Die Kritiker

«Grzimek»

von

Tierschützer, Oscarpreisträger, Misanthrop: Das XL-Biopic zeichnet ein facettenreiches Bild von Bernhard Grzimek.

Cast und Crew

  • Regie: Roland Suso Richter
  • Darsteller: Ulrich Tukur, Barbara Auer, Katharina Schüttler, Jan Krauter, Filip Peeters, Christian Redl. Jerry Hoffmann, Hannes Hellmann
  • Drehbuch: Marco Rossi
  • Kamera: Stefan Unterberger
  • Schnitt: Benjamin Kaubisch
  • Musik: Sebastian Pille
  • Szenenbild: Michael Köning
  • Kostüm: Monika Jacobs
Bernhard Grzimek hinterließ nach seinem Tod 1987 ein beachtliches Vermächtnis: Der Zoologe, Tierschützer und Dokumentarfilmer sorgte in den frühen Jahren seines Schaffens dafür, dass Frankfurt am Main seinen Zoo behielt. 1954 gründete er die geachtete, auf Tier- und Naturfotos spezialisierte Bildagentur Okapia. Voller Eifer kämpfte er darum, die Serengeti zu erhalten – und gewann für die zu diesem Zweck gedrehte Dokumentation «Serengeti darf nicht sterben» einen Academy Award. Seine Enzyklopädie 'Grzimeks Tierleben' wurde zu einem Standardwerk. Und mit der langlebigen Fernsehreihe «Ein Platz für Tiere» erarbeitete er sich einen Platz im TV-Olymp. Doch Grzimeks Leben war längst keine schnörkellose Erfolgsgeschichte. Journalisten berichteten noch zu seinen Lebzeiten von seinem unsteten Privatleben, öffentlichkeitswirksam waren diese Meldungen letztlich aber nicht. Was die Zeit überdauerte, war Grzimeks Erbe als Tierforscher und engagierter Medienmacher.

Ein Biopic über den Preisträger des Großen Bundesverdienstkreuzes steht daher vor einer schwierigen Aufgabe: Stürzt es sich auf die Tragödien in Grzimeks Familienleben sowie auf seine schrofferen charakterlichen Seiten, könnte es rasch sensationshascherisch wirken – erstens, weil es eine geachte mediale Persönlichkeit in einem ungünstigen Licht dastehen ließe. Und zweitens, da es Fakten breit treten würde, die bereits zuvor thematisiert wurden und somit daher nicht tatsächlich den Neuheitswert haben, den eine intensive filmische Umsetzung dieser Eckdaten all zu leicht ausstrahlen könne. Andererseits wäre ein glattgebügeltes Drama über Grzimek irrelevant und zudem dramaturgisch unausgereift.

Der von UFA Fiction produzierte, 165-minütige ARD-Fernsehfilm «Grzimek» findet jedoch ein gesundes Mittelmaß zwischen Hommage an das Vermächtnis der titelgebenden Persönlichkeit und Erörterung dessen, was diesen Mann abseits seiner großen Leistungen ausmachte. Das Drehbuch aus der Feder von Marco Rossi («2 und noch Jungfrau», «In letzter Sekunde») scheut sich nicht darum, einen ehrlichen und somit komplexen Blick auf Grzimek als Vater und Lebenspartner zu werfen – gleichermaßen haben die Schilderungen seiner Launen, pädagogischen Fehlleistungen und seiner romantischen Verwicklungen nie einen abwertenden, hämischen Beigeschmack. Sie sind schlicht Teil eines umfassenden, wirklichkeitsnahen Porträts und somit auch dafür zuständig, dieser Verneigung vor Grzimeks Wirken inhaltliches und dramaturgisches Profil zu verleihen, ohne dass sie je mit der Brechstange vermittelt werden.

Der große Trumpf des von Rolandu Suso Richter etwas steif, aber trotzdem zielstrebig inszenierten Films ist Hauptdarsteller Ulrich Tukur, der Grzimek nicht einfach imitiert, sondern ihn mit Respekt sowie Begeisterung für charakterliche Zwischentöne darbietet. Der «Tatort»-Ermittler macht mit gewinnendem Lächeln spürbar, wie Grzimek Millionen von Menschen für seine Anliegen begeistern konnte, ebenso gelingt es ihm, den in dem Zoologen steckenden Frauenhelden darzustellen und mit kaltem Blick auch seinen Narzismus zu Tage zu legen. Es ist eine runde, facettenreiche Performance, die den mehr als zweieinhalb Stunden langen Film zu tragen versteht. Aufgrund der Jahrzehnte abdeckenden Handlung, die selbst bei ihrer Titelfigur einige wichtige Kapitel großzügig rafft, können die Nebendarsteller derweil nur prägnante, längst nicht so tiefgehende Darbietungen abgeben. Dessen ungeachtet fallen Barbara Auer, als eifersüchtige und zerrüttete Gattin Hildegard, Jan Krauter als leiblicher Sohn Michael und Katharina Schüttler als Grzimeks Schwiegertochter / zweite Ehefrau Erika positiv auf und verleihen dem Film auch in den Szenen Leben, die nicht von den Afrika-Impressionen zehren können.

Kameramann Stefan Unterberger und Szenenbildner Michael Köning rücken die Serengeti – wenig überraschend – in ein attraktives Licht, um dem Zuschauer die Faszination der Wildnis nahe zu bringen. Gleichwohl weichen sie von der öffentlich-rechtlichen Safari-Romantik ab, die es in ähnlichen Filmen oft zu sehen gibt, und zeigen auch die hemmungslose Urwald-Rodung, während in den Deutschland-Szenen eine kühle historische Akkurazität ohne detailverliebten Prunk vorherrscht.

Fazit: «Grzimek» hat vielleicht nicht ganz die erhoffte Raffinesse, dennoch gelang den Filmemachern ein facettenreiches Psychogramm einer bedeutenden Persönlichkeit.

«Grzimek» ist am 3. April 2015 ab 20.15 Uhr im Ersten zu sehen sowie am 5. und 6. April als Zweiteiler bei Eins Festival, jeweils zur besten Sendezeit.

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