Cast & Crew
Vor der Kamera:Thomas Thieme als Jakob Franck
Devid Striesow als Ludwig Winther
Ursina Lardi als Doris Winther und Inge Nemetzki
Stephanie Amarell als Esther Winther
Thomas Prenn als Jan Roland
Christian Kuchenbuch als André Bock
u.v.m.
Hinter der Kamera:
Buch: Volker Schlöndorff
Regie: Volker Schlöndorff
Kamera: Tomas Erhart
Produzenten: Jens C. Susa, Martin Choroba
Der pensionierte Kriminalhauptkommissar Jakob Franck (Thomas Thieme), der oft als „Todesbote“ Angehörige informieren musste, hofft jetzt ein Leben jenseits der Toten führen zu können. Doch die Vergangenheit holt ihn ein, als sich ein verzweifelter Mann an ihn wendet. Es ist Ludwig Winther (Devid Striesow), dessen Ehefrau Doris (Ursina Lardi) sich gerade selbst erhängt hat. Er gibt dem Kommissar eine Mitschuld an ihrem Tod.
Franck erinnert sich: Vor zwei Jahren hatte er Doris Winther die Nachricht vom Tod der 17-jährigen Tochter Esther (Stephanie Amarell) überbringen müssen und ihr dann sieben Stunden, ohne ein Wort zu sprechen, beigestanden. Das war selbst für ihn, der besonders einfühlsam mit Hinterbliebenen umgehen kann, sehr ungewöhnlich. Laut polizeilichem Untersuchungsergebnis war die Todesursache der Tochter Selbstmord durch Erhängen. Der Vater hielt das schon damals für falsch und glaubt nach wie vor, dass Esther ermordet wurde. Er wünscht sich Klarheit. Ex-Kommissar Jakob Franck fühlt sich verpflichtet und macht sich daran, "einen toten Fall zum Leben zu erwecken" und mithilfe seiner eigenen Methode, der „Gedankenfühligkeit“, die näheren Umstände von Esthers Tod aufzuklären.
Ein alter Mann und ehemaliger Ermittler kehrt für eine persönliche Angelegenheit aus dem Ruhestand zurück – eine Geschichte, die durchaus schon häufiger in Film und Fernsehen erzählt wurde. Die Besonderheit liegt hier im Persönlichen als reinem Bauchgefühl, dem unlogischen wirkenden Glauben, jemanden zu kennen, den man nur für wenige Stunden getroffen hat, und der trotz größtenteils vorherrschender Schweigsamkeit vertraut schien. Jedoch werden Francks Beweggründe aus dem Ruhestand zurückzukehren recht schnell mit seiner emotional angeschlagenen Persönlichkeit, dieser Begegnung und etwas Langeweile abgehandelt, was möglicherweise der Laufzeit des Films geschuldet ist, solch einem Entschluss jedoch kaum gerecht wird.
Bei «Der namenlose Tag» handelt es sich um einen ruhig erzählten, dialoglastigen Krimi. Die Story entwickelt sich bedächtig und schlägt ein eher gemächliches Tempo an. Auch wenn Spannung angesichts der Ereignisarmut kaum aufkommt, bleibt der Krimi interessant. Spur für Spur kommt der ehemalige Kommissar der Wahrheit ein Stück näher. Hier und da wurden falsche Fährten eingestreut, auf spektakuläre Wendungen wird hingegen verzichtet. Auffällig ist der enorme Einsatz von Flashbacks. Immer wieder werden in der Retrospektive Schlüsselszenen aus dem Leben der toten Esther und Doris gezeigt. Das funktioniert prächtig, um im Kopf des Zuschauers fehlende Puzzleteile, vor allem im Hinblick auf das verschlossene, geheimnisvolle Mädchen zusammenzusetzen. Allerdings wird das Stilmittel etwas überstrapaziert.
Der gut aufgelegte Cast überspielt mühelos kleinere optische Ungereimtheiten. Hauptdarsteller Thomas Thieme gelingt es herausragend, die stetig mitschwingende Gefühlswelt des ehemaligen Kommissars Franck pointiert mit dessen bärbeißigen Auftreten und ruhiger Professionalität zu verknüpfen. Seine starken, emotionalen Auftritte als Überbringer der Todesnachricht gehen an die Nieren und können doch nur einen Eindruck davon Erwecken, welche Kraft für diesen Beruf nötig ist. Francks visionsartige Methode der „Gedankenfühligkeit“ mutet allerdings etwas seltsam an. Dabei legt sich die Hauptfigur auf den Rücken und starrt an die Decke, auf der sich in alter Projektoroptik bruchstückhaft die Szenen abspielen, die zur Lösung des Falls beitragen. Dabei bleibt es bei dieser sehr bildhaften Darstellung. Warum Franck diese besondere Fähigkeit beherrscht, wird jedoch leider nicht aufgeklärt.
Auch Ursina Lardi weiß in ihrer Doppelrolle als ungleiche Zwillingsschwestern zu überzeugen. Einerseits gefällt sie als eher bieder daherkommende, trauernde Mutter aus Erfurt. Andererseits als exzentrische Kunstlehrerin, die ihre Freiheit und vermeintliches Glück in der Hauptstadt zelebriert. Ergänzt werden die Hauptfiguren durch Devid Striesow als nervös-hysterischem Vater, der durchgängig ein verdächtiges Gefühl beim Zuschauer hinterlässt.
Stilistisch fällt sofort das düstere Setting ins Auge. Zwar darf dieses als durchaus typisch für vergleichbare Krimis gelten, ist jedoch in diesem Fall besonders demonstrativ und wirksam. In kalten Bildern wird die Verzweiflung der Charaktere festgehalten. Abend- und Nachtszenen in mäßig beleuchteten Wohnungen oder dunkle Berliner Eckkneipen, an allen Drehorten wird die dunkle, schwere Atmosphäre unterstrichen. Einen Kontrast dazu bilden nur manche Flashbacks, die so hell gehalten wurden, dass sie absichtlich überbelichtet wirken.
Das ZDF zeigt «Der namenlose Tag» am Montag, den 5. Februar um 20.15 Uhr.
Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
05.02.2018 21:47 Uhr 1
Gerne mehr von der Sorte!
Wieso der bei Euch nur 75 % bekommen hat, ist mir ein Rätsel!