Hinter den Kulissen
- Regie: Matt Danner, Douglas Lovelace, Greg Franklin
- Drehbuch: Matt Danner, Anne Girard, Randolph Heard, Alex Mack, Christopher Painter
- Musik: Gabriel Mann, Rebecca Kneubuhl
- Schnitt: Matt Chapman, Nicole Quadros , Ryan Samsam
- Design: Edgar Carlos, Chris Moreno, Noëlle Raffaele, Raymond Arrizon, Shaun Bryant
- Executive Producer: Joe Sichta, Sarah Finn, Matt Danner
- Produktionsfirmen: Atomic Cartoons, Disney Digital Network, Disney Interactive, Mercury Filmworks, Six Point Harness
Daher waren Referenzen auf «Drei Caballeros» und Donalds glänzendes Duo an Freunden, Charmeur José Carioca und Wildfang Panchito, für mich stets ein rares, aber riesiges Highlight, wenn sie mir irgendwo begegnet sind. Sei es ein José-Cameo in der kurzlebigen Serie «Neue Micky Maus Geschichten» aus dem Jahr 1999 oder der Umstand, dass im Disneyland Paris einst Donald Duck aufgrund dieses Filmes bei einer die Kontinente dieser Welt zelebrierenden Parade Südamerika repräsentieren durfte.
Hätte man meinem jüngeren Ich also gesagt, dass eines Tages dieser filmische Underdog aus dem Disney-Pantheon einen eigenen Serienableger spendiert bekommt, ich wäre wohl ungläubig und extrem glücklich vom Stuhl gefallen. Aber natürlich wurde es selbst meinem erwachsenen Ich nicht leicht gemacht – denn «Die Legende der Drei Caballeros» bekommt von Disney nicht etwa die verdiente Luxusbehandlung. Nein, die klammheimlich außerhalb der Disney-TV-Trickschmiede entwickelte Serie feierte 2018 völlig ohne Werberummel auf den Philippinen ihre Weltpremiere – auf einer App. Erst 2019 landete die Serie im Fernsehen – in Südostasien. Der Großteil der Welt musste sich bis zum Disney+-Launch gedulden, um die Serie sehen zu können – und selbst die Disney+-Auswertung des Formats hat Disney stiefmütterlich behandelt.
Denn obwohl «Die Legende der Drei Caballeros» in den meisten Ländern technisch gesehen eine Disney+-Premiere ist, ist das Format nicht in der Liste der Disney+-Originale vertreten und wird auch nicht prominent auf der Hauptseite des VOD-Services beworben. Man muss also schon gezielt nach der Serie suchen (und dafür müsste man ja erst einmal von ihrer Existenz wissen) oder aber rein zufällig auf Disney+ ein solches Sehverhalten an den Tag legen, dass der Algorithmus beschließt, dass man sich als nächstes unbedingt «Die Legende der Drei Caballeros» anschauen sollte. Kurzum: Da hat Donald schon das Glück, eine eigene Serie zu erhalten, in der er das Rampenlicht weder mit der Handschuhe tragenden Maus teilen muss, noch mit seinen eigenen Neffen und seinem Geizkragen von Onkel – und dann bekommt Disney es partout nicht gebacken, diese Serie vernünftig unter die Leute zu bringen.
Schön. Wenn der Mäusekonzern seine Arbeit nicht erledigen will, muss ich wohl einspringen und die Welt wissen lassen, weshalb «Die Legende der Drei Caballeros» ein Serienjuwel auf Disney+ ist, das unbedingt angeschaut werden muss!
Gefiederte Freunde: Darum geht es
Es ist der schlimmste Geburtstag, den sich Pechvogel Donald Duck vorstellen kann: Er muss sein Schlemmer-Frühstück stehen lassen, verliert (mal wieder) seinen Job, seine Bude brennt ab und er verärgert unabsichtlich seine Freundin Daisy dermaßen, dass sie ihn verlässt. Bald darauf sieht es allerdings so aus, als würde sich das Glück doch endlich einmal ihm zuwenden: Er erbt ein Anwesen in einer Nachbarstadt Entenhausens – das entpuppt sich allerdings als kleine Kaschemme mit einem durchgeknallten Hausmeister, die er sich obendrein mit zwei anderen Vögeln teilen muss: Dem brasilianischen Papagei José Carioca und dem mexikanischen Hahn Panchito.
Wie sich herausstellt, wurden die Drei gezielt zusammengeführt: Sie sind die Nachkommen drei verwegener Helden, die sich einst der Aufgabe gewidmet haben, einen boshaften, mächtigen Magier in Schach zu halten. Jetzt sollen Donald, José und Panchito in die Fußstapfen ihrer Vorfahren treten, um das Wiedererstarken dieses unerbittlichen Schurken aufzuhalten. Dabei erhalten sie tatkräftige Hilfe von Xandra, der gewitzten Göttin des Abenteuers. Allerdings tut sich Donald schwer damit, sich dem Heldendasein zu widmen – denn er würde viel lieber mit der semi-widerwilligen Hilfe von Daisys Nichten Dicky, Dacky und Ducky seine Angebetete zurückerobern …
Und so entsteht ein 13 Episoden zu je etwa 22 Minuten langes, wundervoll-abwechslungsreiches Kuddelmuddel aus comichafter Situationskomik, Slapstick im Stile klassischer Disney-Cartoons, kosmischer Fantasy-Action und mythologisch angehauchtem Abenteuerspaß, durch das sich die drei Caballeros mit (zumeist) guter Laune, aber auch chaotischer Naivität kämpfen. Jede Folge führt Donald, José, Panchito und Xandra an einen anderen Ort, wo sie oftmals regionalen Sagengestalten begegnen oder sagenumwobene Artefakte auffinden. Sie taumeln durch das Labyrinth des Minotaurus, begegnen alt und unförmig gewordenen Gottheiten, trainieren mit König Artus in Camelot, irren durch eine japanische Unterwelt und werden mittels der Nazca-Linien in eine andere Dimension transportiert.
Diese Ereignisse werden aufgelockert durch Donalds ebenso gut gemeinte wie gemeinhin zum Scheitern verurteilte Bemühungen, Daisy wieder für sich gewinnen. Somit bedient «Die Legende der Drei Caballeros» die aus den langen Comics des legendären Disney-Künstlers Carl Barks und seiner direkten Erben im Geiste bekannte Abenteuer-Mentalität Donalds. Und zugleich hält die Serie die Fackel der kleinen, schnell eskalierenden Alltags-Unglücksmomente aufrecht, die Donald durch einen Großteil seiner Kurzfilme begleitet haben sowie in seinen kürzeren, knapperen Comics – vor allem der Stil der west- und nordeuropäischen Duck-Künstler schimmert in dieser Serie mehrmals durch. Die Serie ist also ein echtes Donald-Sammelsurium – und die Serienschaffenden vermögen es, diese teils widersprüchlichen Elemente, die Donalds Gesamtwerk ausmachen, geschickt zu vereinen.
Denn zu Beginn der Serie haben sie Donald in eine Position manövriert, aus die er unbedingt wieder heraus muss. Aber eingangs scheint es (für ihn) so, als würde jeder Fortschritt bei einem Aspekt seines Lebens einen Rückschritt in einem anderen bedeuten. Die gegensätzlichen Elemente der Serie müssen also sein, da dieses Duell beider "Welten" Donalds Charakterwachstum bedingt.
Das gerät dank sich zügig zuspitzendem Chaos, vergnüglicher Gesangseinlagen, einfallsreicher Spielvarianten internationaler Sagen und zackiger, cartooniger Action äußerst amüsant – und dann weist «Die Legende der Drei Caballeros» auch noch gepfefferten Dialogwitz auf. Nicht nur vom sich selbst überschätzenden José, dem turbulenten, aber auch kindlich-ehrlichen Panchito und der eingangs streng wirkenden, in Wahrheit aber sehr flippigen Xandra, sondern auch von Dicky, Dacky und Ducky, die diese Serie als gewiefte, sarkastische Teenies darstellt – und von Donald höchstpersönlich, der hier so viel zu sagen hat, wie wohl seit «Quack Pack»-Zeiten nicht mehr in einem Bewegtbildmedium.
Die Serie tariert nicht nur ihre Action- und Chaos-Seite gut aus. Die Erzählweise von «Die Legende der Drei Caballeros» findet zudem eine willkommene Balance zwischen episodenhaft und horizontal: Jede einzelne Folge hat einen markanten, eigenen Schauplatz, neue, denkwürdige Figuren und individuelle Abenteuer-Gimmicks sowie cartoonige Comedy-Elemente, die sich von Folge zu Folge voneinander abgrenzen. Somit sticht jede Ausgabe von «Die Legende der Drei Caballeros» heraus – es besteht nicht die typische Gefahr horizontaler Serien, das alle Folgen ineinander verschwimmen.
Aber gleichzeitig erzählen die 13 Folgen der ersten (und hoffentlich längst nicht einzigen) Staffel eine zusammenhängende Geschichte. Die meisten Episoden haben kleine Cliffhanger und es werden episodenübergreifende Handlungsfäden gesponnen: Im Großen mit der Bedrohung durch den machtgierigen Baron von Knurrgans und im Kleinen mit Donald Ducks Dilemma, stets zwischen der Wiederherstellung seiner Beziehung zu Daisy und dem Aufbauen einer Dynamik mit den Caballeros und Xandra zu entscheiden, sowie mit seiner schleichenden Läuterung, dass er sein Temperament und seine Selbstsucht wenigstens etwas kontrollieren sollte.
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