Interview

Philipp Christopher: 'Es ist einfach so, dass das klassische Fernsehen den Wandel der Sehgewohnheiten nahezu verschlafen hat'

von   |  1 Kommentar

2014 bis 2016 spielte er bei «GZSZ» mit, nun zieht es Philipp Christopher für YouTube ins Weltall: Wir haben mit dem Schauspieler über die Sci-Fi-Serie «Origin» gesprochen sowie über seine Regieambitionen.

Zur Person

  • Philipp Christopher wurde 1980 in Berlin geboren
  • 2008 hatte er eine kleine Rolle in «Sex and the City – Der Film»
  • 2013 spielte er neben Mila Kunis und Clive Owen in «Blood Ties»
  • 2014 bis 2016 spielte er David Brenner in der Daily Soap «Gute Zeiten, schlechte Zeiten»
  • Er engagiert sich für den wohltätigen Verein Communitykidsspot
Wie war es für Sie, auf dem Set einer kostspieligen US-Streamingserie zu stehen?
Es war beeindruckend. Der Produktionsaufwand bei «Origin» war riesig. Es ist mit Abstand das größte Projekt, das ich je gemacht habe. Es steckt eine enorme Crew hinter der Serie. Man hat richtig gemerkt, dass YouTube nun unbedingt Netflix und Amazon Konkurrenz machen will. Und die Produktionsfirma, Left Bank ist ja auch für die Hit-Serie «The Crown» verantwortlich und daher ist die Erwartungshaltung sehr groß. Die Sets waren umwerfend – das Raumschiffinnere wurde vollständig im Studio nachgebaut, es gab kaum Greenscreen. Und das macht beim Schauspielen einen enormen Unterschied. Wenn du wirklich auf dem Schauplatz stehst, an dem die Handlung spielt, kannst du dich stärker ins Geschehen rein fühlen und mehr auf's Schauspielen konzentrieren. Wenn viel mit Greenscreen gearbeitet wird, musst du dir das Setting vorstellen – und dann kommt es manchmal noch hinzu, dass dir die Produktionscrew selbst gar nicht sagen kann, was du dir vorstellen sollst, weil sie selbst noch nicht weiß, wie es am Ende aussehen soll.

Hinzu kommt, dass man als deutscher Schauspieler sicher selten die Gelegenheit erhält, eine Sci-Fi-Story zu drehen …
Ja, genau. Das war einer der Gründe, weswegen das Projekt so spannend für mich war. Durch die hohen Produktionskosten kommt man in Deutschland nur schwer an Sci-Fi-Stoffe, und wenn, dann handelt es sich um Geschichten, die in der nahen Zukunft spielen. So etwas wie «Origin», bei dem man im Raumschiff agiert … Dafür braucht es immer noch eine internationale Produktion.

Sie haben schon in diversen Serienformen mitgespielt, von Soap bis Drama und nun Sci-Fi … Gibt es da für Sie Unterschiede in der Herangehensweise, wie Sie als Schauspieler das Material für sich erarbeiten?
Ich denke, dass es für mich als Schauspieler stets dieselbe Arbeit bleibt. Ich soll eine Rolle spielen, daher muss ich sie verstehen und leben. Diese Essenz bleibt immer gleich, da machen das Genre und die Erzählform keinen Unterschied. Aber die Produktionsumstände wirken sich natürlich schon auf meine Arbeit aus: Bei «GZSZ» war der Drehplan stets tight, und weil alles so schnell gehen musste, konnte man als Schauspieler weniger ausprobieren. Das war nun bei «Origin» ganz anders, da konnte man mehr über die Art und Weise sprechen, wie man eine Szene noch anlegen könnte. Und dann kommen natürlich durch das Drehbuch Unterschiede zustande.

Bei Dailys musst du viel Exponentielles aufsagen, Dinge wiederholen und erklären, sollte jemand Folgen verpasst oder einfach nicht aufgepasst haben. Und das wirkt sich dann ungewollt aufs Schauspiel aus. Das ist das Schöne an einer Dramaserie, dass sowas wegfällt und deine Rolle mehr in der Situation ist, du also gezielt diesen Moment spielen kannst, statt die ganzen Erklärungen. Es ist vom Spiel her schon schöner, wirklich Momente zu formen. Dennoch: An das Skript gehe ich immer gleich ran.

Wenn die klassischen Sender sich weiterhin dazu aufraffen, da mitzuhalten, wie zum Beispiel mit mutigen Formaten wie «Bad Banks», wäre das eine starke und wünschenswerte Entwicklung für alle Filmschaffenden.
Philipp Christopher
Wie stehen Sie generell dazu, dass mit YouTube, Netflix, Amazon und Co. neue Player in den Markt treten? Sind Sie da rein positiv gestimmt, oder haben Sie trotz Ihrer «Origin»-Rolle auch Zweifel bezüglich der Marktentwicklung?
Es ist auf jeden Fall eine überaus spannende Entwicklung, die ich mit großem Interesse verfolge. Ein klares Urteil habe ich diesbezüglich aber nicht. Es könnte für das deutsche Fernsehen noch sehr problematisch werden – oder neue Möglichkeiten eröffnen. Es ist einfach so, dass das klassische Fernsehen den Wandel der Sehgewohnheiten nahezu verschlafen hat. Deshalb gehen aufregende, originelle Serien wie «Dark» zu Netflix oder zu den anderen, neuen Anbietern, statt etwa zu linearen Sendern. Dort können sich die Serienschöpfer freier entfalten, was zu besseren Serien führt. Wenn die klassischen Sender sich weiterhin dazu aufraffen, da mitzuhalten, wie zum Beispiel mit mutigen Formaten wie «Bad Banks», wäre das eine starke und wünschenswerte Entwicklung für alle Filmschaffenden.

Das Problem ist, dass es hierzulande eine recht schwierige, mühselige Aufgabe ist, einen Film zu finanzieren. Daher geraten meine Ambitionen in der Sache immer ins Hintertreffen, und ich konzentriere mich mehr auf meine Aktivitäten vor der Kamera. Wenn mir aber morgen jemand die Finanzierung sichert – ich würde sofort loslegen!
Philipp Christopher
Sie sind ja gelegentlich auch hinter der Kamera tätig – wie sehr würde es Sie reizen, als Regisseur oder Drehbuchautor noch aktiver zu werden?
Ich schreibe und entwickele ja seit einiger Zeit diverse Stoffe nebenher. So nutze ich meine Drehpausen. Derzeit schreibe ich an einem Theaterstück, welches ich zusammen mit einer kleinen Theatergruppe auch inszenieren will. Das würde ich neben dem Schauspiel auch gerne öfter, intensiver machen. Insbesondere würde mich auch mal die Arbeit an einem Spielfilm oder einer Serie hinter der Kamera reizen. Ich habe mir vorgenommen, auch mal eine «Origin»-Folge zu inszenieren, insofern meine Figur irgendwann mal sterben sollte. (lacht)

Aber das Problem ist, dass es hierzulande eine recht schwierige, mühselige Aufgabe ist, einen Film zu finanzieren. Daher geraten meine Ambitionen in der Sache immer ins Hintertreffen, und ich konzentriere mich mehr auf meine Aktivitäten vor der Kamera. Wenn mir aber morgen jemand die Finanzierung sichert – ich würde sofort loslegen!

In welches Genre zieht es Sie am meisten?
Am liebsten würde ich ein Drama inszenieren. Sci-Fi und Abenteuer wären zwar spaßig, sollte ich irgendwie an die Chance geraten, aber ich möchte am liebsten auch selber das Drehbuch verfassen, und da fühle ich mich eher im Drama zuhause.

Vielen Dank für das Gespräch.
«Origin» ist ab dem 14. November 2018 via YouTube Premium abrufbar.

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Sentinel2003
13.11.2018 14:28 Uhr 1
Gutes Interview!
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