Infos zur Quizduell-App
- Original aus Schweden ("Quizkampen")
- Über 23 Mio. Mal in elf verschiedenen Sprachen runtergeladen
- Umfasst etwa 27.000 Fragen aus 19 Kategorien
- VÖ: Schweden Juli 2012, Deutschland Juni 2013
Schon das Konzept der Sendung lud zu großer Zuschauer-Skepsis ein, denn man wollte erstmals im deutschen Fernsehen eine Spielshow kreieren, welche die Medien Smartphone-App und Fernsehen kombiniert. Dabei sollten die Fernsehzuschauer live mitspielen können, indem sie aus sechs Kategorien jeweils drei Fragen beantworten, bevor diese an die Kandidaten im Studio weitergegeben werden. Die mehrheitlich von den App-Nutzern gewählte Antwort wird als Antwort des "Team Deutschlands" gewertet, die vier Studio-Kandidaten müssen sich einigen. Wer am Ende des Spiels die meisten richtigen Antworten vorzuweisen hat, gewinnt das erspielte Geld.
Doch schon bei der eigentlich sehr simpel strukturierten Einführungsrunde legen sich die Macher der Show ein Ei ins Nest: Nachdem Pilawa erklärt, dass die Kandidaten innerhalb einer Minute so viele Fragen wie möglich beantworten müssen, da hieraus die zu gewinnende Geldsumme resultiert, sucht er nach den zu stellenden Fragen. Und sucht, und sucht, und sucht. Vergebens. Die Fragen liegen nicht auf seinem Pult und sind auch spontan nicht anderweitig zu Tage zu befördern, weshalb er sie nach einer kurzen Zeit der Desillusion mühsam von der Leinwand ablesen muss. "Fängt ja super an", kommentiert er diesen Patzer amüsiert. Wenn er gewusst hätte, was in der folgenden Dreiviertelstunde noch so alles auf ihn zukommt.
Als das eigentliche Spiel losgehen und die Smartphone-Besitzer die ersten Fragen aus dem Bereich Essen & Trinken beantworten sollen, kommt es gleich zur nächsten Peinlichkeit: "Es ist das aufgetreten, was nach Meinung unserer Experten auf keinen Fall passieren konnte: Das Spiel ist abgestürzt." Die tolle App war plötzlich und unerwartet nicht mehr funktionsfähig, sodass aus dem Studiopublikum mal eben "Team Deutschland" wurde. Die eigentliche Sensation: Dieser Plan B ging sogar immerhin drei Runden lang auf, inzwischen hatte man mit einem Hacker, der 15.000 Server blockiert, auch einen vermeintlich Schuldigen ausmachen können und es schien fast, als könne man das Desaster zumindest in einigermaßen akzeptablen Grenzen halten.
Doch als das Studio-Publikum zwischen Glaube & Religion, Musik & Hits sowie Medien & Unterhaltung seine Lieblings-Kategorie auswählen soll, entscheidet es sich überraschend für das wenig beliebte Religion-Thema. Oder eben auch nicht, denn wie ein mutiger Gast anmerkt, hatte er auf Option c) gedrückt, gespeichert wurde allerdings Option a). Nach einer spontanen Umfrage stellt sich heraus, dass es zahlreichen Mitstreitern ebenso ergangen ist und kaum jemand mit den Religions-Fragen sympathisiert. Gespielt werden sie letztlich trotzdem, Pilawa muss erneut Schadensbegrenzung betreiben und einen Eklat vor laufender Kamera verhindern.
Am Ende der Show kommentiert der Moderator die Geschehnisse trocken: "Der Versuch, eine App ins Fernsehen zu holen, ging komplett in die Hose. Vielleicht sehen sie morgen an dieser Stelle «Verbotene Liebe»." Damit traf er einerseits ins Schwarze, was die Umsetzung eines ambitionierten Projekts anbetrifft - und liegt doch irgendwie falsch bezüglich des Unterhaltungswertes des Gesehenen. Auf eine leicht fremdschämige Art und Weise bekam man nämlich eine knappe Stunde lang gute, spontane Unterhaltung geboten, die heutzutage am Vorabend quasi komplett und generell im öffentlich-rechtlichen Show-Aufgebot sehr häufig fehlt. Pilawa selbst zeigte eine beeindruckende Präsenz und Spontaneität, die ihm bei seinen zahlreichen perfekt durchgeplanten Formaten zur Primetime oft abgeht. Auch in Sachen Gelassenheit und Humor konnte er punkten, indem er den zahlreich vorhandenen Leerlauf aufgrund neuer Unzulänglichkeiten in lockerer Interaktion mit Kandidaten und Publikum überbrückte. Bei allem zu erwartenden Imageschaden der ARD muss somit der Präsentator ausdrücklich aus der Schusslinie genommen werden.
Auch sonst darf diese Pannenserie einem echten Fernseh-Fan durchaus schmerzen, wie der Sender den Auftakt von «Quizduell» verhunzt hat. Anstelle schlecht gespielter Daily-Soaps oder dem üblichen faden Krimi-Einheitsbrei bekommt man hier zumindest wieder ein konzeptionell mutiges Format geboten, das durch den Live-Faktor an Direktheit und Nahbarkeit gewinnt und nicht wirkt wie irgendeine Programmsauce aus der Konserve. Das ist erst einmal lobenswert und verleitet den Rezensenten dazu, zu einer Zeit Fernsehen zu schauen, in der er das statische TV-Einerlei normalerweise konsequent meidet. Eine schöne Idee ist auch die neue Tagesschau-Kategorie mit Fragen zum tagesaktuellen Weltgeschehen. Allerdings kann dies alles nicht darüber hinwegtäuschen, wie amateurhaft die praktische Umsetzung dann an diesem Montag wirkte. Denn das ist nicht direkt und nah, sondern schlussendlich einfach schlecht und unprofessionell.
Dennoch sollte man nun nicht dazu übergehen, das Gezeigte bereits nach einer Folge komplett zu verteufeln, denn prinzipiell braucht das deutsche Fernsehen in der Daytime viele der in «Quizduell» vorhandenen Strukturelemente: Ein in Teilen unvorhersehbares Format, in dem der Moderator spontan agieren kann, das für Patzer, Eklats und Schlagzeilen gut ist. All das findet auf den großen Sendern bereits seit Jahren nicht mehr statt und lässt das Programm überaus unpersönlich, lieblos und zuschauerfeindlich erscheinen. Wenn sich nun auch noch irgendwo fernab der ARD-Gremien Menschen finden lassen, denen zuzutrauen ist, eine solche Show organisatorisch und technisch einigermaßen zu stemmen, dann kann trotz des weitgehenden Fehlstarts doch noch was draus werden. Den richtigen Moderator hat man ganz offensichtlich schon einmal gefunden. Immerhin etwas Positives, was man aus dieser Hitparade der größten Patzer extrahieren kann.