Filmfacts: «Fack ju Göhte 2»
- Kinostart: 10. September 2015
- Genre: Komödie
- FSK: 12
- Laufzeit: 115 Min.
- Kamera: Andreas Berger
- Musik: Michael Beckmann
- Buch und Regie: Bora Dagtekin
- Darsteller: Elyas M'Barek, Gizem Emre, Jella Haase, Karoline Herfurth, Max von der Groeben, Uschi Glas, Katja Riemann
- OT: Fack ju Göhte 2 (D 2015)
Für Zeki und seine Terrorklasse geht es in «Fack ju Göhte 2» also auf Klassenfahrt nach Thailand und dieser Kulissenwechsel bedeutet für das fertige Filmprojekt Fluch und Segen zugleich. Ausgerechnet das neue Setting legt die Drehbuchschwächen rigoros frei und offenbart, dass das Unterfangen „«Fack ju Göhte»-Fortsetzung“ gern noch ein Jahr länger auf sich hätte warten lassen dürfen. Die Geschichte ist hauchdünn, wird nur rudimentär von einem alibimäßig in die Handlung eingearbeiteten Krimi-Plot zusammengehalten und wirkt ganz so, als hätte man erst am Set Teile der Story gesponnen und nicht anders herum. So ist «Fack ju Göhte 2» inhaltlich allenfalls eine Nummernrevue – die meisten dieser Nummern sind jedoch einmal mehr auch verdammt komisch.
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Subtilität war noch nie das Ding von Regisseur Bora Dagtekin und seinem Team, das in Teil eins bereits die Missstände der deutschen Bildungspolitik auf die Schippe nahm, dabei jedoch auf Vorschlaghammerhumor baute und sich davon freisprach, ein Lehrstück im Umgang mit Lehrern sein zu wollen. Stattdessen arbeitete die Komödie mit starken Überzeichnungen, betonte aber auch, dass in jeder Überzeichnung zwangsläufig immer ein Funken Wahrheit steckt. So war schon «Fack ju Göhte» kein zur Realität identisches Abbild deutscher Schüler- und Lehrergewohnheiten. Aber der Film traf viele Eigenheiten der Bildungspolitik ebenso im Kern wie die Zustände der Jugendverrohung. Das sorgte auch dafür, dass «Fack ju Göhte» auf beiden Seiten für (positive) Furore sorgte: Dagtekins Arbeit stieß sowohl bei Schülern, als auch bei Lehrern auf Akzeptanz und Wohlwollen. Nicht zuletzt auch, weil das Skript (Dagtekin) auf sprachlicher Ebene einen Zeitgeist traf, von dem viele behaupteten, er würde die Kommunikationsgewohnheiten unserer Jugend gnadenlos persiflieren; in Wirklichkeit befanden sich die Macher allerdings so nah an der Wahrheit, wie im aktuellen Deutschkino keiner zuvor.
Und während einige Kritiker dem Film vorwarfen, dem bildungsfernen Proletentum mit «Fack ju Göhte» eine sich selbst feiernde Plattform zu geben, so wurde mit derartigen Aussagen offenkundig verpasst, die zwischen den Zeilen sehr kritischen Ansätze zu erkennen. Mit humoristischer Wonne aber erkennbarem Nachdruck wurde hier der Finger in eine Wunde gelegt, der man heutzutage wohl nur noch mit nackter Derbheit beikommen kann, um etwas an ihrem Zustand zu ändern. Denn dass aus den Diskussionen über die Missstände der deutschen Bildungspolitik keine erkennbaren Lösungen erwachsen, beweist allein schon die Tatsache, dass die Zustände in «Fack ju Göhte 2» zwei Jahre nach dem Auftaktfilm nichts von ihrer Brisanz verloren haben.
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Inhaltlich ist Dagtekins Arbeit nämlich allenfalls Stückwerk, das Elemente aus dem ersten Teil lieblos ein zweites Mal aufgreift (anstatt sich an seine Beute heran zu graben, muss er ihr in Teil zwei eben nach Thailand hinterher reisen) und mithilfe substanzarmer Ideen zu Eigenständigkeit zu kommen versucht. Ebenjene Dynamik aus «Fack ju Göhte» kann sich im Sequel somit schon deshalb nicht einstellen, weil die Authentizität auf Kosten der behäbigen Konstruktion geht. «Fack ju Göhte 2» schlittert geflissentlich an ebenjener Bodenständigkeit des ersten Films vorbei, durch welche die Fallhöhe der Schüler-Lehrer-Eskapaden erst so richtig deutlich wurde. Und als würde Dagtekin das vollkommene Lossagen des realistischen Beiklangs extra betonen wollen, lässt er den angenehmen Story-Ruhepol in Form von Lehrerin Lisi Schnabelstedt gleich ganz zuhause – ein tatsächlich sehr unglücklicher Schachzug.
- © 2015 Constantin Film Verleih GmbH / Christoph Assmann
Die Klassenfahrt beginnt.
Zeki Müller und seine ihn drangsalierende Klasse bestreiten die knappen zwei Filmstunden also fast im Alleingang und hangeln sich an ihrem blassrosa Faden von einer Sketchnummer zur nächsten. Dabei schneidet das Skript durchaus angenehme Momente an: Wann immer Bora Dagtekin Tempo und Lautstärke (!) seiner Produktion zurückfährt, offenbart sich ebenjenes Herz, mit dem auch schon «Fack ju Göhte» so hervorragend auftrumpfen konnte. Der Regisseur lässt es sich nicht nehmen, die Tsunamikatastrophe von 2004 unverkrampft und mit einer erstaunlichen Sensibilität in die Geschichte zu integrieren. Auch die persönlichen Hintergründe der einzelnen Schüler werden endlich ausführlich thematisiert und in einer stilsicher arrangierten Szene mit den Eigenheiten der Prolls verknüpft. «Fack ju Göhte 2» ist mit seiner Laufzeit von 115 Minuten einfach ein gutes Stück zu lang und fällt zwischen den mit Nachdruck und Können inszenierten Szenen immer wieder negativ durch Leerlauf auf. Doch eines kann man Dagtekin auch diesmal nicht absprechen: sein Gespür für Humor. Wenngleich «Fack ju Göhte 2» inhaltlich nicht annähernd so clever ist wie Teil eins und man aus den gegebenen Möglichkeiten nur einen Bruchteil des Optimums herausholt (neben Karoline Herfurth darf auch Katja Riemann nur in einigen wenigen Szenen vorbeischauen), kommt gerade der Comedy-Faktor innerhalb des Filmes nicht zu kurz. Etablierte sich „Heul leise!“ 2013 zum Komödien-Kultspruch des Jahres hat Dagtekin in der Fortsetzung gleich eine Handvoll Pointen dieses Kalibers, die eine ähnlich hohe Chance haben, in den nächsten Wochen von der Zielgruppe zitiert zu werden. Auch der zwar schematisch ausgeführte aber kreativ umgesetzte Kampf des snobistischen Schiller-Gymnasiums mit den Schwachmaten der Goethe-Gesamtschule verleiht dem Film viele komische Momente.
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Fazit: Bora Dagtekin kann mit «Fack ju Göhte 2» nicht an die Qualitäten des ersten Films anknüpfen. Konzentriert man sich nur auf den Inhalt, droht das Projekt gar, vollends in seine Einzelteile zu zerfallen. Doch glücklicherweise hat der Regisseur ja auch noch seinen Cast und kann darüber hinaus erneut mit so vielen guten Gags und Ideen aufwarten, dass «Fack ju Göhte 2» trotzdem einen enormen Spaß bereitet.
«Fack ju Göhte 2» ist ab dem 10. September bundesweit in den deutschen Kinos zu sehen.
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