Doch der wahre Wahnsinn liegt noch vor mir. Immerhin spielten Deutschland und Portugal am 16. Juni um 18 Uhr deutscher Zeit und somit gegen das reguläre, werktägliche Vorabendprogramm. Da gibt es so manchen Realityschrott zu sehen, aber auch einige nette Formate und gute Serien. Jetzt aber spielt Deutschland um 21 Uhr. Lassen wir es uns auf der Zunge zergehen: Deutsches WM-Spiel. An einem Samstag. Zur Primetime. Die TV-Sender drehen deswegen am Rad! Der Disney Channel hat sogar für eine Woche die «Muppet Show» aus dem Programm genommen! Was zur Hölle soll ich denn nun bitte im Fernsehen gucken?
Naja, fang ich halt einfach mit besagtem Familiensender an. Nachdem ich ihn in meinem vergangenen Versuchsbericht lobend erwähnte, besteht vielleicht die Hoffnung, dass er mich einmal mehr überzeugt. Schon wenige Sekunden, nachdem ich eingeschaltet habe, weiß ich, dass ich mich irre. Es läuft der DVD-Film «Air Bud 4: Mit Baseball bellt sich's besser». Muss ich dazu noch irgendetwas los werden? Es ist die dritte Fortsetzung zu einem Film über einen Golden Retriever, der Basketball spielt. Und in diesem Kitschfilm spielt der Hund … Baseball! Nicht als Catcher, sondern verflucht noch eins als Schlagmann. Das ist albern, das ist unmöglich und … gute Güte, er hat einen besten Freund, einen kleinen Waschbären! Wenigstens sprechen die Tiere hier noch nicht, das erlernen sie erst zwei Filme später – was ich als Disney-Fan nicht so alles weiß. Dafür weiß ich nicht, wie ich diesen überzogenen, quietschig-süßen und banalen Film länger aushalten soll. Zapp!
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Auf, auf und davon zu Tele 5. Bruce Boxleitner, Tron höchstpersönlich, erfüllt meinen Bildschirm und schleicht sich durch dröge Landschaften. Die Hintergrundmusik ist zum Einschlafen und die Dialoge so platt, dass ich überlege, lieber zum plötzlich so anspruchsvoll erscheinenden Disney-Hundesportfilm «Air Bud 4: Mit Baseball bellt sich's besser» zurückzukehren. Ich wundere mich, was ich mir hier überhaupt ansehe, bis mir die Figuren einen klaren Hinweis geben: Sie plaudern von einem gefährlichen Monster namens „Bone Eater“. Ist wohl ein Horrorfilm. Oder besser gesagt: Das hier wäre wohl gern ein Horrorfilm. Mal schauen, was RTL Nitro so zu bieten hat. Und BUMM! «Alarm für Cobra 11»! Okay, okay, ich übertreibe. Ich werde beim Umschalten nicht von einer Explosion begrüßt, sondern „nur“ von einer Verfolgungsjagd. Da ab und an Verfolgungsjagden auf einer Autobahn in meiner Nähe gedreht werden, schaue ich mir den Schauplatz ganz genau an, um abzuschätzen, ob auch diese Folge bei mir um die Ecke produziert wurde. Sieht aber nicht danach aus, also zappe ich weiter …
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Ich bleibe auf den hinteren Programmplätzen, wechsle aber vom hohen Norden zu einem Sender aus dem Süden. Servus TV zeigt das wenig gesehene, aber immerhin für zwei Academy Awards nominierte Künstlerdrama «Pollock». Der meist miesepetrige Charaktere spielende Ed Harris spielt hierin einen verbitterten Maler der Moderne. Gerade flimmert eine Streitszene mit seiner Leinwandfrau Marcia Gay Harden als Lee Krasner über meine Mattscheibe, Harris' Rolle Jackson Pollock ist verzweifelt, verbissen und angetrunken. Intensives, glaubwürdiges Schauspiel schwappt mir entgegen und ich verspüre große Lust, das von Harris inszenierte Biopic endlich wieder komplett zu sehen. Dies bedeutet im Gegenzug, dass ich auch langsam wieder umschalten sollte, um nicht zu viel von meiner nächsten Sichtung vorwegzunehmen.
Zapp. Meine letzten fünf Minuten dieser neuen Stunde Fernsehwahnsinn verbringe ich mit den wirren Verschwörungen und Betrügereien im Thriller «Die Echelon Verschwörung» bei ProSieben. Mein Kopf schwirrt und ich bin allein durch diese fünf Minuten so geschlaucht, dass ich am liebsten ins Bett gehen würde. Dabei habe ich nur eine Stunde Zapping hinter mir, die einige nette Stationen umspannte …