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Auf dem Papier klingt der Wechsel von der «The Voice»-ähnlichen Team-Competition zum von Heidi geleiteten, eher traditionell gehaltenen Einzelwettbewerb wie eine größere inhaltliche Neufärbung der Produktion. De facto unterscheidet sich «Germany’s Next Topmodel» aber gar nicht so sehr von den vergangenen Staffeln. Ohnehin war vom Team-Wettbewerb zwischen Michalsky und Thomas Hayo gerade 2018 gar nicht mehr so viel zu spüren. Wer die Challenges für sein Team gewann, war häufig nur noch nebensächlich, denn am Ende wurde aus dem Format ohnehin wieder ein Einzelkampf der Model-Talente. Weiter treu bleibt sich «GNTM» nach wie vor auch mit dem wöchentlichen Shooting, einem Walk zum Ende und Trainingseinheiten dazwischen. Alleine dies sorgt schon für die gewohnte Episodenstruktur.
Wie schwer wiegt das neue „Himmel-und-Hölle-Konzept“?
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Ähnliches kennt man aus Sendungen wie «Big Brother», die ein ähnliches Himmel-und-Hölle-Konzept verfolgen, das dort aber wesentlich extremer ausfällt und im Falle von «GNTM» bislang nicht wirklich Unterschiede brachte. Nun geht es nach Los Angeles, wo sich zeigen wird, ob das Format an der Aufteilung der Teams festhält. Eine zusätzliche „Wildcard“ für die Gastjuroren soll die Spannung bei der Entscheidung erhöhen. Sie können von Heidi eigentlich schon herausgeworfenen jungen Frauen zu einer zweiten Chance verhelfen. Gerade in den ersten Wochen verfehlte dies aber seinen Effekt. Entweder weil das Ziehen der „Wildcard“ abgesprochen wirkte oder weil Zuschauer am Anfang ohnehin noch nicht wirklich mit einzelnen Kandidatinnen mitfiebern.
Crossmedialität lautet das «GNTM»-Zauberwort
Die interessanten Änderungen zeigten sich im Falle von «Germany’s Next Topmodel» tatsächlich nicht in der Produktion, sondern außen herum. Denn ProSieben verschrieb sich zur neuen Staffel einem neuen crossmedialen Konzept, das auf möglichst vielen verschiedenen Plattformen die Inhalte der Sendung abspielen und weiterdenken soll. Hier nimmt vor allem Klaudia Giez, besser bekannt als „Klaudia mit K“, eine Schlüsselrolle ein. Die Teilnehmerin der vergangenen Staffel entwickelte sich im Vorjahr zum Charakterkopf, auf den die Sendung in diesem Jahr wieder baut – und zwar als Moderatorin. Das Model kommentiert nicht nur nach den Sendungen auf ihrem Instagram-Kanal mit knapp 360.000 Followern die Geschehnisse, sondern zusammen mit Melissa Kahalaj auch im Online-Format «#GNTM – The Talk» und einem immer freitags erscheinenden Begleitpodcast. Beide sind über die Digitalplattformen ProSiebens frei abrufbar.
Garniert wurden diese neuen Formate schon im Vorfeld der Staffel um Video-Steckbriefe der Kandidatinnen und eine umfangreiche digitale Erlebniswelt der Sendung. Dazu zählen auch wieder die offiziellen Instagram-Accounts der einzelnen Kandidatinnen mit Influencer-Ranking. Unterm Strich macht die ProSieben-Show mehr denn je Jagd auf die ganz jungen Zuschauer, was mit der Sensations-Quote bei 14- bis 49-Jährigen zum Staffelauftakt von Erfolg gekrönt zu sein scheint. Ob es einfach eine Begleiterscheinung unserer Zeit ist oder ob bewusst danach gecasted wurde? Jedenfalls haben mehr Teilnehmerinnen denn je bereits eine große Instagram-Basis, die schon vor Beginn der Staffel teilweise riesige Follower-Mengen versammelte. ProSieben wird das nicht ungelegen kommen, denn schließlich besteht die Wahrscheinlichkeit, dass viele dieser Follower auch am Donnerstagabend zu ProSieben schalten. Man darf also annehmen, dass vor der Auswahl und der Begutachtung der Modeltalente auch Social-Media-Präsenz von Heidis Mädels die Entscheidung beeinflusst hat.
«GNTM» will alles aus sich herausholen
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Derweil lädt sich das Duo Giez/Khalaj in ihre beiden Talk-Formate je zwei der Kandidatinnen ein, um mit ihnen die neueste Folge zu besprechen. Eine inhaltliche Abgrenzung zwischen beiden Formaten ist nicht wirklich gegeben, was teilweise Redundanz zur Folge hat. Sowohl der Video-Talk als auch der Podcast zielen allerdings auf sehr junge Zuschauer ab, wenn beispielsweise nach der „Sexy-Edition“ der Sendung wieder einmal um die Bedenken vor den „Boyfriends“ daheim gesprochen wird. Wie beim Mutterformat selbst ertönt sogar bei allen Formaten der neue Tokio-Hotel-Song als Titellied der Staffel.
Laute inhaltliche Kritik und der zweifelhafte Umgang mit den Jung-Models begleitet «Germany’s Next Topmodel» nach wie vor, doch die ProSieben-Show hat die Zeichen der Zeit erkannt und versucht mit einer der erfolgreichsten Shows des Senders auf so vielen Hochzeiten wie möglich zu tanzen, möglichst alle erdenklichen Plattformen zu bespielen und das Format inhaltlich auszupressen wie eine Zitrone. Das führt selten zum inhaltlichen Mehrwert, dafür aber zu mehr Impressionen denn je, was im Digital-Zeitalter und bei sinkender Fernsehnutzung der jungen Bevölkerung wichtiger ist als die nackte Quote. Wird nach der Staffel ein umfassendes Fazit möglich sein? Das müsste in jedem Fall die Mediatheken-Abrufe der immer öfter online und zeitversetzt angesehenen Sendung umfassen. Gerade der Wert der ungemein vielen neuen Kontakte, die über Social Media und den ProSieben-Plattformen verzeichnet werden, lässt sich aber kaum messen.
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