Filmfacts: «Paddington»
- Kinostart: 04. Dezember 2014
- Genre: Komödie
- FSK: o.A.
- Laufzeit: 91 Min.
- Kamera: Erik Wilson
- Musik: Nick Urata
- Buch: Paul King, Hamish McColl
- Regie: Paul King
- Darsteller: Hugh Bonneville, Sally Hawkins, Julie Walters, Madeleine Harris, Samuel Joslin, Nicole Kidman, Peter Capaldi
- OT: Paddington (USA 2014)
Wem die Geschichte rund um Paddington Bär nicht ohnehin schon bekannt ist, dem sei an dieser Stelle noch einmal ein kurzer Überblick über die Ereignisse gegeben: Da er eine Schwäche für alles Britische hat, nimmt der ebenso tollpatschige wie liebenswerte Bär Paddington (in der deutschen Fassung gesprochen von Elyas M’Barek) die Reise aus dem „finstersten Peru“ bis nach London auf sich. Als er sich aber mutterseelenallein an der U-Bahn-Station Paddington wiederfindet, wird ihm bewusst, dass das Stadtleben doch nicht so ist, wie er es sich vorgestellt hat. Doch zum Glück findet ihn die Familie Brown und bietet ihm ein neues Zuhause an. Es scheint, als hätte sich sein Schicksal zum Guten gewendet – wäre da nicht eine zwielichtige Tierpräparatorin (Nicole Kidman), die es auf den seltenen Bären abgesehen hat...
Es mag fast ein wenig überraschen, dass die „Paddington Bär“-Reihe, die 1958 mit dem Kinderbuch „Unser kleiner Bär“ begann, über fünfzig Jahre brauchte, um im Jahre 2014 endlich auch für die große Leinwand adaptiert zu werden. Doch so lange dauerte es, eh Schriftsteller und Schöpfer der ikonischen Bärenfigur Michael Bond die Idee des Filmprojektes abnickte. Neben Regisseur Michael King, der bislang vornehmlich für Serienprojekte verantwortlich zeichnete, fungiert allen voran Produzent David Heyman als Strippenzieher, der in den vergangenen Jahren sämtliche Filme der «Harry Potter»-Reihe beaufsichtigte und sich somit bestens mit der Prozedur auskennt, Buchvorlagen in ein ansprechendes Filmgewand zu kleiden. Ähnlich den Storys um den weltberühmten Zauberlehrling konzentriert sich auch «Paddington» in seinem ersten Kinoabenteuer ganz darauf, dem Publikum nicht bloß ein kurzweiliges Filmerlebnis zu bescheren, sondern es tief in die Welt des felligen Protagonisten eintauchen zu lassen. Paul King, Regie und Drehbuchautor in Personalunion, kreiert in «Paddington» einen ganz eigenen, lieblichen Kosmos, indem er dem Schauplatz London ganz wundervolle Facetten abgewinnt. Mit einem Augenzwinkern hakt King die typischen Touristenplätze der britischen Hauptstadt im Rahmen einer Taxifahrt ab, um sich fortan auf visuell verspielte Weise mit für das Geschehen viel wichtigeren Kulissen auseinanderzusetzen.
Hauptschauplatz der Story ist zumeist das Wohnhaus der Familie Brown, in dem der ganz normale Alltag einer britischen Durchschnittsfamilie zum Hürdenlauf von Paddington wird. Höchst lebensecht wird der Bär im Laufe der Zeit mit den menschlichen Angewohnheiten und Marotten konfrontiert, deren Obskurität aus gewisser Distanz auch für uns Menschen alsbald ersichtlich wird. Mit dem ebenso niedlichen wie cleveren Kniff, das Haus mehrmals in Form eines Puppenhauses darzustellen, was bisweilen Erinnerungen an Wes Anderson wach werden lässt, bringt uns Paddington die Simplizität unseres Alltages bei und fängt auf sehr berührende Weise die unsichtbare Magie des Alltäglichen ein. Immer wieder kommentiert der Bär das Geschehen mit nahezu kindlich-naivem Gemüt von außen und führt uns ohne erhobenen Zeigefinger vor Augen, wie sich die Erwachsenen das Leben mit allzu viel Nachdenken selbst viel zu schwer machen. So macht es irgendwann „Klick!“ und eine leise Melancholie erfüllt den Kinosaal, die in den richtigen Momenten durch auf den Punkt geschriebene Pointen und Slapstickeinlagen unterbrochen wird.
Wenngleich sich «Paddington» nie für wichtiger nimmt, als es dem Film gut bekäme, zeichnet sich dennoch rasch ein elementarer, lehrreicher Aspekt ab. Für das jüngere Publikum hat dieser in etwa das Format einer typischen Familienfilmmoral, während sich vor den Augen der Erwachsenen hier ein äußerst angenehmes, filmgewordenes Beispiel für Integration und den Umgang mit eigenen Vorurteilen abspielt. Den ein wenig zu offensiv moralischen Schlussakt von «Paddington» einmal ausgenommen, ist der Streifen zu keinem Zeitpunkt aufdringlich. Stattdessen führen uns die Macher mit ihren subtilen Storyfragmenten fast beiläufig zu der Erkenntnis, dass ihr Streifen viel mehr ist, als ein bloßes Filmabenteuer. Während die Familie Brown im Konflikt steht, ob „so einer wie Paddington“ in den Alltag der Familie passt, führt die Tierpräparatorin Millicent ihre ganz eigenen Vorstellungen von karrierebedingtem Erfolg auf höchst zwielichtige Weise aus, ohne auf die Bedürfnisse ihrer Umwelt zu achten. Zwischen diesen beiden Fronten steht Paddington, dem die menschlichen Umstände, mit denen Harmonie verbunden ist, ebenso fremd sind, wie die Vorstellung von Ruhm. Was er will, ist schlicht und ergreifend ein ihm Geborgenheit vermittelndes Zuhause. Es kommt eben auf die einfachsten Dinge an. Eine zwar nicht sonderlich innovative Botschaft, aber eine, die man gar nicht oft genug übermitteln kann.
Dankenswerterweise steht diese Message in «Paddington» jedoch nicht bloß auf weiter Flur, sondern zieht sich wie ein roter Faden durch eine Geschichte, die neben derartig einfühlsamen Momenten auch mit viel, viel Humor und einer Prise Spannung aufwarten kann. Wie in einer klassischen Märchenverfilmung sind Gut und Böse zwar klar definiert, Unbehagen oder gar Angst um unsere liebgewonnenen Hauptfiguren kommt jedoch nie auf. Stattdessen macht es viel zu sehr Spaß, der vermeintlich jederzeit überlegenden Schurkin dabei zuzusehen, wie diese gemeine Pläne schmiedet und das familiäre Band der Browns damit nur noch stärker macht.
Nicole Kidman («Ich. Darf. Nicht. Schlafen.») ist dabei ein echtes Geschenk für ihre Rolle. Während man der Schauspielerin bisweilen nachsagt, aufgrund ihres Botoxkonsums keine Mine mehr verziehen zu können, funktioniert sie gerade deshalb so gut als «Paddington»-Bösewicht, weil ihre überdrehte Figur selbst wohl gern vollkommen frei von jedweder Regung wäre. Kidman genießt sich selbst und ihre vermeintliche Überlegenheit mit jeder Faser; Und wann immer ihre Figur die fehlende Reife ihrer Pläne übersieht, wird es doppelt komisch. An dieser Stelle tritt schließlich auch Peter Capaldi («World War Z») auf den Schirm, dessen Figur des dämlichen Handlangers ein wenig an die beiden Gauner in «101 Dalmatiner» erinnert. Die Browns, gespielt von Sally Hawkins («Blue Jasmine») als Mutter, Hugh Bonneville («Downton Abbey») als herrlich trockener Vater sowie die beiden Kinder Judy und Jonathan, in deren Rollen Madeleine Harris («Men Down») und Samuel Joslin («The Impossible») schlüpfen, geben derweil ein wunderbar bodenständiges Bild ab. Dass Paddington gerne bei den Browns bleiben will, obwohl diese selbst mit nicht wenigen Problemen zu kämpfen haben, glaubt man sofort. Paddington wurde zeitgemäß sehr ansehnlich computeranimiert und wird in der deutschen Fassung von Elyas M’Barek («Who Am I – Kein System ist sicher») gesprochen, den man zwar nicht auf Anhieb erkennt, der nach seinen Engagements in «Hotel Transsylvanien» und «Die Monster Uni» jedoch ein Ausrufezeichen hinter sein Können als Synchronsprecher setzt.
Fazit: Wir wollen es dem Bären gleichtun und nicht viele Worte verliehen: «Paddington» ist ein ganz und gar zauberhaftes Kinoerlebnis!
«Paddington» ist ab dem 4. Dezember bundesweit in den Kinos zu sehen.