Hinter den Kulissen
- Regie: Andreas Prochaska
- Drehbuch: Martin Ambrosch
- Kamera: Andreas Berger
- Szenenbild: Isidor Wimmer
- Kostümbild: Ulrike Fessler
- Schnitt: Daniel Prochaska
Ein Schuss, der zum Ersten Weltkrieg führte: Am 28. Juni 1914 werden der österreichische Thronfolger Franz Ferdinand und seine Frau Sophie in der bosnischen Hauptstadt Sarajevo bei einem Attentat getötet. Kurz darauf soll der junge Untersuchungsrichter Leo Pfeffer die aus Serbien stammenden Attentäter vernehmen und eine Anklage vorbereiten. Pfeffer wird bei seiner Arbeit seitens der Politik allerdings gewaltig unter Druck gesetzt. Aus Berlin und Wien kommen unmissverständliche Botschaften: Die Schuld der Serben soll als zweifelsfrei bewiesen dargestellt werden, damit es einen Vergeltungskrieg geben kann. Der gewissenhafte Jurist aber entdeckt mehr und mehr Ungereimtheiten, die auf eine Verschwörung hindeuten …
Darsteller
Heino Ferch («Der Baader Meinhof Komplex») als Dr. Herbert Sattler
Florian Teichtmeister («Die Auslöschung») als Leo Pfeffer
Melika Foroutan («Unter Feinden») als Marija Jeftanovic
Edin Hasanovic («Die Fremde») als Danilo Ilic
Friedrich von Thun («Der Stellvertreter») als Sektionsrat Wiesner
Erwin Steinhauer («Das finstere Tal») als Oskar Potiorek
Juergen Maurer («Vier Frauen und ein Todesfall») als Justizchef Fiedler
Reinhard Forcher («Die Bergretter») als Franz Ferdinand
Kritik
Während der Zweite Weltkrieg in unzähligen Romanen, TV-Serien, Comics und Filmen fiktional bearbeitet wird, sind solche Auseinandersetzungen mit dem Ersten Weltkrieg eher rar gesät. Zu den bekannteren filmischen Beispielen der jüngeren Zeit zählen Steven Spielbergs Oscar-nominiertes Drama «Gefährten», das australische Actiondrama «Forbidden Ground» oder die internationale Gemeinschaftsproduktion «Merry Christmas». Einige der im Umfeld des Ersten Weltkrieges spielenden Filme sind thematisch sogar enger mit dem Zweiten Weltkrieg verbunden – so sinniert Michael Haneke im 1913 und 1914 spielenden Drama «Das weiße Band» über die gesellschaftlichen Mechanismen, die den Aufstieg des Nationalsozialismus begünstigten.
Aktuell kommt dem Ersten Weltkrieg jedoch anlässlich seines 100. Jahrestages wieder verstärkt mediale Aufmerksamkeit zu. Obgleich das historisch interessierte Publikum schlicht die thematische Abwechslung begrüßt oder die Gedenkkampagnen erste Früchte tragen: Die Fernsehzuschauer belohnen dies durchaus mit guten Werten. In Österreich brachte es die TV-Produktion «Das Attentat – Sarajevo 1914» etwa mit ihrer Mischung aus Thriller-Elementen und Melodramatik auf eine sehr gute Reichweite von 613.000 Fernsehenden.
Wenige Tage später strahlt auch das ZDF das deutsch-österreichische Projekt aus und zeigt somit eine Fakt und Spekulation vereinende Beschäftigung mit den Stunden nach dem folgenschweren Attentat auf den österreichischen Thronfolger Franz Ferdinand. Im Zentrum der Erzählung steht der renitente Untersuchungsrichter Leo Pfeffer (facettenreich und empathisch gespielt von Florian Teichtmeister), der die Anklage gegen die Attentäter erheben soll, aber durch die Umstände der Tat und die kriegstreiberischen Botschaften der Regierungen Deutschlands und Österreichs in Zweifel gerät. Nähere Untersuchungen lassen ihn vermuten, dass die Ermordung des unter konservativen Politikern verhassten Thronfolgers in diplomatischen Kreisen geplant wurde – und so gerät der kleine Beamte, dem große Aufstiegschancen versprochen wurden, in eine moralische Zwickmühle. Folgt er den politischen oder den moralischen Pflichten; soll er sich durch Widerspenstigkeit in Lebensgefahr bringen oder dem Willen der führenden Mächte gehorchen und anderweitig auf einen friedlichen Ausgang der Lage hoffen?
Schon Florian Teichtmeisters mitreißendes Spiel allein würde das Dilemma des Juristen ausdrucksstark vermitteln, aber das gut strukturierte Drehbuch geht leider noch auf Nummer sicher und webt einen melodramatischen Romantik-Subplot in die Geschichte ein, um den Druck auf Pfeffer zu erhöhen. Dieser Nebenstrang nimmt nicht viel Laufzeit ein und kann daher kaum ein Eigenleben entwickeln, was ihn recht verzichtbar macht. Immerhin spielt Melika Foroutan die fiktive Rolle von Pfeffers Geliebten klischeefrei und macht Marija Jeftanovic nicht nur zu einem zarten Objekt der Begierde, sondern auch zu einer aufgeweckten Beobachterin.
Unter den hinzuerfundenen Figuren stößt eher Heino Ferchs Rolle des Dr. Herbert Sattler sauer auf, was aber nicht an Ferchs Darbietung liegt, sondern am eintönig finsteren Charakter, den das Drehbuch Sattler verpasst. Davon abgesehen ist diese lose auf Milo Dors Roman «Der letzte Sonntag» basierende TV-Produktion schauspielerisch makellos und besticht vor allem auch durch die losgelöste, nie aber unangebracht leichtgängige Inszenierung. Regisseur Andreas Prochaska («Das finstere Tal») weigert sich, in Ehrfurcht vor der Geschichte zu erstarren oder sklavisch die aufwändigen Kostüme möglichst ausführlich in Szene zu setzen: Er illustriert diese Geschichte stattdessen so, als hätte sie sich im Heute ereignet; bringt durch Kameraschwenks Bewegung ins Geschehen und fokussiert stärker die Figuren als ihre Umgebung – ein Ansatz, der sich sehr gut mit der Erzählweise des Films verträgt.
«Das Attentat – Sarajevo 1914» ist am 28. April 2014 um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.