Filmfacts «Mein Blind Date mit dem Leben»
- Regie: Marc Rothemund
- Drehbuch: Oliver Ziegenbalg, Ruth Toma
- Produktion: Yoko Higuchi-Zitzmann, Tanja Ziegler
- Darsteller: Kostja Ullmann, Jacob Matschenz, Herbert Forthuber, Kida Khodr Ramadan, Ludger Pistor, Anna Maria Mühe, Uwe Preuss, Johann von Bülow, Michael A. Grimm, Nilam Farooq
- Kamera: Bernhard Jasper
- Schnitt: Charles Ladmiral
- Laufzeit: 111 Minuten
- FSK: ohne Altersbeschränkung
Die rund zweistündige Dramödie «Mein Blind Date mit dem Leben» erzählt lose die Geschichte des Motivationsredners und Autoren Saliya Kahawatte. Der Deutsch-Singhalese verlor im Teenageralter annähernd 95 Prozent seines Sehvermögens, weigerte sich anschließend allerdings, sein Leben von diesem Handicap vordiktieren zu lassen. Also beschloss er, weiter seinen Wunsch zu verfolgen, in einem Luxushotel zu arbeiten. Da Bewerbungen mit ehrlichen Angaben bezüglich seiner Sehbehinderung allesamt abgelehnt werden, verschweigt er sie letztlich – und kriegt anschließend den begehrten Ausbildungsplatz. Was sich in Wirklichkeit in einem Hamburger Hotel abgespielt hat, verlegt Rothemund in seinem Film in den leinwandfüllenden, altmodisch-prunkvollen Bayerischen Hof in München.
Dort lernt Saliya den lockeren Lebemann Max (herrlich: Jacob Matschenz) kennen, der schon kurz nach diesem Treffen bemerkt, welche Scharade sein Mitauszubildender spielt. Aus dem verbissen jegliche Hürden nehmenden Saliya und dem sorgenfreien Max wird ein eingespieltes Team – trotzdem stellen sich dem nahezu blinden Träumer immer neue Herausforderungen, die zunehmend an seinem Nervenkostüm nagen …
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Saliyas erste Wochen am Bayerischen Hof inszeniert Rothemund als launige „Betrugsgeschichte“: Max und Saliya verheimlichen mit verschwörerischem Grinsen untereinander den Vorgesetzten Saliyas Handicap – und mit beschwingter Musik sowie glanzvoller Bildästhetik lädt der Regisseur sein Publikum dazu ein, sich mit den Beiden über jeden neuen Kniff zu freuen. Rothemund legt es unaufdringlich nahe, nicht über Saliya zu lachen, sondern mit ihm. Schleichend kehrt mit Johann von Bülows arrogantem Ausbilder Kleinschmidt, der daran einen Narren gefressen hat, Saliya zu piesacken, jedoch auch wieder größere Dramatik in die Handlung ein. Und auch die Liebelei mit der Gemüselieferantin Laura (Anna Maria Mühe) steht auf wackligen Beinen ...
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Inspirierend bleibt die Story dennoch: Ein gut gelauntes Inklusionsplädoyer, das humorvoll erklärt, welche Hürden Blinde im Alltag zu nehmen haben – und das die altbekannte Moral „Lebe deinen Traum“ auf unverbrauchte Weise neu aufzäumt. In Form der afghanischen Küchenkraft Hamid (Kida Khodr Ramadan) treibt Rothemund obendrein den Gedanken, Grenzzäune im Kopf des Publikums einzureißen, ganz charmant auch bei den Nebenfiguren fort: Solche sympathischen, nicht aber anbiedernden Nebenrollen braucht das deutsche Massenkino viel häufiger.
Fazit: Ein einfühlsam erzählter Gute-Laune-Film, der zu berühren weiß: «Mein Blind Date mit dem Leben» packt sein Thema ebenso sensibel wie gewitzt an und punktet mit einer tollen Darbietung von Kostja Ullmann.
«Mein Blind Date mit dem Leben» ist ab dem 26. Januar 2017 in vielen deutschen Kinos zu sehen.
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