon interessant!

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