«Secrets and Lies» wurde nicht in den USA erfunden, sondern stammt eigentlich aus Australien, wo 2014 bereits sechs Episoden ausgestrahlt wurden. Obwohl die Serie es im Heimatland, trotz internationaler Verkäufe, nie über die erste Staffel hinaus schaffte, steht in den USA bereits die zweite Staffel in den Startlöchern. Dort entwickelte man die Serie jedoch zu einer klassischen Anthologie-Serie, in der sich jede Staffel nur um einen Fall dreht. Daher wurde zur zweiten Staffel, mit Ausnahme von Hauptdarstellerin Juliette Lewis, der gesamte Cast ausgetauscht. So finden die Autoren erneut eine weiße Leinwand, auf der sie ihren Ideen freien Lauf lassen können, vor.
Die Handlung
In «Secrets and Lies» entdeckt der liebende Familienvater Ben Crawford (Ryan Phillippe) während seiner Joggingtour eine Kinderleiche. Als wäre das nicht bereits dramatisch genug, ist es der Leichnam seines Nachbarjungen. Die Polizei übernimmt die Ermittlungen und für die leitende Kriminalbeamtin, Detective Andrea Cornell (Juliette Lewis), entpuppt sich Ben rasch als Hauptverdächtiger. Sie traut dem Schein seiner idyllischen Welt und der heilen Familie in der Kleinstadt nicht und lenkt die Ermittlungen in seine Richtungen.
Wie in Dörfern und Kleinstädten üblich, bleiben Geheimnisse nicht lange geheim und Ben und seine Familie werden zunehmend ausgegrenzt und beschimpft. Der Familienvater hat nur eine Möglichkeit seine Familie zu schützen, seinen Namen reinzuwaschen und seinen guten Ruf wieder herzustellen, er muss die Ermittlungen in die eigene Hand nehmen und den Mörder des Jungen finden. Dabei beschleicht ihn jedoch zunehmend das Gefühl, dass Detective Cornell möglicherweise recht hat und es in ihm doch eine dunkle Seite gibt, die zu der grausamen Tat im Stande sei. Dies scheint auch seine Frau zu bemerken und so beginnt sich die Kleinfamilie allmählich zu entzweien.
Die Darsteller
Auch wenn es sich beim Original-«Secrets and Lies» um eine englischsprachige Serie handelt, ist es in den USA nicht üblich, eine Serie zweit zu verwerten. Stattdessen adaptieren große Studios den Stoff, besetzen die Figuren neu und siedeln die Handlung an einem neuen Ort innerhalb der USA an. So gingen die ABC Studios auch in diesem Fall und besetzten die beiden Hauptrollen mit bekannten Gesichtern.
Juliette Lewis spielt die Ermittlerin Detective Andrea Cornell und ist darüber hinaus als einzige Figur in allen Staffeln vertreten. Sie ermittelt getreu dem Sendungskonzept in jeder Staffel in anderen Fällen - und somit auch mit anderen Figuren. Cornell gilt als überaus fähige Polizistin, die äußerst professionell agiert und quasi über jede Situation erhaben ist und sich niemals in die Karten blicken lässt. Allerdings ist die Fähigkeit der Empathie bei ihr nur äußert mäßig ausgeprägt und so ist es keine Seltenheit, dass sie Zeugen und Verdächtige in die Enge drängt oder mit ihrer Art aneckt. Dennoch erweckt sie stets den Eindruck, dass ihr Auftritt durchkalkuliert ist und ihr Erfolg scheint ihr rechtzugeben.
Die inzwischen 43-jährige Darstellerin tat sich zunächst schwer in Hollywood Fuß zu fassen und musste sich Ende der 80er mit Serienengagements und Nebenrollen über Wasser halten. Ihren großen Durchbruch hatte sie jedoch 1994 mit ihrer Hauptrolle in «Natural Born Killers» von Oliver Stone, zu dem Quentin Tarrantino das Drehbuch beisteuerte. Fortan konnte sie sich ihre Rollen aussuchen und spielte in den Anfangsjahren des Jahrtausends vor allen Dingen in Komödien und Independent-Produktionen mit, ehe sie 2012 in «Die Firma» wieder in einer Serie mitwirkte. Parallel zur ersten Staffel «Secrets and Lies» war sie auch in drei Episoden von «Wayward Pines» (FOX) als Beverly Brown zu sehen.
Ryan Phillippe übernimmt die männliche Hauptrolle des Familienvaters Ben Crawford. Dieser feierte seinen Durchbruch im Jahr 1999 mit seiner Leistung in «Eiskalte Engel», von dem aktuell ebenfalls eine Serienadaption geplant ist. Die ganz große Karriere blieb dem Mädchenschwarm jedoch verwehrt und er spielte meist nur Nebenrollen, ehe ihn die Serie «Damages – Im Netz der Macht» zurückholte. Durch seine Leistungen in «Secrets and Lies» gelang es Phillippe sich für weitere Aufgaben zu empfehlen und so wurden die Macher der geplanten «Shooter»-Serie auf ihn aufmerksam und besetzten ihn für die Hauptrolle. Im Mai entscheidet sich, ob er als Scharfschütze auf der Flucht vor der Regierung wieder in den Einsatz geschickt wird.
Neben den beiden großen Stars fand sich ein weiteres bekanntes Gesicht am Set ein, denn KaDee Strickland, die die Rolle von Ehefrau Christy Crawford mimt, war zwischen 2007 und 2013 ein fester Bestandteil der Arztserie «Private Practive». Nach dem Ende der ersten «Secrets and Lies]-Staffel folgte noch ein Kurzengagement in [[The Player» an der Seite von Wesley Snipes. Darüber hinaus hat sie aktuell mit «Shut Eye» und «Doubt» zwei weitere Serien in der Pipeline. Ihre Besetzung in «Secrets and Lies» kam jedoch nicht von ungefähr, schließlich arbeitete sie bereits mit Showrunnerin Barbie Kligman in «Private Practive» zusammen.
Die Kritik
Die Presse gab zur ersten Staffel äußerst gemischte Meinungen ab. Als sehenswert befanden beispielsweise Brian Lowery von Variety oder Tim Goodman vom The Hollywood Reporter die erste Staffel. Lowry urteilte dabei kurz und knapp: „«Secrets and Lies» ist eine solide, kurvenreiche Version der immer beliebter werdenden ein-ermordetes-Kind-fungiert-als-Auslöser-für-weitere-Ereignisse Formel.“ Dabei zieht er den klaren Vergleich zu «Gracepoint», was eine Adaption der britischen Serie «Broadchurch» ist und die gleiche Thematik behandelt. Sein Urteil fällt auch dabei eindeutig aus. «Secrets and Lies» sei „besser als «Gracepoint» aber nicht so fesselnd wie «Broadchurch».
Tim Goodman vom Hollywood Reporter attestierte, dass es „mit einem starken Cast (Lewis und Phillippe im Speziellen) leicht fällt, die Serie erstmalig zu sehen. Ob die Serie dauerhaft die kreativen Höhen eines «Broadchurch» erreicht, das eine ähnliche Story hat, bleibt jedoch abzuwarten.“
Deutlich verhaltener fiel das Urteil von Boston Herald-Kritiker Mark A. Perigard aus: „Mit einem Titel wie «Secrets and Lies» deutet sich bei ABC etwas schlüpfrigeres an, wer jedoch auf einen Hauch «Desperate Housewives» hofft, wird hier enttäuscht.“
Noch eindeutiger fiel die Kritik von David Wiegand für den San Francisco Chronicle aus: „«Secrets and Lies» startet altbacken und vorhersehbar, was allerdings jede Menge Zeit erspart, zumindest für Zuschauer, denn diese sollten umgehend etwas anderes finden, das sie ansehen.“
Die Krux mit der Champions League
Wie eingangs bereits erwähnt, wählte VOX als Starttermin für die erste Folge den 27. April. Für den Sender ergab sich aufgrund des Halbfinaleinzugs des FC Bayern in der Champions League jedoch ein Problem. Denn für gewöhnlich erreicht das ZDF mit den Übertragungen herausragende Quoten. Die Halbfinalbegegnung im vergangenen Jahr, in der der FC Bayern auf den FC Barcelona traf, verfolgten 12,56 Millionen Zuschauer, was einem Gesamtmarktanteil von 40,6 Prozent entspracht. Von den jungen Zuschauern schalteten 3,98 Millionen ein und verhalfen dem Zweiten somit auf einen Marktanteil von 34,8 Prozent. 2014 verhielt es sich ähnlich, damals traf der deutsche Rekordmeister auf die Königlichen aus Madrid. Den Fußball-Klassiker wollten sich 11,66 Millionen Zuschauer nicht entgehen lassen.
Am selben Abend zeigte VOX um 20.15 Uhr eine Folge «Rizzoli and Isles» und verbuchte mit 1,88 Millionen Gesamtzuschauern und einem Marktanteil von 6,3 Prozent zumindest beim Gesamtpublikum gute Werte. In der klassischen Zielgruppe blieb man mit 0,78 Millionen und 7,2 Prozent nur marginal hinter den Erwartungen des Senders zurück. Auch deshalb scheint VOX gut beraten, in dieser Woche noch ein (zunächst) letztes Mal das Krimi-Procedural ins Rennen zu schicken. Die damalige Folge profitierte dabei zweifelsohne von den ersten 30 Minuten, denn die Begegnungen in der Champions League werden erst um 20.45 Uhr angepfiffen. Die Vorberichte kamen mit 6,84 Millionen Zuschauern gesamt und 2,04 bei den Jüngeren auf verhältnismäßig kleine Werte, zumindest im Vergleich zu Spiel. Mit Start des Fußballspiels ging es für die fiktionalen Stoffe von VOX und allen anderen Sendern jedoch deutlich bergab. Der Fußball war und ist schlicht und ergreifend zu beliebt und ist noch immer der größte Zuschauermagnet im deutschen Fernsehen.
Es gibt 3 Kommentare zum Artikel
27.04.2016 18:28 Uhr 1
27.04.2016 18:44 Uhr 2
27.04.2017 06:47 Uhr 3