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Brainpool-Geschäftsführer Grabosch: Ein Schock war der Raabschied nicht

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Über 15 Jahre arbeitete Jörg Grabosch mit Stefan Raab zusammen. Seine Firma Brainpool musste 2016, nach Raabs TV-Rente, umdenken. Im Interview spricht Grabosch über Stefan Raab und seine potentiellen Nachfolger, fragt warum ProSieben «TV total» nicht fortgesetzt hat, erinnert sich an «Anke Late Night» und kündigt neue Serien aus seinem Hause an.

Zur Person: Jörg Grabosch

Mit Late-Night hatte alles begonnen: Mitte der 90er gründete Jörg Grabosch, damals zusammen mit Ralf Günther und Martin Keß, die Firma Brainpool, um die Late-Nights von Harald Schmidt und Thomas Koschwitz zu produzieren. Ende der 90er kam «TV total» hinzu. Bei Weitem nicht die letzte große Brainpool-Marke: Neben den großen Raab-Hits produzierte man auch Sendungen wie «Die Wochenshow», «Ladykracher», «Elton vs. Simon», «Rent a Pocher», «Pastewka», «Stromberg» oder «Anke Late Night». Im Juli 2009 stieg die Mediengruppe Banijay Entertainment bei Brainpool ein.
Herr Grabosch, nun wird dem Menschen nachgesagt, ein Gewohnheitstier zu sein. Andere sind aber auch immer offen für Neues. Wie geht es Ihnen?
Ich bin schon offen für Veränderungen, das bringt mein Job ja mit sich. Ich glaube und hoffe, dass ich vielseitig interessiert bin. Aber natürlich: Fernsehen ist immer ein Stück weit auch Gewohnheit. Der Erfolg der «Tagesschau» hängt nicht zuletzt damit zusammen, dass die Sendung seit zig Jahren zur gleichen Zeit läuft. Schauen Sie auf die erfolgreichen Late-Night-Shows in Amerika: Letterman, Leno - alle waren über Jahre zur gleichen Zeit on air. Die «Sportschau» am Samstagabend ist eine Institution bei uns. Es gibt Traditionen, die enden nicht, auch wenn manche das herbeireden. Ich denke da auch an die große Samstagabendshow, die immer noch funktioniert. Der Samstagabend ist trotz aller Unkenrufe weiterhin die Königsdisziplin des Fernsehens.

2015 im Sommer hat Stefan Raab seinen „Raabschied“ verkündet. Raab hat bei Ihnen knapp 150 Folgen «TV total» pro Jahr gemacht, dazu teils an die 20 Eventshows. War das ein Schock für Sie oder direkt eine Chance, dass sich neue Türen öffnen werden?
Ein Schock war das nicht. Stefans Entscheidung war letztlich auch ein Prozess und nichts, was uns von einem Tag auf den anderen überrascht hat. Stefan hatte von ProSieben schon ein Jahr vor Ablauf seines Vertrags ein Angebot auf eine Verlängerung um fünf Jahre – also vier Jahre zusätzlich. Aber er hat sich natürlich gefragt, ob er das überhaupt noch will. Darüber hat er mindestens ein halbes Jahr nachgedacht und dann 2015 vor der Sommerpause entschieden. Natürlich ist der Moment, in dem es dann feststeht, trotz aller Vorbereitung nicht ganz einfach. Aber es war jetzt kein Blitzschlag, der aus heiterem Himmel kam. Es ist ja nicht ungewöhnlich, dass jemand wie Raab nach 20 Jahren im Geschäft mal etwas anderes machen will – im Gegenteil. Für Brainpool war es freilich ein Einschnitt, weil wir mit den Raab-Formaten etwa 50 Prozent unseres Umsatzes gemacht haben. Es gibt ja heute auch woanders kaum mehr eine Daily, so wie sie Stefan Raab hatte. Dazu kamen seine Events und – auch wenn wir dafür nicht verantwortlich waren – noch das Kanzler-Duell, dem er seinen Stempel aufgedrückt hat.

Warum sich das ProSieben mit der Marke «TV total» nicht getraut hat, müsste man den Sender fragen, aber ich glaube, dass Luke ein Kandidat gewesen wäre, der das gekonnt hätte.
Brainpool-Chef Jörg Grabosch hätte «TV total» nach dem Raabschied gerne weitergeführt
Stefan Raab war Ihr Aushängeschild. Er war jemand, der – mit Abstrichen am Ende – ein verlässlicher Quell neuer Ideen war. Ohne ihn haben jetzt neue Leute die Chance, ihre Kreativität auszuleben?
Stefan war ohne Frage über viele Jahre hinweg sehr kreativ. Er ist ein herausragender Künstler vor und hinter der Kamera. Aber seine Ideen waren immer auch Teamarbeit. Da waren Autoren, Redakteure und sonstige Kreative dran beteiligt. Diese Leute gibt es bei Brainpool ja weiterhin. Natürlich braucht jede Idee einen guten Protagonisten. Der war Raab natürlich. Aber wir haben jetzt neue Leute gefunden, zum Beispiel Luke Mockridge. Wenn ich an seinen Jahresrückblick in Sat.1 denke, dann war das im Ansatz etwas, was man als ins Jahr 2016 transformiertes «TV total» betrachten könnte. Es kam aus dem ehemaligen «TV total»-Studio, als Musiker waren die Heavytones dabei, das war nicht weit weg vom alten «TV total». Sehen Sie: In Amerika hat man «The Tonight Show» nach Johnny Carson und Jay Leno einfach mit Jimmy Fallon fortgesetzt. Warum sich das ProSieben mit der Marke «TV total» nicht getraut hat, müsste man den Sender fragen, aber ich glaube, dass Luke ein Kandidat gewesen wäre, der das gekonnt hätte.

Vielleicht lag das auch an den Erfahrungen damals mit «Anke Late Night»…
Vielleicht. Ich habe damals als Executive Producer bei Koschwitz und Schmidt am Bühnenrand gestanden. Zwei Jahre lang habe ich jede Show gesehen. Ich kann Ihnen heute noch die meisten Quoten von damals auswendig bis nach der Kommastelle nennen. Und wissen Sie was? Anke hatte keine schlechteren Quoten als Schmidt am Anfang. Hätte sie durchgehalten oder durchhalten wollen, wäre ihre Sendung ein Erfolg geworden. Aber sie hatte in dem Format nicht so viel Spaß. Man muss es wollen, einer solchen Kritik, wie es sie damals gab, standzuhalten. Anke wollte dann eher wieder mehr schauspielerisch und nicht so sehr als klassische Moderatorin arbeiten. Das ist natürlich vollkommen okay. Ich bin aber sicher, dass es auch heute Leute gibt, die eine solche Daily-Late-Night-Show machen könnten. Beispielsweise Jan Böhmermann oder Klaas Heufer-Umlauf. Auch Carolin Kebekus hat das Zeug dazu.

Late-Night ist quasi auf Markus Lanz zusammengeschrumpft
Brainpool-Chef Jörg Grabosch über Late-Night-Formate in Deutschland
Wie stehen die Chancen auf eine neue Late Night Show in Deutschland?
Offensichtlich schlecht. Late-Night ist quasi auf Markus Lanz zusammengeschrumpft. Eine Late-Night-Show muss vier Mal wöchentlich, montags bis donnerstags, laufen. Ihre Frage ist ganz praktisch beantwortet: Kein Sender hat so etwas momentan beauftragt. Also will offensichtlich niemand derzeit wieder eine Late-Night. Ich würde mir aber wünschen, es wäre anders.

Sie haben Luke Mockridge mit seinem Sat.1-Format angesprochen. Seine Show ist von Staffel zu Staffel stärker geworden. Das dürfte für Sie immer eine große Hoffnung in der Zeit nach Raab gewesen sein.
Luke hat eine wirklich tolle Entwicklung genommen. Er hat bei «NightWash» klein angefangen – das ist übrigens erst vier Jahre her. Inzwischen ist er unglaublich erfolgreich. Auf seiner letzten Tour „I‘m Lucky, I’m Luke“ hat er mehr als 300.000 Zuschauer gehabt. Auch für seine gerade angelaufene Tour „Lucky Man“ sind schon über 250.000 Tickets verkauft worden. Seine Sat.1-Show ist als Weekly von Staffel zu Staffel stärker geworden, im Hinblick auf die Quoten wie auch inhaltlich. Wenn es irgendwann wieder eine Daily-Late-Night geben sollte, ist Luke sicherlich der Kandidat Nummer 1 dafür. Natürlich haben auch andere das Zeug dazu: Obwohl ich kein Fan von ihm bin, muss man da auch Jan Böhmermann nennen. Er hat schon große Momente, wie etwa die Musical-Folge, die er vor der Sommerpause gemacht hat. Großartig produziert. Aber ich glaube, sein Humor ist zu spitz. Als Late-Night musst du eigentlich schon zehn Prozent holen – und davon ist er doch ein bisschen entfernt.

Lesen Sie auf der nächsten Seite: Wie sieht Jörg Grabosch die Konkurrenz im Show-Bereich für «Schlag den Star»? Und was musste er bei seiner Arbeit für RTL II (im Februar kommt ein Curling-Event von ihm) lernen?

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