Die Kino-Kritiker

«Your Name»: Ein Körpertauschfilm der anderen Art

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Am 11. und 14. Januar haben deutsche Anime- und Filmliebhaber die Möglichkeit, den japanischen Jahrhunderterfolg «Your Name» auf der großen Leinwand zu sehen.

Filmfacts: «Your Name»

  • Event: 11. und 14. Januar 2018
  • Genre: Drama/Komödie/Anime
  • FSK: 6
  • Laufzeit: 106 Min.
  • Kamera: Makoto Shinkai
  • Musik: Radwimps
  • Buch und Regie: Makoto Shinkai
  • Deutsche Sprecher: Laura Jenni, Maximilian Belle
  • OT: Kimi no na wa. (JP 2016)
Es ist paradox: Als Kind ging für viele nichts über die nachmittäglichen Cartoon- und Animeserien auf einschlägigen Privatsendern; als Film haben es die japanischen Zeichentrickwerke hierzulande hingegen weitaus schwieriger. Nur wenige Produktionen schaffen überhaupt den Weg in die Kinos; und wenn doch, erhalten sie nicht selten einen limitierten Start. Dasselbe Schicksal ereilt auch Makoto Shinkais «Your Name» – ein Fantasydrama über zwei Jugendliche, die immer wieder aus dem Nichts ihre Körper tauschen und nach und nach dahinter kommen, was es damit auf sich hat. In Deutschland (und Österreich) ist der Film, der in seinem Entstehungsland mittlerweile der erfolgreichste überhaupt ist, am 11. und 14. Januar zu sehen. Und diese Möglichkeit sollte man sich nicht entgehen lassen, denn nicht nur der bahnbrechende Kassenerfolg in seiner Heimat sollte Filmliebhabern das Kinoticket wert sein. Genauso wenig ist die detailverliebt-kreative Optik das einzige Verkaufsargument. So ganz ohne Vorwissen entspinnt sich auf der Leinwand ein Spiel mit der Erwartungshaltung, mit verschiedenen Genres und Tonfällen – und damit letztlich mit unseren Gefühlen. «Your Name» ist auf jeden Fall ein Erlebnis.

Körpertausch wider Willen


Mitsuha lebt gemeinsam mit ihrer kleinen Schwester Yotsuha bei ihrer Großmutter in einer ländlichen Kleinstadt Japans. Insgeheim beklagt sie ihr abgeschiedenes Dasein in der Provinz und wünscht sich ein aufregendes Leben in der Großstadt. Taki würde sich freuen, so beschaulich aufzuwachsen, denn er wohnt in der Millionen-Metropole Tokio, verbringt viel Zeit mit seinen Freunden und jobbt neben der Schule in einem italienischen Restaurant. Eines Tages scheint Mitsuha einen Traum zu haben, in dem sie sich als Junge in Tokio wiederfindet. Parallel macht Taki eine ähnliche Erfahrung: Er findet sich als Mädchen in einer Kleinstadt in den Bergen wieder, wo er noch nie zuvor war. Doch wie kommt es zu dieser schicksalhaften Verstrickung und welches Geheimnis verbirgt sich wirklich hinter den Träumen der beiden Teenager?

Mit 354 Millionen US-Dollar ist «Your Name» nach Einspielergebnis der bislang weltweit erfolgreichste Anime überhaupt. Als Inspiration dienten Makoto Shinkai («Die Reise nach Agartha») eigenen Angaben zufolge verschiedene Geschlechtertausch-Mangas, Romane und Kurzgeschichten wie etwa «The Safe-Deposit Box» des Australiers Greg Egan. «Your Name» ist bei aller intensiven Konzentration auf Japan als Kulisse mitnichten ein rein asiatisch geprägter Film, sondern vor allem in seiner Thematik und gleichermaßen zeitgemäßen wie zeitlosen Message ein auf internationaler Ebene auslegbares Werk. Das würde auch den Erfolg erklären, der sich nun anschickt, in Deutschland fortgeführt zu werden. Denn auch hierzulande ist das Motiv Körpertausch (und ein weiteres, das aus Spoilergründen an dieser Stelle jedoch nicht genannt werden soll – schon die deutsche Subline des Films verrät im Grunde zu viel) ebenso verständlich, wie in Japan. Shinkais Charaktere gehen mit der Situation exakt so um, wie man es von jedem anderen Teenager erwarten würde; das nimmt «Your Name» eine bei der anschließend folgenden Komplexität durchaus zu befürchtende Verkopftheit und präsentiert den Film in der ersten halben Stunde als waschechte Komödie.

Es ist einfach ungeheuer amüsant, den beiden Hauptfiguren Mitsuha (im deutschen: Laura Jenni) und Taki (Maximilian Belle) dabei zuzusehen, wie diese sich nach und nach ihrem nicht selbst gewählten Schicksal fügen und sich dabei smarter Handgriffe bedienen, um einander in Kontakt zu treten und das sukzessive entstehende Chaos so klein wie möglich zu halten. Auch vor ein wenig plattem Körperhumor scheut Shinkai nicht zurück.

Ein Spiel mit den Erwartungen des Zuschauers


Diesen flott-humoristischen Einstieg in «Your Name» garniert der auch für das Drehbuch und die diesem zugrundeliegenden Roman verantwortliche Makoto Shinkai mit interessanten Beobachtungen der japanischen Kultur sowie ausgiebigen Charakterzeichnungen. Die Hintergründe der Figuren, eingebettet in ihre jeweilige Lebenssituation inklusive Freunden, Familie, Wohnort und Freizeitbeschäftigungen, werden im weiteren Fortverlauf der Handlung immer entscheidender. Sie dienen nicht bloß dazu, die Unterschiede der beiden Protagonisten zu betonen und eine möglichst große Fallhöhe daraus zu entwickeln. Sie sind die Grundlage für einen emotionalen Wandel von der Bodyswitch-Comedy, hin zum philosophischen Drama, das sich Themen annimmt, das auch den Zuschauer vor der Leinwand direkt ins Geschehen involviert. Dabei stellt «Your Name» nicht bloß genretypische „Was würdest Du an ihrer Stelle tun?“-Fragen, sondern schaut tiefer hinter die Fassade menschlicher Existenz.

Bis zum emotionalen Höhepunkt benötigt der Zuschauer hier und da Sitzfleisch; vor allem in der deutschen Synchronfassung, die qualitativ sehr gut geraten ist, jedoch nicht jedes sprachliche Detail des japanischen Originals so übernehmen kann, dass es nicht doch hier und da zu Wiederholungen kommt und so an mancherlei Stelle eine gewisse Redundanz entsteht, zieht sich der Film im Schlussdrittel. Ebenso übergeht Makoto Shinkai mehr als einmal den perfekten Schluss, um noch einmal eine Szene dranzuhängen. Kleinigkeiten, die den Gesamteindruck jedoch nur bedingt schmälern.

Neben der erzählerischen Komponente ist die optische von «Your Name» mindestens genauso wichtig. Die gezeichneten Kulissen stecken nicht bloß voller Liebe zu den abgebildeten realen Schauplätzen, sie sind außerdem übersät mit Anspielungen für die Liebhaber japanischer Popkultur und Animes im Allgemeinen. Mit fortschreitender Laufzeit entwickelt sich die zu Beginn noch verspielt-kindliche, eher farbenfrohe Optik immer weiter hin zu einem düster-gesetzten Erscheinungsbild, das die Melancholie der Geschichte perfekt einfängt. Vor allem in der zweiten Hälfte, in denen Makoto Shinkai immer wieder Landschaftspanoramen wie Stillleben für sich sprechen lässt, ließe sich jedes Bild als Gemälde an die Wand hängen; so abgegriffen sich das Prädikat „Augenschmaus“ auch liest, so perfekt lässt es sich auf ]]Your Name]] anwenden. Musikalisch greifen die Macher nicht bloß auf sich der Kultur anpassende Instrumentalklänge zurück, sondern auch auf Popsongs, die auch in der deutschen Fassung nicht übersetzt, dafür untertitelt werden. Das ist wichtig – untermalen sie das Gezeigte doch oft textlich um eine zusätzliche Ebene und ergänzen den Film somit ideal.

Damit greift in «Your Name» alles Hand in Hand; und passend dazu holt das Endergebnis den Zuschauer auch auf jeder einzelnen Inszenierungsebene ab.

Fazit


„Your Name“ ist eine regelrechte Wundertüte an kreativen Einfällen, die so unverhohlen auf das Publikum losgelassen werden, dass am Ende kaum ein Augen trocken bleiben dürfte.

«Your Name» ist am 11. und 14. Januar in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.

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