Vor zwei Jahren überraschte die Marvel-Comicverfilmung «Iron Man» an den Kinokassen. Jon Favreaus Leinwandumsetzung mit Robert Downey jr. in der Hauptrolle nahm weltweit über 585 Millionen Dollar ein und überzeugte mit ihrem hohen Tempo, einem kongenialen Downey jr. und einem leicht ironischen Unterton sogar einen Großteil der Kritiker.
Im Filmuniversum ist seit Tony Starks Verwandlung zum Superhelden im eisernen Anzug erst ein halbes Jahr vergangen, wenngleich ein äußerst turbulentes. Nachdem Stark während einer Pressekonferenz seine geheime Identität selbst enthüllte, arbeitete er erfolgreich am Weltfrieden. Der Playboy und technisch überaus bewanderte Firmenchef stieg zu einer der beliebtesten Persönlichkeiten der Weltgeschichte auf und eröffnete in New York die Stark Expo, eine überdimensionale Weltausstellung, welche die Welt in die technische Zukunft führen soll. Außerdem bietet sie dem Milliardär mehr als genug Gelegenheiten um sein gigantisches Ego zu befriedigen. Währenddessen entwickelt sich ein Rechtsstreit zwischen Tony Stark und dem US-Militär, das ihn auf rechtlichem Weg dazu zwingen möchte, seine Iron-Man-Ausrüstung der Armee auszuhändigen. Doch nicht nur dem Militär ist Stark bzw. Iron Man ein Dorn im Auge: Auch sein Mitbewerber Justin Hammer (Sam Rockwell) möchte ihn fallen sehen. Genau daran arbeitet Ivan Vanko (Mickey Rourke), der Sohn eines Arbeitskollegen von Tonys Vater Howard Stark, der mit Hilfe älterer Blaupausen seinen eigenen Superanzug bastelt und es auf Rache für seine Familienehre abgesehen hat.
Angefangen bei «Das Imperium schlägt zurück», hin zu «Pirates of the Caribbean - Fluch der Karibik 2» und «The Dark Knight»: Viele Fortsetzungen bemühen sich, düsterer und komplexer als ihr Vorläufer zu sein. Allerdings ist dieser Stimmungswechsel nicht immer so willkommen wie bei den genannten Beispielen und häufig verliert die Fortsetzung durch die “größer, schneller, weiter, finsterer”-Mentalität viele der Vorzüge des Originals. Bei «Iron Man 2» ist dies jedoch nicht der Fall. Obwohl Autor Justin Theroux («Tropic Thunder») auch die Schattenseiten von Tony Starks narzisstischen Charakter aufzeigt, toppt «Iron Man 2» den rasanten Schwung und den hohen Spaßfaktor des ersten Teils sogar noch. Die Szenen, in denen Tony Stark seinen schleichenden Tod aufgrund einer Vergiftung durch die in seinen Brustkorb implantierte Technologie kaltschnäuzig herunterschluckt oder allen Menschen in seinem Umfeld, insbesondere Assistentin Pepper Potts (Gwyneth Paltrow), vor den Kopf stößt, sind flüssig in die komischeren und actionreicheren Sequenzen eingebaut. Die beste Szene des Films kombiniert letztlich Action, Witz und Tonys charakterlichen Schattenseiten: Auf seiner Geburtstagsparty gibt sich Tony die Kante und geht vollkommen unverantwortlich mit seinem Iron-Man-Anzug um, was seinen Freund Lt. Colonel James Rhodes (Don Cheadle) um die Geduld bringt und zu einer sehr unterhaltsamen Prügelei führt.
Weniger gelungen als die tonale Balance des Films ist die immer auffälligere Hinarbeitung zu Marvels für 2012 geplantes Superhelden-Crossoverspektakel «The Avengers». Beschränkte sich diese in vergangenen Filmen auf kleine Gastauftritte anderer Figuren und subtile Anspielungen, wird in «Iron Man 2» der Vorbereitung auf diesen Film zu viel Zeit eingeräumt. Während die kleinen Cameos von Ausrüstungsgegenständen anderer Superhelden noch überaus witzig sind, kann selbst Samuel L. Jackson als Nick Fury nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Marvel Studios «Iron Man 2» streckenweise als überlangen Trailer für den Avengers-Film nutzen. Überhaupt lädt sich «Iron Man 2» zu viele Handlungsstränge auf. Zwar bremsen sie nicht die Dynamik des Films, aber durch die Vielzahl an kleinen Subplots wird den interessanteren Teilen des Films viel Zeit weggenommen. So lassen die Filmemacher Starks Beziehung zu seiner Assistentin Pepper nahezu vollkommen fallen, nachdem im Vorgänger intensiv an ihr gearbeitet wurde. Und insbesondere von Scarlett Johansson als Starks neue Assistentin Natalie Rushman bzw. durchtrainierte Superagentin Black Widow hätte es wesentlich mehr Szenen geben sollen. Ihre toll choreographierte, furiose Actionsequenz ist ein gutes Gegengewicht, das die CGI-Schlachten zwischen Iron Man und seinen Kontrahenten gekonnt ausgleicht. Diese sind technisch makellos und wissen auf großer Leinwand zu überwältigen, bloß fiebert man als Zuschauer kaum mit und lässt sich eher von den gelungenen Effekten, dem wummernden Score und der guten Schnittarbeit berieseln.
Vor allem aber lebt «Iron Man 2», wie schon «Iron Man », von Robert Downey jr., der sichtlich große Spielfreude an der Rolle des Tony Stark hat. Seine Darbietung des arroganten, größenwahnsinnigen und selbstverliebten Milliardärs mit der Ausstrahlung eines Rockstars und einem tief unter seinem Lebemann-Mantel versteckten guten Herzen macht schlichtweg Spaß und enthält bei aller ironischen Überzeichnung noch genügend Glaubwürdigkeit, um keine Gleichgültigkeit für Tony Starks Schicksal enstehen zu lassen.
Die größte Schwäche von «Iron Man 2» stellen, ebenfalls wie beim Vorgänger, die Widersacher dar. Während bei den «Spider-Man»-Filmen oder auch bei den meisten «Batman»-Filmen die Bösewichter dem Helden ebenbürtig sind, wirken die Antagonisten der «Iron Man»-Reihe neben dem schillernden Downey jr. vollkommen blass. Am ehesten hätte Mickey Rourke das Potential zu etwas Größerem gehabt, da er mit wortkargem, aber intensivem Spiel seiner Figur mühelos eine stille Tragik verleiht. Doch das Drehbuch watscht Ivan Vanko zu schnell ab, als dass er einen wirklich bleibenden Eindruck hinterlassen könnte.
Fazit: Ob «Iron Man 2» besser oder schlechter als der Vorgängerfilm ist, liegt wohl im Auge des Betrachters. Die Fortsetzung des Hitfilms von 2008 ist rasant, unterhaltsam und voll mit beeindruckenden Schauwerten, ist inhaltlich allerdings etwas verfahren. Dennoch wird die Fortsetzung jedem gefallen, der schon den ersten Teil mochte, insbesondere wegen des formidablen Robert Downey jr..