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Aber das alles muss nicht das Ende von 3D im Kino bedeuten. Die Hollywood-Studios sollten es dennoch als Warnschuss verstehen: Wie in den vergangenen Jahren 3D umgesetzt, vermarktet und eingesetzt wurde, ist suboptimal – und sofern noch Interesse daran besteht, 3D-Filme nicht wieder verschwinden zu lassen, muss also an manchen Stellschrauben gedreht werden …
Weniger 3D-Filme sind mehr
Hätte in den 30er-Jahren ein Filmkritiker oder Studioboss gefordert, den Anteil an Farbfilmen klein zu halten und nur Produktionen in Farbe zu veröffentlichen, die möglichst viel aus dieser cineastischen Realitätsannäherung holen, so würde man ihn rückblickend verlachen. Zu Beginn des modernen 3D-Booms mutmaßten vereinzelte 3D-Befürworter, dass es mit der dritten Dimension genauso verlaufen wird: Einige Filme nutzen die Illusion kreativ, andere sind halt einfach in 3D, weil es echter ist und irgendwann eh alle Filme in 3D sind. Und das Publikum wird es zu akzeptieren lernen, ähnlich wie beim Farbfilm, der ja auch nicht immer Farbe als nennenswertes narratives Mittel nutzt.
Doch diese Entwicklung will sich partout nicht einstellen. Um 3D vorm Koma zu bewahren (bis es dann der Erfahrung nach in zehn, 15 Jahren eh zurückkehren wird), ist es für die 3D-Anhänger unter den Kreativen und Konsumenten an der Zeit zu erkennen, dass es sich nicht als das neue Normal durchsetzen lässt. Also zurück zu den Wurzeln: 3D als Event. 3D darf vom Publikum nicht weiter als zuweilen lästige Dauerpräsenz wahrgenommen werden, sondern muss wieder zu einer Besonderheit werden, auf die es sich zu warten lohnt. Daher sollten Verleiher ihre Startpläne ordentlich ausmisten …
Die Regie hat Recht
Der größte Übeltäter in Sachen 3D-Überfluss ist Disney: Wenn etwas aus dem Haus der Maus kommt, so ist nahezu garantiert, dass es in 3D erscheint. Die Ausnahmen in den vergangenen Jahren sind ungeheuerlich rar gesät – das Schachdrama «Queen of Katwe» etwa kam nur in 2D raus, weil wohl selbst Disney einsieht, dass Kinogänger irgendwo eine Grenze ziehen, was sie in 3D zu akzeptieren gewillt sind. Und auch «Lone Ranger» sowie «A World Beyond» liefen nur in 2D, weil sich die Regisseure Gore Verbinski und Brad Bird lautstark gegen eine 3D-Auswertung ausgesprochen haben. Gleichwohl können sowohl Andrew Stanton («John Carter») als auch J. J. Abrams («Star Wars – Das Erwachen der Macht») ein Lied davon singen, dass eine persönliche 3D-Abneigung nicht bedeutet, dass Disney auf eine Konvertierung verzichtet.
Wollen sie dem wachsenden Frust über 3D entgegenwirken, müssen die Hollywood-Studios (und ganz besonders die diversen Disney-Häuser) einsehen: 3D hat dann den höchsten Mehrwert, wenn es künstlerischen Rückhalt genießt. Plant die Regie ihren Film in 3D oder überwacht wenigstens intensiv die Konvertierung, so ist die Chance viel höher, dass die zusätzliche Dimension dem Werk einen Mehrwert verleiht. Ja, den 3D-Fans gehen so vielleicht einige glückliche Zufälle abhanden, so wie «Star Wars – Das Erwachen der Macht», der trotz Abrams' Ablehnung in 3D einen netten Punch hat. Aber wenn nur das in 3D erscheint, was auch 3D-freundlich inszeniert wurde, so bekommen alle, die ein 3D-Ticket lösen, viel häufiger eine angenehme Erfahrung geboten. Dann ist nämlich die Dichte an Filmen von 3D-Anhängern wie James Cameron, Michael Bay, James Gunn oder Wim Wenders viel höher …
Weg mit dem 3D-Zuschlag
Der 3D-Zuschlag wurde einst eingeführt, weil Kinobetreiber die Kosten für die Umrüstung auf 3D somit auf das Publikum abwälzen wollten. Mittlerweile dürfte der Umbau doppelt, dreifach und vierzehnfach abbezahlt sein. Also ist es verflixt noch eins an der Zeit, den 3D-Zuschlag wieder abzuschaffen. Ja, 3D benötigt eine höhere Lampenleistung als 2D und ist somit mit dezent höheren Betriebskosten verbunden – doch das nehmen Kinobetreiber bislang auch nicht zum Anlass, EclairColor-Vorführungen mit einem Aufpreis zu versehen. Wieso also weiter die 3D-Anhänger schröpfen sowie Fans von Filmreihen, die bevorzugt in 3D veröffentlicht werden?
Gewiss werden sich die Kinos als auch die einen Anteil der Kinoeinnahmen erhaltenden Verleiher zunächst dagegen sträuben, einen bis vier Euro pro Karte weniger zu verdienen (je nach Kino variiert der 3D-Zuschlag ja aktuell enorm). Aber das ist bloß ein Symptom ihres kurzfristigen Wirtschaftens: Wieso jetzt nur 10 Euro pro Karte einnehmen, wenn es auch mehr sein könnte? Die Antwort auf diese Frage lautet: Kundenbindung und somit langfristig größere Einnahmen.
Wenn 3D-Vorführungen dasselbe kosten wie 2D-Vorführungen, wagen sich 3D-Zweifler wieder eher in diese Vorführungen, weil sie dadurch, ihre unfavorisierte Fassung zu sehen, zumindest keinen finanziellen Nachteil erhalten. Ein «Transformers»-Fan, der zugleich 3D-Hasser ist, wird bei Teil sechs also nicht bis Kinowoche fünf warten, wenn der Film mal am Rabatttag zufällig zu einer ihm bequemen Uhrzeit läuft. Er wird sich vielleicht wieder mit Freunden am Startwochenende auf eine Kinosause mit Popcorn, Bier und Nachos einlassen.
Wenn eine 3D-Vorführung dasselbe kostet wie eine 2D-Vorführung, lassen sich Kinogänger nicht mehr so schnell verprellen, sollte ein 3D-Film mal wieder nichts aus der Illusion machen – es war ja immerhin keine Abzocke. Und bei günstigeren Tickets geht man auch mal eher auf Verdacht rein – und schaut sich dann vielleicht fürs Spektakel auch einen 3D-Film an, der einen gar nicht interessiert, und hofft, sich überraschen zu lassen. Und so werden hoffentlich 3D-Kleinode wie «Die fantastische Welt von Oz» oder «Every Thing Will Be Fine» künftig wieder stärker beachtet, weil sie nicht mehr im Überangebot untergehen.
Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
31.07.2017 16:03 Uhr 1
31.07.2017 17:21 Uhr 2
Und wie oben geschrieben - 3D muss Event sein, wie z.B. Avatar und dann auch richtiges 3D und nicht dieser konvertierte Dreck, der im überwiegenden Teil der Filme aber auch gar nichts zur Qualität eines Streifens beiträgt. Und wenn man knapp €30 zu zweit für konvertiertes 3D zahlen muss, macht Kino schon lange keinen Spaß mehr...