FIlmfacts: «X-Men: Apocalypse»
- Kinostart: 19. Mai 2016
- Genre: Fantasy/Action
- FSK: 12
- Laufzeit: 142 Min.
- Kamera: Newton Thomas Sigel
- Musik: John Ottman
- Buch: Simon Kinberg
- Regie: Bryan Singer
- Darsteller: James McAvoy, Michael Fassbender, Jennifer Lawrence, Nicholas Hoult, Evan Peters, Rose Byrne, Oscar Isaac, Sophie Turner, Tye Sheridan
- OT: X-Men: Apocalypse (USA 2016)
Der mächtigste Mutant der Welt
1983 wird der unbesiegbare, unsterbliche Apocalypse (Oscar Isaac), seines Zeichens mächtigster Mutant aller Zeiten, nach fünftausendjähriger Gefangenschaft befreit. Wütend, dass er und seine Artgenossen nicht länger als Götter verehrt werden, schart er mächtige Mutanten um sich – unter ihnen der durch den tragischen Tod seiner Tochter entmutigte Magneto (Michael Fassbender) –, um der Welt unter seiner Führung eine neue Ordnung zu geben. Um Apocalypses Pläne weltweiter Zerstörung zu durchkreuzen, führen Raven (Jennifer Lawrence) und Professor X (James McAvoy) ein junges X-Men-Team in eine epische Schlacht, um dem scheinbar unbezwingbaren Feind Einhalt zu gebieten.
Das Besondere an den X-Men war schon immer die komplexe Zusammenstellung des zusammen agierenden Superheldenteams. Muss im Marvel Cinematic Universe erst ein ausufernder Konflikt dafür sorgen, dass die Heroen ihre Zusammenarbeit hinterfragen, haben die Mutanten nie einen Hehl daraus gemacht, auch alleine ganz gut zu Recht zu kommen. In «X-Men: Apocalypse» ist es auch gerade diese Phase der (erneuten) sukzessiven Zusammenführung, die voller ausgeklügelter Raffinesse steckt und sich ausgiebig mit den Charakteren an sich beschäftigt. So wird das Erscheinungsbild in «Apocalypse» in der ersten Hälfte nicht von Materialschlachten oder CGI-Orgien dominiert. Stattdessen gehört eine dramatische Szene um den Tod von Magnetos Tochter in ihrer fast schon beiläufig inszenierten Unaufgeregtheit zu den emotionalen Highlights des Films, die ihm obendrein jene dramaturgische Tiefe verleiht, wie wir sie schon in «Zukunft ist Vergangenheit» erlebt haben.
- © Twentieth Century Fox
Während der Handlungsstrang um Magneto für die tragischen Untertöne in «Apocalypse» zuständig ist, sorgen die Ereignisse in der School for Gifted Youngsters von Professor X für Kurzweil und eine Prise unaufdringlichen Spaßes. Mit dem Auftauchen von Quicksilver («American Horror Story»-Star Evan Peters) wird die Schlagzahl an Gags im insgesamt eher gediegenen «Apocalypse» nochmal erhöht; insgesamt fügen sich die emotional fordernden Momente sehr gut mit jenen Szenen, die das Geschehen hier und da atmosphärisch auflockern, gut zusammen. Und mit den gerade zu Beginn steten Schauplatzwechseln zwischen den USA, Deutschland, Polen und Ägypten rund um den Erdball, kann der Fantasyactioner auch auf der visuellen Ebene punkten, noch bevor die aus dem Computer stammende Tricktechnik überhaupt Einzug erhält (kleine Info: in der O-Ton-Fassung darf Jennifer Lawrence ein paar Sätze Deutsch sprechen).
Schwächer als der Vorgänger
Was an «X-Men: Apocalypse» in der Anfangsphase besonders gefällt, ist das Hervorstellen der einzelnen Figuren im Hinblick auf ihre unterschiedlichen Gesinnungen. Ohne den Blick auf die verschiedenen Superkräfte der Helden erlaubt das Skript von Simon Kinberg («Fantastic Four») die Auseinandersetzung mit ihrer psychischen Verfassung. «X-Men: Apocalypse» erinnert lange Zeit an ein Superheldendrama, das sich auf kleine Gesten verlässt und lieber die Figureninteraktion beobachtet, als sich an Materialschlachten zu ergötzen. Doch damit ist irgendwann Schluss. In der letzten Dreiviertelstunde feuert Regisseur Bryan Singer («Jack and the Giants») schließlich ab, womit er die 100 Minuten zuvor noch so angenehm hinterm Berg hielt. Plötzlich ändern sich Look, Tonfall, Geschwindigkeit und Schwerpunkt; je mehr Raum der Antagonist Apocalypse erhält, desto mehr weicht die ruhige Dramaatmosphäre dem überbordenden Effektegewitter, das sich visuell kaum vom verwaschenen Einheitslook diverser Zack-Snyder-Produktionen (Stichwort: «Batman v Superman») unterscheiden lässt. Auf einmal wird das Bild von purer Zerstörungswut dominiert. Die nachvollziehbaren, interessanten Beweggründe des gottesähnlichen Schurken rücken in den Hintergrund klischeehaft vorgetragener Allmachtsfantasien. Hinzu gesellt sich das Problem, dass einem Antagonisten ohne wunden Punkt die Ecken und Kanten fehlen, die den Kampf „Gut gegen Böse“ interessant machen. So fighten die X-Men gegen Apocalypse und seine vierköpfige, leider vollkommen blass bleibende Gefolgschaft der vier Reiter, bis sich das Martyrium schließlich mit einem Fingerschnipp auflöst. Für Kenner des Comicstoffes macht die Art der Konfliktlösung Sinn; hält sie sich doch ziemlich genau an das, was in den Büchern bereits vorgegeben ist. Doch ohne jedwede Kenntnisse lässt der Schlussakt von [[X-Men: Apocalypse] erneut Erinnerungen an den DC-Kampf des dunklen Ritters gegen den Mann aus Stahl wach werden.
Nicht nur auf inhaltlicher, auch auf technischer Ebene schlagen zwei Herzen in der Brust von «X-Men: Apocalypse». Auf den geerdeten Look der ersten Hälfte folgen verwaschene Sepiafarben in der zweiten, bei denen sich Kameramann Newton Thomas Sigel («Seventh Son») um ein größtmögliches Maß an Übersicht bemüht. Die ruhigen, weitläufigen Bilder und gut inszenierten Kampfchoreografien sorgen dafür, dass man auch im Schlachtengetümmel immer den Überblick behält. Der 3D-Effekt verdient dieses Prädikat leider nur bedingt. Hier und da schleichen sich stark ausgeprägte Phantombilder in den Film, während das Bild ein anderes Mal wiederum gestochen scharf und klar geraten ist. Bei so viel Liebe zum Detail, den tollen Settings und den komplexen Charakteren (sowohl aus Sicht der bekannten Figuren, als auch auf der der Newcomer), ist es schlicht und ergreifend tierisch schade, dass sich die Macher auf der Zielgeraden her so von ihrer ursprünglich etablierten Inszenierung loslösen. Auch der Cameo eines bekannten Mutanten könnte seine Wirkungskraft verlieren – schließlich wurde dieser bereits im finalen Trailer angekündigt. Verraten wollen wir ihn an dieser Stelle trotzdem nicht.
Fazit
«X-Men: Apocalypse» beginnt auf dem erzählerisch komplexen Niveau von «The First Avenger: Civil War» und verliert sich schließlich in einer lieblosen Materialschlacht der Marke «Batman v Superman». Wenngleich der erzählerisch angenehme Teil den Großteil des Films ausmacht, ist es doch ausgerechnet die Schlussphase, die den bleibenden Eindruck des Zuschauers prägt. Immerhin die Sequenz nach dem Abspann konnte uns wieder einigermaßen milde stimmen.
«X-Men: Apocalypse» ist ab dem 19. Mai bundesweit in den Kinos zu sehen – auch in 3D!
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