Die Kritiker

Der Creep von der Auskunft sitzt neben dir an der Bar

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Die Kritiker: Süßer September Die Zyniker Bruno und Rebecca treffen aufeinander. Doch obwohl die beiden eigentlich so gleich sind, scheitern sie dutzende Male aneinander.

Die Frage ist vermutlich genauso alt wie die Eifersucht: Können Männer und Frauen wirklich Freunde sein? Rebecca und Johann jedenfalls waren lange Zeit so etwas wie beste Freunde. Doch dann kam jene Frau, bei der sich Johann plötzlich sicher war. Und schon durfte Rebecca, die sogar Trauzeugin war, bei der Hochzeit noch nicht einmal mehr am Tisch der guten Freunde sitzen, sondern musste sich mit drei minder attraktiven Herren und einer weiteren verzweifelten Dame den Single-Tisch teilen. Doch bevor Sie jetzt aufhören zu lesen: So fad wie es klingt, ist die Story von «Süßer September», den das Erste am 25.September zeigt, nicht.

Zwar folgt nämlich eine peinliche Rede, bei der Rebecca gegen Johann wettert und anschließend schneller flieht, als der Bräutigam „Scheidung“ sagen könnte. Doch ab dann wirkt die Geschichte zumindest recht sympathisch und nachvollziehbar. Rebecca will nach dem Verlassen der Hochzeit nur noch einen Gin Fizz in ihren Körper schütten, findet aber die gesuchte Bar nur mithilfe der Auskunft. Der wenig freundliche Mann am anderen Ende des Apparates, der seine Kundin mehr beleidigt als zu helfen, sitzt bei Ankunft von Rebecca bereits an der Theke der Bar („Ich hatte sowieso Feierabend“). Wirkt creepy – ist es auch ein Stück weit. Durch die pointierten Dialoge und die witzige Charakterisierung der Figuren, ist der Film an diesen Stellen aber auch recht amüsant, sodass der Zuschauer darüber ein Stück weit hinwegsehen möchte. Andererseits ist man auch nicht böse darüber, wenn der Barkeeper seine Gäste fragt: „Wenn sie hier alles Scheiße finden, warum sind sie dann überhaupt noch da?“ Stimmt eigentlich.

Alleine sind sie besser – so zumindest die (nicht wenig frustrierte) Überzeugung
Dahinter allerdings steckt eine klare Einstellung, die die beiden Protagonisten teilen. (Ja, der unheimliche Mann an der Hotline wird wenig überraschend zur Hauptfigur und hat sogar einen Namen: Herr Leidig. Oder Bruno.) Partnerschaft und Ehe finden beide so spannend wie eingeschlafene Füße, denn wenn zwei sich zusammentun, so erklärt Bruno, dann sind sie weniger als die Summe ihrer Teile und keinesfalls mehr. Dass Rebecca und Bruno in dieser Situation natürlich selbst genauso zusammen gehören, wusste der Zuschauer bereits während des Telefonats der beiden zu Anfang, während die Protagonisten es offensichtlich erst spät feststellen. Das ist zugleich auch einer der Wermutstropfen, vor allem weil sie quasi ein Schild tragen, auf dem steht, dass sie zusammengehören.

Wenn Bruno beispielsweise Rebecca auf eine bewusst völlig langatmige und uninteressante Lesung begleitet, die von einem stotternden Frederick Lau-Verschnitt gehalten wird, dann ist klar, dass er das nicht tut, weil er ein ach so netter Typ ist, sondern, weil er verdammt noch mal auf die nicht mehr ganz junge Dame steht – auch wenn er sich das nicht eingestehen will.

Dass die Hauptdarstellerin im Anschluss noch flott an einem Fotowettbewerb teilnimmt – die Passion der hippen Berlinerin ist natürlich Fotografie – ist dann auch nur ein kleiner Lückenfüller für die Handlung und wäre nicht wirklich notwendig gewesen. Auch aber die anderen Aspekte der Handlungen sorgen nicht für wirkliche Kurzweil. Zwar sind die Gespräche der beiden oft recht unterhaltsam, zumindest dann, wenn sie von sexuellen Spannungen nicht allzu sehr überlagert werden. Aber wenn Bruno Rebeccas Freunden auf deren Geburtstag vorgestellt wird oder die beiden gemeinsam zu einem Wellness-Wochenende fahren und Bruno nur deshalb ein Einzelzimmer bezieht, damit er sich bloß nicht seine Liebe eingestehen muss, möchte der Zuschauer die Lippen der Protagonisten am liebsten aufeinanderpressen und seine Ruhe haben. Können Männer und Frauen Freunde sein? Eine Frage die der Film immer wieder stellt, wobei er darüber quasi nicht diskutiert, sondern allen seine Meinung aufdrängen will: Nein, nein, nein! Nur, dass die Antwort so einfach halt auch nicht ist, wird kaum berücksichtigt.

Die Entschädigung kommt


Doch der Zuschauer bekommt seine Entschädigung: Denn noch im Hotel begegnen die beiden Rebeccas Ex, der nach einer eher unglücklich gelaufenen Trennung eine Neue am Start hat und ihr gleich alle von Rebeccas lang gehegten Wünsche (Ehe, Kinder) erfüllt hat. Das alleine freut noch nicht wirklich, die herrlich bissigen Dialoge schaffen es aber umso besser, vor allem weil Bruno seinen männlichen Gegenpart mit seinem Verhalten konfrontiert, die überspitzt geschriebenen Figuren sich aber dennoch in freundlichster Manier betüddeln und so schnell als möglich verabschieden. Das geplante Wiedersehen ist da nur mehr vorgeschobene Höflichkeit.

Vordergründig ist es der herrliche Zynismus der beiden Hauptdarsteller, der dem Zuschauer das Gefühl gibt, gut unterhalten zu sein. Das ist nicht zuletzt dem starken Schauspiel von Caroline Peters (Rebecca) und Mišel Matičević (Bruno) zu danken, die tatsächlich kaum mehr aus dem Buch hätten rausholen können. Auch in den vermeintlich erotischen Szenen ist die Darstellung zudem auf allen Ebenen gelungen: Es geht hier eben nicht um eine reine, schöne, künstlich überhöhte Sexualität, sondern eher um eine echte Erotik, die nicht immer clean und frei von Fehlern ist. Der Film stört hier bewusst in der Darstellung, die Kamera filmt aus ungewohnten Positionen wobei die klischeehaft emotionale Musik dahinter hoffentlich eher als filmische Überhöhung zu verstehen ist. Andernfalls würde der eigentlich gelungen-realitätsnahe Eindruck gestört.

Alles Weitere wird hingegen zu schnell abgehandelt. Plötzlich ist Johann wieder da und schneller als man das realisiert hat, sind Rebecca und er auch schon verlobt. Und das ist bei weitem noch nicht das krasseste, das innerhalb weniger Minuten passiert. Hier geht dann leider auch auf den letzten Metern der Witz verloren, lachen kann man dann eher darüber, wenn die weibliche Hauptfigur in einer Sekunde noch in Berlin hängt, dann flirtend in einer New Yorker Bar gesichtet wird und einen Schnitt später schon wieder in Deutschland rumlungert.

Fazit: Durchaus klischeehaft, aber eben auch pointiert getextet gehen dem Fernsehfilm «Süßer September» zum Ende hin Witz und Realitätssinn leider aus. Auch die Message, die den herrlichen Zynismus eher fragwürdig hinstellen soll, wird nicht klar transportiert und auf diese Art wohl von vielen auch nicht ohne weiteres unterschrieben. Für 90 Minuten ordentliche Unterhaltung reicht das, vor allem wegen der Hauptdarsteller. Eine Lebensphilosophie sollte man sich auf diesem Film jedoch nicht aufbauen.

«Süßer September» ist am Freitag, 25.September um 20.15 Uhr im Ersten zu sehen.

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