Cast & Crew
Vor der Kamera:Christian Friedel als Adi Dassler
Hanno Koffler als Rudi Dassler
Hannah Herzsprung als Friedl Dassler
Alina Levshin als Käthe Dassler
Joachim Król als Christoph Dassler
Johanna Gastdorf als Pauline Dassler
Rafaerl Gareisen als Armin Dassler
Oliver Konietzny als Horst Dassler
Hinter der Kamera:
Regie: Cyrill Boss & Philipp Stenner
Drehbuch: Christoph Silber, Cyrill Boss & Philip Stennert
Bildgestaltung: Philip Peschlow
Szenenbild: Albrecht Konrad
Kostümbild: Gabriele Binder
Maske: Birger Laube
Produzenten: Quirin Berg & Max Wiedemann
Redaktion: Claudia Luzius (ARD Degeto) & Sascha Schwingel (ARD Degeto)
Herzogenaurach, 1922: Die Familie Dassler verdient ihren Lebensunterhalt mit dem von Vater Christoph (Joachim Król) geführten Schusterbetrieb der Familie, in dem Adi Dassler (Christian Friedel) seinem Herrn Papa fleißig unter die Arme greift. Auch Adis Bruder Rudi (Hanno Koffler) findet in dieser Zeit seinen Weg zurück ins Elternhaus. Die sportbegeisterten Brüder fassen sich schnell ein gemeinsames Ziel ins Auge: Den perfekten Sportschuh zu entwickeln. Während der geschickte Geschäftsmann Rudi das Familienunternehmen wirtschaftlich rasch nach vorne bringt, befasst sich der handwerklich sehr begabte Adi mit der Weiterentwicklung ihres Schuhs. Der Erfolg lässt nicht lange auf sich warten und im Rahmen der Olympischen Spiele 1936 gelingt der Gebrüder Dassler Schuhfabrik sogar der internationale Durchbruch. Alles ändert sich jedoch, als der Zweite Weltkrieg die heile Welt der Dasslers zerstört. Rudi wird eingezogen, während Adi das Unternehmen alleine führt. Dass Misstrauen wächst in dieser Zeit und auch die Ehefrauen Käthe (Alina Levshin) und Friedl (Hannah Herzsprung) tragen bald die Konflikte zwischen den Brüdern untereinander aus. Der endgültige Bruch folgt 1948: Die Gebrüder Dassler Schuhfabrik spaltet sich in zwei neue Unternehmen auf, eines für jeden Bruder. Die Namen: Adidas und PUMA.
Duell der Filme: Auf Kurzweil folgt Sorgfalt
Dass die Brüdergeschichte zwischen Adolf und Rudolf Dassler im Fernsehen ein Millionenpublikum anzulocken vermag, zeigte sich bereits im Vorjahr: Knapp fünf Millionen Interessenten ließen «Das Duell der Brüder – Die Geschichte von Adidas und PUMA» auf RTL zum Mega-Erfolg werden. Doch inhaltlich gab es durchaus Kritik. Dass man sich im Rahmen des Eventfilms dafür entschied, es mit den wahren Begebenheiten nicht ganz so genau zu nehmen, um aus dem Spielfilm eine kurzweiligere und bekömmlichere Good Guy-Bad Guy-Geschichte zu spinnen, wurde besonders von Kennern der historischen Tatsachen mit gemischten Gefühlen aufgenommen. «Die Dasslers» verschreibt sich einer unaufgeregteren Herangehensweise, versteht es aber dabei besser, neben dem Verhältnis der Brüder, die spannenden Entwicklungen abzubilden, die sich im Laufe der deutschen Geschichte parallel in Politik und Sport vollzogen.
Dass daraus ein Zweiteiler entstand, ist nicht nur auf die akkurate Aufarbeitung der Brüdergeschichte und deren Begleitumstände zurückzuführen, sondern auch auf die Zeitspanne, die der Film beleuchtet. Konzentrierte sich bereits das «Duell der Brüder» auf gleich drei Dekaden von 1924 bis 1954, geht «Die Dasslers» noch weiter und befasst sich bis ins Jahr 1974 hinein mit dem Leben der ungleichen Brüder. Diese Entscheidung führt zu einer größeren emotionalen Tragweite der Geschichte und durch die stete Berücksichtigung des Zeitgeists, gelingt es dem ARD-Zweiteiler zwei hochinteressante Persönlichkeiten der deutschen Geschichte facettenreich abzubilden.
«Die Dasslers» beschränkt sich nicht auf die Erklärung des Konflikts anhand charakterlicher Differenzen oder sogar die Einteilung in Gut und Böse. Besonders in den Jahren, die zum endgültigen Bruch der Brüder hinführen, unterliegt das Verhältnis von Adi und Rudi auch dem Wellengang der Politik. Machen sich die Brüder zu Beginn noch die nationalsozialistischen Gedanken zunutze, um ihr Unternehmen nach vorne zu bringen, nehmen Eifersucht und Argwohn kurz darauf im Kontext des Faschismus zu. Entwicklungen im Verhältnis der Brüder sind auch für den Rest des Films immer als Reaktion auf vorangegangene Ereignisse zu bewerten. Daraus resultiert bis zum Ende des Zweiteilers ein facettenreicher und ambivalenter Blick auf die komplexe Beziehung des Brüderpaars, in dessen Rahmen es kaum möglich ist, Partei für einen der beiden Charaktere zu ergreifen.
- © ARD Degeto/Wiedemann & Berg/Martin Spelda
In der ARD-Version werden die Dassler-Brüder Adi und Rudi von Christian Friedel, (links) und Hanno Koffler (rechts) gespielt. In der RTL-Version der Geschichte hatten Ken Duken und Torben Liebrecht die Hauptrollen inne.
Der zweite Teil des Films widmet sich schließlich ganz der leidenschaftlichen Rivalität, die durch die Gründung der Konkurrenzunternehmen Adidas und PUMA in Gang gesetzt wird. Während die ersten 90 Minuten noch das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte thematisierten, erwartet Zuschauer später der Fokus auf die Entwicklung der Sportwirtschaft und die Unternehmensgeschichte beider Weltmarken, der reichlich neue Einblicke gewährt. Unter anderem avon, wie der Sport durch den Einzug des Kapitalismus seine Unschuld verliert oder wie Sportler und Unternehmen diese Entwicklung rücksichtslos für ihre Zwecke nutzen und auch vor strategischem Foulspiel nicht zurückschrecken.
Warum das Skript von «Die Dasslers» der wahre Star ist
Doch bei aller Nähe zur deutschen Geschichte sollten Leser nicht von einem trockenen Historienfilm ausgehen, dafür zeigt sich die Produktion viel zu verspielt in Sachen Bildsprache und Metaphern. Trotz drei Stunden Laufzeit werden Zuschauer daher auch bei der zweiten und dritten Ansicht Neues im Film entdecken. Verschiedenste Requisiten erfüllen im Film narrative Funktionen, wiederholt abgebildete Motive erscheinen im Angesicht der fortgeschrittenen Erzählung in völlig neuem Licht und die Konkurrenzsituation der beiden so gegensätzlichen Brüder, die sich nur in ihrem unerschütterlichen Ehrgeiz so ähneln, spiegelt sich stets in visuellen Anspielungen. Autor Christoph Silber und die Regisseure Cyrill Boss und Philipp Stennert, die ebenfalls am Drehbuch mitschrieben, lassen ihrer Kreativität freien Lauf und dadurch für den Zuschauer semantisch vielschichtige Entdeckungen zu, die außerdem von teilweise denkwürdigen Dialogen begleitet werden.
Silber, Boss und Stennert haben erkannt, welche Möglichkeiten die Geschichte von Adi und Rudi Dassler tatsächlich bietet und diese schöpfen sie voll aus. In 180 Minuten kreierten sie die anspruchsvollere, die authentischere und die würdigere fiktionale Aufarbeitung der Brüdergeschichte, wobei die Produktion nicht vor riskanten Entscheidungen zurückschreckte. Für die Zeitspanne von über 50 Jahren hätte die Verpflichtung anderer Darsteller zur Porträtierung der gealterten Firmengründer sicher die einfachere Wahl dargestellt, stattdessen entschied man sich dafür, Christian Friedel und Hanno Koffler Dank der großartigen Arbeit von Maskenbildner Birger Laube kontinuierlich altern zu lassen. Das öffnet auch den Schauspielern neue Möglichkeiten, sich in ihre Rolle hineinzufühlen, einen Figurenkern auszumachen und diesen situationsabhängig weiterzuentwickeln.
«Die Dasslers – Pioniere, Brüder und Rivalen» gelang es damit, einen Zweiteiler zu schaffen, der in vielerlei Hinsicht preiswürdig ist. Dieser Erfolg fußt auf einem großartigen Skript, das die charakterlichen Veranlagungen seiner Protagonisten in Beziehung zu historischen Entwicklungen setzt und dem Zuschauer damit ein Gefühl für die Beweggründe und Handlungsweisen selbiger gibt. Gleichzeitig verfügt «Die Dasslers» über reichlich visuelle und narrative Zwischentöne, um den Film auch zum stilistischen Leckerbissen zu machen, wobei sich die Kinematografie stets der Geschichte und ihren Charakteren unterordnet, deren Darsteller aufblühen. «Die Dasslers» bietet anspruchsvolle Feiertagsunterhaltung mit hoch aufschlussreichen historischen Elementen.
Das Erste strahlt «Die Dasslers - Pioniere, Brüder und Rivalen» am Karfreitag, 14. April und Karsamstag, 15. April 2017, jeweils um 20:15 Uhr aus. Schon ab Montag, dem 10. April 2017, stehen beide Teile in der ARD-Mediathek zum Abruf bereit.
Es gibt 3 Kommentare zum Artikel
10.04.2017 12:04 Uhr 1
Davon abgesehen schöne Rezension, die endlich auch mal ausdrücklich den Wert eines guten Drehbuchs anerkennt.
10.04.2017 14:36 Uhr 2
10.04.2017 16:21 Uhr 3