Wochenquotencheck

«Giraffe, Erdmännchen & Co.»: Totgesagte sterben länger

von

Man wähnte die ARD-Tierdokus schon längst auf dem Fernsehfriedhof, doch seit einigen Wochen ist eine solche wieder täglich zu sehen. Mit größerem Anlauf kann man kaum gegen eine Wand laufen.

Manche Dinge kann man kaum rational erklären: Die Präsidentschaft eines Donald Trumps beispielsweise mutet auch fast anderthalb Jahre nach der Wahl noch immer in ihrer Absurdität unwirklich an, der Abstieg des 1. FC Köln unmittelbar nach der besten Saison seit Jahrzehnten war im Vorfeld der Bundesliga-Saison wohl auch von kaum wem erwartet worden und dass man im Ersten Deutschen Fernsehen tatsächlich noch einmal seine Tierdokus um 16:10 Uhr revitalisieren würde, hätte wohl noch vor wenigen Monaten auch kaum jemand für möglich gehalten. Seit Mitte März ist nun aber «Giraffe, Erdmännchen & Co.» wahrhaftig zurück - womit das Absurditätenkabinett aber für heute auch schließt, denn die Publikumsresonanz fiel in den vergangenen Wochen genauso desolat aus, wie man von Anfang an hatte erwarten müssen.

Dass es das Comeback sicherlich nicht leicht haben würde, zeichnete sich bereits am 13. März ab, wo die erste neue Folge mit 1,16 Millionen Zuschauern und 8,5 Prozent gleich mal weit entfernt war vom Senderschnitt - es sollten allerdings die besten Zahlen bleiben, die das Format seit seiner Rückkehr beim Gesamtpublikum erreichte. Bei den 14- bis 49-Jährigen lief es mit 4,3 Prozent bei 0,16 Millionen ähnlich überschaubar. Nach einer wintersportbedingten Auszeit ging es dann am darauf folgenden Montag mit 5,5 und 2,1 Prozent bei nur noch 0,74 Millionen geradezu desolat weiter, bevor die Mittwochsausgabe mit 6,8 Prozent bei 0,23 Millionen jungen Fernsehenden eine der ganz wenigen Folgen war, die zumindest partiell überdurchschnittlich performte.


Gelegentliche Extrema machen noch keine Entwicklung


Bis Mitte April ging es dann zumeist sehr, sehr unspektakulär weiter, wobei im Regelfall etwa sieben Prozent des Gesamtpublikums bzw. drei bis vier Prozent der Jüngeren zu Buche standen, bis dann am 16. April das junge Publikum einmal formvollendete Rebellion darbot: Grauenerregende 1,3 Prozent wurden bei gerade einmal 0,04 Millionen gemessen, was noch nicht einmal für alle kleinen Spartensender erfreuliche Zahlen gewesen wäre. Eine Woche später lief es mit 1,6 Prozent bei 0,05 Millionen für die Dienstagsausgabe beinahe genauso erschreckend, dazwischen lag allerdings auch unter anderem eine Mittwochsfolge, die wiederum mit 6,8 Prozent bei 0,16 Millionen in die Solidität vordrang. Gänzlich konsistent agierten die jüngeren Zuschauer nicht, wenngleich die Tage der Ablehnung zuletzt doch sehr deutlich überwogen.

Fernab dieser Extrema ist allerdings seit der Rückkehr der Zoo-Storys keinerlei Entwicklung nach oben oder unten auszumachen: Die ersten Folgen von Mitte März bis Anfang April erreichten ebenso einen Median-Marktanteil von knapp sieben Prozent beim Gesamtpublikum bzw. von gut vier Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen wie jene in den vergangenen Wochen ausgestrahlten Episoden - einzig die damit verbundene Zuschauerzahl sank seither witterungsbedingt deutlich von knapp 0,9 Millionen auf etwa 0,7 Millionen. Ansonsten aber kann man sagen, dass sich bei «Giraffe, Erdmännchen & Co.» aktuell so rein gar nichts tut, was die Entwicklung der Marktanteile anbetrifft.


Rückfall nach maritimem Aufwärtstrend


16:10-Uhr-Quoten seit Ende der Tierdokus

  • «So war's!»: 0,62 Mio. (6,3% / 3,5%)
  • «Schätzen Sie mal»: 0,65 Mio. (6,2% / 3,7%)
  • «Gefragt - Gejagt»: 0,85 Mio. (8,1% / 3,9%)
  • «Verrückt nach Fluss»: 0,65 Mio. (5,9% / 2,6%)
  • «Verrückt nach Meer»: 1,31 Mio. (9,1% / 4,9%)
Durchschnittliche Werte aller seit Juni 2017 ausgestrahlter Formate (bei «Gefragt - Gejagt» ausschließlich Wiederholungen, bei «Verrückt nach Meer» wurden nur die jüngsten 20 Folgen berücksichtigt).
Sehr wohl aber tut sich etwas im Vergleich mit «Verrückt nach Meer», das zuletzt geradezu Gefahr lief, sich auf dem 16:10-Uhr-Slot auf akzeptablem Niveau zu stabilisieren (siehe Infobox). In der Endphase der jüngsten Ausstrahlungsperiode der maritimen Doku sahen regelmäßig klar mehr als eine Million Menschen zu, womit man der Zweistelligkeit sehr nahe kam - und dann folgte eben der rapide Absturz mit den altbekannten und in früheren Dekaden unserer Fernsehgeschichte ja auch durchaus schon mal sehr geschätzten Tier-Geschichten. Übrigens: Im Mai vergangenen Jahres lief zuvor mit «Elefant, Tiger & Co.» letztmals eine solche Sendung im ARD-Hauptprogramm und performte mit einem gemittelten Gesamt-Marktanteil von 7,7 Prozent insgesamt ebenso wie bei den 14- bis 49-Jährigen, wo 4,8 Prozent zu Buche standen, noch etwas weniger schlecht als aktuell. Dennoch hatte sich schon damals kaum jemand mehr vorstellen können, dass es Tiername 1, Tiername 2 & Co. so schnell wieder in der ARD-Daytime zu bestaunen geben würde.

MA-Entwicklung um 16 Uhr herum

  • «SdL»: 14,3% / 6,4% --> 15,8% / 7,0%
  • «Br.»: 14,7% / 7,2% --> 12,5% / 5,3%
Median-Marktanteile im Februar von «Sturm der Liebe» und «Brisant» im Februar bzw. April 2018.
Das direkte Programmumfeld gibt «Giraffe, Erdmännchen & Co.» keinerlei Ausreden für das eigene Versagen, schließlich sind sowohl «Sturm der Liebe» als auch «Brisant» in aller Regel verlässliche Garanten für gute Quoten - vor allem beim Gesamtpublikum (siehe Infobox). Eine interessante Entwicklung tut sich allerdings auf, wenn man die Marktanteile beider Sendungen im Februar (ausschließliche «Verrückt nach Meer»-Ausstrahlung um 16:10 Uhr) und April vergleicht: War das Boulevard-Magazin vor zwei Monaten sogar minimal erfolgreicher unterwegs als die beliebte Telenovela, hat es zuletzt doch deutlich an Glanz eingebüßt. Durchaus möglich, dass hieran auch die Giraffen und Erdmännchen ihren Anteil haben, schließlich ist das Vorprogramm einer Sendung durchaus ein relevanter Prädiktor für deren Performance.

Alles in allem lässt sich also kein einziges numerisches Argument dafür ausfindig machen, dass die Rückkehr der nachmittäglichen Zoo-Geschichten eine gute Idee waren und ausgebaut werden sollten. Das Erste gedenkt dennoch, bis zum Juni eisern an diesem Konzept festzuhalten - und dann überschattet die Fußball-WM ohnehin alles, was sonst so im Nachmittagsprogramm vonstatten geht.

Kurz-URL: qmde.de/100601
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelDie zehn größten Serien-Twists des 21. Jahrhundertsnächster Artikel«Life Sentence» bleibt ein gewaltiger Flop
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel
Weitere Neuigkeiten

Optionen

Drucken Merken Leserbrief




E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung