Til Schweiger hat‘s schon lange geschafft. Als Schauspieler ist der gebürtige Freiburger seit «Manta, Manta» dick im Geschäft. 1998 folgte mit «Der Eisbär» sein Debüt als Regisseur und nun gibt der Vater sein Erbe aktiv an seine Töchter weiter, die in immer mehr Schweiger-Produktionen zu sehen sind. Nein, Til Schweiger hat nichts mit der neuen deutschen Komödie «Schlussmacher» zu tun, doch die Gemeinsamkeiten zu Matthias Schweighöfer könnten prägnanter kaum sein. Auch Schweighöfer ist mittlerweile eine feste Größe in deutschen Filmen geworden und versuchte sich erstmals bei «What a Man» als Regisseur. Und als wäre das noch nicht genug bringt der 31-jährige seine Mutter stellvertretend für die Familie in seinen Werken unter.
Doch da ist noch etwas, das die beiden Filmemacher miteinander verbindet: die Auffassung von Humor. Diejenigen, die auf derselben Wellenlänge wie die beiden Filmemacher liegen, werden bei «Kokowääh», «Keinohrhasen» oder eben «What a Man» Tränen gelacht haben – der Rest nicht. Doch selbst wer bei diesen Filmen wenigstens schmunzeln konnte, wird es bei «Schlussmacher» schwer haben. Nach seinem extrem peinlichen Nackedei-Auftritt unterm Brandenburger Tor startet Schweighöfer mit seinem vorläufigen Karriere-Tiefpunkt ins neue Kinojahr.
Paul (Matthias Schweighöfer) ist Schlussmacher. Für eine Berliner Trennungsagentur übermittelt er den Trennungswunsch seiner Kunden an deren zukünftige Ex-Partner. Emotionale Ausbrüche aller Art ist Paul dadurch gewöhnt, aber privat hält er seine Freundin Natalie (Catherine de Léan) vorsichtshalber auf Abstand.
Bei einem seiner Aufträge trifft Paul auf den sensiblen und anhänglichen Toto (Milan Peschel), der die von Paul überbrachte Trennungsnachricht nicht überwinden kann und sich, um nicht allein zu sein, an dessen Fersen heftet. Pauls Dienstreise quer durch Deutschland nimmt fortan chaotische Ausmaße an, denn Toto stellt alles auf den Kopf. Bald drohen Pauls Karrierepläne zu zerplatzen und auch ein Happy End mit Natalie rückt in weite Ferne…
«Schlussmacher» verpasst der Fremdscham eine neue Dimension. Maßgeblich dafür verantwortlich ist das Drehbuch von Doron Wisotzky, der schon das Skript zur Komödie «What a Man» verfasste. Nahezu jedes erdenkliche Klischee verwurstet Wisotzky in seiner Geschichte über einen Typen, dessen Hauptberuf Trennungen sind. Dazu liefert die Handlung eine Aneinanderreihung infantilen Humors, der ganz schwer zu ertragen ist – Fäkalwitze und Späße auf Kosten von Dicken oder Homosexuellen inbegriffen.
Die peinlichste Szene stellt ein Versuch der beiden Protagonisten dar, die Frau eines Kunden in flagranti zu erwischen. Im Hotelzimmer wird die korpulente Gabriele (Manuela Wisbeck aus der RTL-Comedyserie «Böse Mädchen») von Toto verführt, während Paul mit der Kamera bewaffnet hinter der Gardine lauert. Als Gabriele den heimlichen Filmer bemerkt, bricht im Zimmer die Hölle los. Ganze drei Mal nimmt die „Dicke“ Anlauf, wuchtet sich aufs Bett und verprügelt die beiden Männer. Was lustig sein soll, ist in Wirklichkeit unglaublich peinlich. Wisotzky lässt keine Randgruppen aus und zieht ebenfalls über Lesben und – wie soll es anders sein – Russen her.
Eine Charakterzeichnung, mit der sich der Zuschauer identifizieren könnte, wurde dafür vernachlässigt. Milan Peschels Stimmorgan stellt sich zudem schnell als furchtbar nervig heraus. Sowieso gönnt man dem verlassenen Psycho, der seine Pflanzen überall mit hin schleppen muss, keine ruhige Minute. Er brüllt und heult, das Mitgefühl vom Zuschauer wird er für sein Overacting kaum ernten. Und wenn ein Furzwitz gebraucht wird, macht der Nervtöter Yoga gegen irgendeine Allergie. Dagegen mimt Schweighöfer den Geschäftsmann mit der harten Schale, der im tiefen Innern aber einen gaaaaanz weichen Kern hat. Til Schweiger lässt grüßen.
4,2 Millionen Euro soll «Schlussmacher» angeblich gekostet haben. Für das Drehbuch blieb scheinbar recht wenig Geld übrig. Stattdessen darf das Nerv-Duo mit einem Mercedes über eine Mauer in die Tiefe stürzen und auf Stromleitungen hängen bleiben. Woher das Geld für solche Manöver stammt, bleibt dem Zuschauer nicht verborgen. Zufällig diskutieren Paul und Toto gleich mehrere Male vor dem Werbeplakat eines Datingportals, telefonieren über ein rotes Telekommunikationsunternehmen oder essen Keksriegel mit Schokoladenfüllung bei einer Dose Energydrink. Ob sich der Film bei seiner späteren Fernsehausstrahlung den Stempel „Dauerwerbesendung“ abholen darf, bleibt abzuwarten.
Schweighöfers zweite Regiearbeit eignet sich nur für Menschen mit speziellem Humor. Und für diejenigen, denen eh egal ist, was der Junge produziert – Hauptsache es gibt wieder einen neuen Film mit dem süßen Blonden, der auch immer in den Til Schweiger-Schmonzetten dabei ist. Was interessiert da die uninspirierte Regie, mit der sich der gute Matthias noch ein wenig auseinandersetzen muss. Dann stellt er vielleicht auch mal fest, dass man nicht jedes Mal einen Finger in Großaufnahme zeigen muss, wenn jemand an der Haustür klingelt. Oder dass man Ortswechsel auch erzählen kann, ohne jedes Mal die Stadt mit einem Schwenk vom Kamerakran zu zeigen.
«Schlussmacher» ist zweistündiger Klamauk auf niedrigstem Niveau. Wenn man hoffnungslos denkt, dass die Geschmacklosigkeiten und Qualen endlich vorbei sind, geht es noch schlimmer weiter. Am Ende bleibt nichts als Ärger über so viel filmischen Dünnschiss.
«Schlussmacher» startet am 10. Januar in den deutschen Kinos.