Filmfacts «Manchester by the Sea»
- Regie und Drehbuch: Kenneth Lonergan
- Produktion: Matt Damon, John Krasinski, Kimberly Steward, Chris Moore, Kevin J. Walsh, Lauren Beck
- Darsteller: Casey Affleck, Michelle Williams, Kyle Chandler, Gretchen Mol, Lucas Hedges
- Musil: Lesley Barber
- Kamera: Jody Lee Lipes
- Schnitt: Jennifer Lame
- Laufzeit: 138 Minuten
- FSK: ab 12 Jahren
Der 16-Jährige bemüht sich, im Angesicht der Tragödie Haltung zu bewahren, trotzdem lassen die ersten Zwists mit seinem Onkel nicht lange auf sich warten – selbst wenn Patrick Lee durchaus mag und eh mehr Zeit mit seinen zwei Freundinnen (Kara Hayward und Anna Baryshnikov) verbringt. Und dennoch: Es scheint so, als würde alles, zumindest den Umständen entsprechend, annehmbar laufen. Aber die Rückkehr in seine frühere Heimat, ein beschauliches Küstenstädtchen, nagt an Lees Nerven …
Zwischenzeitlich plante Hollywood-Star Matt Damon, mit «Manchester by the Sea» sein Regiedebüt zu feiern. Schlussendlich übernahm dann jedoch Drehbuchautor Kenneth Lonergan die Regiepflichten, der schon 2000 mit «You Can Count On Me» eine stille, herzzerreißende Familiengeschichte inszenierte. Wie schon diese zweifach für den Oscar nominierte Geschichte, besticht auch «Manchester by the Sea» insbesondere mit den authentisch-komplexen Gefühlswelten der zentralen Figuren, die Lonergan sehr beiläufig und effizient einfängt.

Im Zusammenspiel zwischen Afflecks dauergeknicktem Lee und dem schwer pubertierenden Möchtegernweiberhelden Patrick, den Lucas Hedges mit facettenreicher Lebendigkeit darbietet, entsteht zusätzliche, unaufdringlich-trockene komödiantische Reibung. Diese dient in Lonergans atmosphärisch küstennebelsprödem Drama als das menschelnde Fundament einer einsichtsreichen, niemals effekthascherischen Charakterskizze: Lee lebt im ständigen Kampf mit seinen niederschmetternden Erinnerungen daran, was einst in seinem Heimatort geschehen ist. Da er sich zumindest oberflächlich in eine funktionale Apathie gerettet hat, bleiben emotionale Ausbrüche und forcierte Streitgespräche aus.

Innerhalb von 138 Minuten macht Lonergan sein Publikum somit zu einem mehr und mehr Verständnis aufbringenden, daher immer emotionaler in diese Familienangelegenheit involvierten Betrachter. Am Ende dieser genau beobachteten, filigran erzählten Geschichte wird kaum wer auch nur einen Deut schlauer sein. «Manchester by the Sea» entwirft weder eine mondäne, noch eine intellektuell anspruchsvolle Geschichte. Was dieses Drama jedoch tut? Es bereichert sein Publikum um ein vielschichtige, glaubwürdig-offene sowie emotionale Erfahrung, die hängen bleibt.
Fazit: Großartige Performances und eine gemächliche, feingliedrige Erzählung: «Manchester by the Sea» ist ein Drama mit überraschender Humornote und Figuren, deren berührendes Schicksal lange nachhallt.
«Manchester by the Sea» ist ab dem 19. Januar 2017 in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
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23.01.2017 01:08 Uhr 1