Die Kino-Kritiker

«Game Night» – Spieleabende werden nie mehr so sein wie früher

von   |  1 Kommentar

Rachel McAdams und Jason Bateman begeistern in einer munter-trockenen, schwarzhumorigen Komödie voller Dialogwitz und mit edler Thriller-Ästhetik.

Das Spielziel


«Game Night»-Spielzubehör und weitere Angaben

  • Regie: John Francis Daley, Jonathan Goldstein
  • Produktion: John Davis, Jason Bateman, John Fox, James Garavente
  • Drehbuch: Mark Perez
  • Darsteller: Jason Bateman, Rachel McAdams, Billy Magnussen, Sharon Horgan, Lamorne Morris, Kylie Bunbury, Jesse Plemons, Michael C. Hall, Kyle Chandler
  • Musik: Cliff Martinez
  • Kamera: Barry Peterson
  • Schnitt: Jamie Gross, Gregory Plotkin, David Egan

  • Spieldauer: 100 Minuten
  • Für Spieler ab: ab 12 Jahren
In «Game Night» geht es darum, den ultimativen Spieleabend mitzuerleben. Dazu machen wir uns zunächst mit Max (Jason Bateman) und Annie (Rachel McAdams) bekannt. Die Zwei sind absolut spielverrückt und lieben (fast) nichts mehr, als sich in Wettbewerben zu messen – höchstens ihre Liebe zueinander ist größer. Logisch, dass sie deswegen regelmäßig Spieleabende mit ihren Freunden veranstalten, bei denen ihre Freunde Ryan (Billy Magnussen), Kevin (Lamorne Morris) und Michelle (Kylie Bunbury) zum Stammpersonal gehören. Neuerdings gilt es obendrein, diese Spieleabende vor ihrem Nachbarn geheimzuhalten, dem psychopathisch anmutenden Polizisten Gary (Jesse Plemons).

Max und Annie haben zudem eine Nebenmission zu erfüllen: Das glücklich verheiratete Paar scheitert seit Jahren dabei, Kinder zu bekommen. Ihre Ärztin mutmaßt, dass der ständige Wettbewerbsstress die Fruchtbarkeit des Paares beeinträchtigt. Da es keine Option ist, die Spieleabende aufzugeben, deutet sich eine alternative Lösung an: Max muss es einfach endlich einmal seinem erfolgreicheren (und in den Augen vieler Frauen attraktiveren) Bruder Brooks (Kyle Chandler) zeigen. Das ist einfacher gesagt als getan, denn der platzt plötzlich mit vollem Karacho in Max' und Annies Wochenendplanungen, prahlt herum und plant einen aufregenden Spieleabend, bei dem eine Entführung vorgetäuscht wird. Doch wie viel davon ist Rollenspiel und wie viel reales Verbrechen? Eine halsbrecherische Entdeckungsreise voller Lacher, Kracher und Verwirrungen steht bevor!

Die Spielvorbereitung


Zunächst gilt es, das Spielbrett aufzubauen – also die Welt zu erschaffen, in der dieser schwarzhumorige, temporeiche und spannende Spaß angesiedelt ist. Keine Sorge, wer bei «Game Night» zuschlägt, muss sich um nichts kümmern. Diese Aufgabe übernehmen Drehbuchautor Mark Perez («Herbie Fully Loaded - Ein toller Käfer startet durch») sowie das Regie-Duo Jonathan Goldstein & John Francis Daley («Vacation – Wir sind die Griswolds»). Perez etabliert auf Anhieb, dass wir es in «Game Night» mit einem der unseren Welt verblüffend ähnlichen Paralleluniversum zu tun haben – in dem aber alle Menschen eine Spur aufgekratzter und schlagfertiger sind als in der Wirklichkeit. Daley und Goldstein unterstreichen dies mit einer der Titeleinblendung voranstehenden Montage, die in eiligem Tempo nicht nur Max' und Annies Beziehung auf wenige Wendepunkte herunterbricht, sondern mit sketchartiger Überzeichnung und entsprechend süffisanter Bildsprache klar macht: Hier regiert der Spielewahnsinn – und alle Beteiligten wissen, wie irre das ist.

Nicht weitererzählen, da «Game Night» ein Warner-Projekt ist, aber der Stil eines kollegialen Spieleverlags könnte Pate stehen: Diese launige Produktion mutet wie eine Sony-Komödie an. Alles geht sehr flott voran und die Figuren sind verschroben gezeichnet, dennoch geht es nicht darum, sich über sie lustig zu machen – es geht darum, mit ihnen zu lachen: Perez hat ein Herz für seine Figuren, gestattet Annie und Max aller Spielsucht zum Trotz authentisch wirkende Dialoge, in denen sie sich mit Herzblut über ihre Zukunft austauschen oder besonnen, aber kritisch einander wegen begangener Fehler kritisieren.

Auch das Beta-Pärchen Kevin und Michelle, dass sich wegen eines Trinkspiel-Versprechers kabbelt, ist mehr als nur "das streitende Paar". Es ist zugleich das Max und Annie mit verwirrten Blicken kommentierende, vernünftige Korrektiv – und sie sind die analytisch vorgehenden Spieler, während Ryan zweifelsfrei "der Dummkopf" ist. Aber einer, der mit einer beneidenswerten Begeisterungsfreude durchs Leben schreitet und in der britisch-höflichen, smarten Sarah (Sharon Horgan) einen trocken-humorigen Gegenpol zu seiner kindlich-spritzigen Attitüde gefunden hat.

Um entgegen allen Schnellfeuer-Dialogwitzen, dem mit ruhiger inszenatorischer Hand eingefangenen, somit erfrischenden Slapstick sowie der schwarzhumorig-wilden Grundidee die «Game Night»-Story spannend zu halten, wird unterdessen eine Thriller-Ästhetik aufgebaut. Dies fällt in den Aufgabenbereich des Kameramanns Barry Peterson («Starsky & Hutch»), der das Geschehen in kühlen, dennoch farblich satten Bildern einfängt. Neue Spielstätten werden dank Tilt-Shift-Verfahren in einem stimmigen Brettspiellook vorgestellt, Komponist Cliff Martinez («The Neon Demon») untermalt die «Game Night» wiederum mit einem denkwürdigen, dunkel treibenden, unheilvollen 80er-Retro-Score. Das macht Laune!


Die Spielmechanik


Schritt eins: Sich an den Figuren erfreuen. Das sollte nicht schwer fallen: Annies und Max' Wettstreitsucht wirkt nie feindselig, da sie mehr damit beschäftigt sind, sich gegenseitig in ihrer Euphorie hochzuschaukeln statt übellaunige Verlierer oder gar miese Gewinner zu sein. Rachel McAdams und Jason Bateman haben eine stimmige Chemie miteinander und brillieren mit makellosem komödiantischem Timing. «Into the Woods»-Prinz Billy Magnussen schafft es derweil, die Dummheit seiner Figur abwechslungsreich zu gestalten und so durchweg amüsant zu halten: Statt Ryans Idiotie auf die immer gleiche Weise zu unterstreichen, gibt er die Gags mal begriffsstutzig-verwirrt, mal hohlköpfig-euphorisch, mal mit selbstüberzeugter Weltfremdheit zum Besten. Lamorne Morris und Kylie Bunbury wirken als dauerdebattierendes Pärchen lebensnah, ganz egal, wie überzogen ihr Zwist ist, und Jesse Plemons hat eine ansteckende Freude daran, den stoischen, gruseligen Nachbarn zu mimen. Kyle Chandler wiederum ist mit großer Schnaue und selbstverliebtem Grinsen ein Quasi-Antagonist der Marke "Man liebt es, von ihm genervt zu sein."

Als nächstes gilt es, den für eine Blödelkomödie erstaunlich edlen Look von «Game Night» zu genießen und durch die im Hauptteil dieses Filmspaßes kontrolliert-zurückhaltende Schnittarbeit ins Geschehen gesogen zu werden: Die Cutter Jamie Gross, Gregory Plotkin und David Egan konterkarieren den Wahnwitz, den die Figuren durchmachen, indem sie den harten, aber nie voyeuristischen Actionpassagen Ruhe mitgeben. Und bei rasanten Wortwechseln unterstreichen die Cutter nur behutsam die Reaktionen der Figuren durch Schnitte – zumeist lassen sie das Zusammenspiel des Ensembles für sich wirken.

Die Absurdität des Ganzen wird in Schritt drei sporadisch ins Visier genommen – das ist die Aufgabe der Figuren, die ja selber schon einigen Wahnsinn gewohnt sind, und die immer wilderen Kapriolen dieser «Game Night» immer hinterfragen, wenn es droht, übers Ziel hinauszueilen. Das lässt nicht nur das Gag-o-meter steigen: Dabei sammeln die Figuren auch wertvolle Glaubwürdigkeitspunkte – etwa, wenn die gar nicht zum Freundeskreis gehörende Sarah mit knochentrockener Bestimmtheit die im Raum stehende Frage, wieso sie das alles mitmacht, schlüssig und pointiert aus dem Weg schafft.

Und zu guter Letzt gilt es, sich schlicht im Kinosessel zurückzulehnen und den in seiner aufgekratzten Logik schlüssigen, gleichzeitig Genrekonventionen ironisch kommentierenden, spitzfindigen Plot auf sich wirken zu lassen. Denn die Haken, die «Game Night» schlägt, sind wunderbar-bescheuert und trotzdem so durchdacht, dass die Thrillerelemente der Comedeskapaden spannend bleiben – den Willen des Publikums vorausgesetzt, sich durchweg auf die Prämisse einzulassen. Nach Spielende stellt sich nur noch die Frage: "Oh, können wir nochmal?"

Das Spielende


Ein toll aufgelegter, sympathischer Cast spielt markige, plausible Figuren, die sich Sprüche klopfend aufgeweckt und launig-aufgekratzt durch einen verrückten, geschickt eingefädelten Plot manövrieren – begleitet von edler Klang- und Bildästhetik in Thrillermanier. Schon lange hat eine Komödie nicht mehr dermaßen große Hoffnungen auf eine Fortsetzung geweckt – oder wenigstens auf einen Spieleabend.

«Game Night» ist ab dem 1. März 2018 in vielen deutschen Kinos zu sehen.

Kurz-URL: qmde.de/99338
Finde ich...
super
schade
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelNach Olympia-Sensation: Telekom gibt eine Runde DEL ausnächster ArtikelQuotencheck: «SOKO Leipzig»
Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
Sentinel2003
28.02.2018 14:54 Uhr 1
Was liebe ich diese reizende Rachel McAdams!! :-)

Optionen

Drucken Merken Leserbrief



Heute für Sie im Dienst: Fabian Riedner

E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung