Journalismus ist und bleibt ein guter und wichtiger Beruf. Es ist mehr denn je notwendig, dass wir auch in Zukunft gute Journalisten haben, die unseren Zuschauern und Lesern gute und seriöse Informationen präsentieren und eben nicht das anbieten, was sich sonst noch unter dem Deckmantel der Information versteckt. Gott sei Dank gibt es auch immer noch genug junge Menschen, die sich an den Journalistenschulen bewerben.
Was antworten die jungen Bewerber an Ihrer Schule auf die Frage, warum sie Journalist werden wollen?
Das fragen wir im Bewerbungsprozess tatsächlich ab. Wir spüren Neugier, die Motivation Themen nachzugehen und Sachverhalte aufzudecken. Die Schüler wollen Dingen auf den Grund gehen und Geschichten entdecken. Verbunden mit dem Wunsch, dies zu publizieren, ob im Video oder als Wort.
Journalismus ist also noch ein Traumberuf?
Ja, auf jeden Fall - für all diejenigen, die mit Neugier und Sorgfalt mit Menschen, in Kontakt kommen möchten. Es ist aber so, dass der Traumberuf in den letzten Jahren Kratzer bekommen hat, weil sich die ökonomischen Bedingungen verschlechtert haben. Der wirtschaftliche Druck ist größer geworden, die Informationsflut nimmt immer weiter zu. Da hat es der Printbereich noch schwerer als wir in der Fernseh- und Videojournalismussparte.
Die Bewerberzahlen an Ihrer Schule gehen zurück.
Ja, sie sind leicht zurückgegangen. Bei uns sind es momentan 30 bis 40 Bewerbungen weniger pro Jahrgang, aber ich finde es nicht dramatisch, wenn sich statt 420 nur rund 390 Leute bewerben. Da hat vielleicht die Diskussion um die angebliche Lügenpresse den ein oder anderen jungen Menschen davon abgehalten, sich für diesen Beruf zu entscheiden. Zwar berichten von leichten Rückgängen auch die Schulleiter der anderen Journalistenschulen auf unserem jährlichen Treffen, aber wir haben alle weitaus mehr Bewerber als Plätze.
Welche berufliche Realität vermitteln Sie Ihren Schülern?
Ehrlich gesagt sind wir als Journalistenschule für das Fernsehen in einer relativ komfortablen Lage. Alle Absolventen des letzten Jahrgangs haben nach der Schule auch journalistisch weitergearbeitet. Etwas mehr als die Hälfte ist jetzt in der RTL-Mediengruppe beschäftigt, viele von Ihnen in Vollzeit, andere auf Tagessatzbasis. Manche sind auch beim WDR untergekommen oder bei TV-Produktionsfirmen. Sie haben also ein Auskommen und ich kann sagen, dass nach einer Ausbildung bei uns die Wahrscheinlichkeit, später auch vom Beruf leben zu können, recht hoch ist. Allerdings muss man sagen, dass es für Absolventen von Journalistenschulen in Richtung Zeitungsjournalismus etwas schwieriger aussieht. So wurden z.B. auch in NRW Lokalredaktionen zusammengelegt.
Wie viele Ihrer 30 Schüler stellen nach der Ausbildung oder im Volontariat fest, dass der Traumberuf Journalismus vor allem aus Überstunden besteht?
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Man kann im Journalismus nicht um 17 Uhr gehen, wenn um 16:50 Uhr etwas geschieht.
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Leonard Ottinger, Leiter der RTL-Journalistenschule
Auf RTL laufen tagsüber zum Beispiel hauptsächlich Scripted-Reality-Formate. Warum brauchen Sie investigative Journalisten?
Weil das Informationsangebot der Mediengruppe RTL zugenommen hat. In den letzten Jahren ist zum Beispiel «Team Wallraff» dazugekommen, oder die Recherchekooperation mit Correctiv. Der Bereich Thema Reportage und Dokumentation und die Bewegtbildberichterstattung im Netz wurden ausgebaut. Schauen Sie sich mal RTL Next an! Wir stellen heute nicht mehr einfach Fernsehbeiträge ins Netz, sondern produzieren für das Netz Bewegtbild. Da steigt der Personalbedarf - und das nicht nur bei RTL, sondern beider gesamten Mediengruppe RTL mit n-tv, VOX oder den «RTL II News». Es gibt also genug Fläche für investigative Journalisten.
Ich habe also mit einer Ausbildung an Ihrer Schule später bessere Chancen, weil Sie für das Fernsehen ausbilden, als an einer anderen Schule, die hauptsächlich für den Print ausbildet?
Ja. Unsere Journalistenschüler haben sehr gute Chancen. Auch die Absolventen anderer Journalistenschulen, die zum Beispiel große Verlage als späteren Arbeitsort haben, stehen auch noch gut da. Im Regional- und Lokaljournalismus allerdings ist das gerade recht mühsam.
Lesen Sie auf der nächsten Seite: Was Leonard Ottinger Print-Journalisten rät und wie man als junger Reporter mit Lügenpresse-Vorwürfen umgehen sollte.
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