Die Kritiker

«Die verschwundene Familie»

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Die zweiteilige Fortsetzung des Erfolgskrimis «Tod eines Mädchens» mischt den Krimi um eine vermisste Mutter und ihre Tochter mit einer Portion Familiendrama. Lohnen sich die 180 Minuten?

Cast und Crew

  • Regie: Thomas Berger
  • Drehbuch: Thomas Berger
  • Kamera: Frank Küpper
  • Darsteller: Heino Ferch, Barbara Auer, Rainer Bock, Anja Kling, Ulrike Kriener, Dietrich Hollinderbäumer, Rüdiger Vogler, Timo Hauck, Rainer Strecker, Max Landgrebe, Bernadette Heerwagen u.w.
  • Szenenbild: Thorsten Lau
  • Kostüm: Natascha Curtius-Noss
  • Schnitt: Lucas Seeberger, Julia Kovalenko
  • Musik: Florian Tessloff
  • Produktionsfirma: Network Movie Hamburg
Nach der Ausstrahlung des Zweiteilers «Tod eines Mädchens» im Februar 2015 schien eine Fortsetzung eigentlich glasklar. Erst knapp 7,2 Millionen Zuschauer und in Folge zwei sogar atemberaubende acht Millionen Menschen verfolgten den Krimi mit Heino Ferch und Barbara Auer, der seinen Fokus darauf legte, wie eine Gemeinde mit dem titelgebenden Ableben der 14-jährigen Jenni umgeht. Trotzdem nahm sich das ZDF zwei Jahre Zeit, bis bekannt wurde, dass eine Fortsetzung in Arbeit ist, die Zuschauer wieder in die fiktive Ostsee-Gemeinde Nordholm verschlägt. Nun, drei Jahre später, wird Nordholm erneut Schauplatz einer Familientragödie, die diesmal den Titel «Die verschwundene Familie» trägt.

Das bringt die Handlung bereits ganz gut auf den Punkt. Der Zweiteiler, der am Montag und Dienstag je zur besten Sendezeit im ZDF zu sehen ist, beginnt damit, dass Familienvater Jakob Thomsen (Hanno Friedrich) tot am Strand aufgefunden wird. Von seiner Frau Anna (Bernadette Heerwagen) und Tochter Lilly (Zoe Moon) fehlt dagegen jede Spur. Nur der junge Sohn Tom (Timo Hack) wird in der Wohnung der Familie aufgefunden. Erneut übernimmt Simon Kessler (Heino Ferch) von der Hamburger Mordkommission den Fall in Nordholm, dem wieder Hella Christensen (Barbara Auer) zur Seite gestellt wird. Gemeinsam ermittelten sie schon im Fall um das tote Mädchen Jenni. Heute arbeitet die Nordholmerin Christensen eigentlich in Kiel. Als ortsansässige kann Christensen aber wichtige Hinweise liefern. Doch zu ihrem Entsetzen wird ihr schnell klar, dass die Spuren nicht nur zu Bekannten aus ihrem Ort führen, sondern bis in die eigene Familie…

Zuschauer von «Tod eines Mädchens» sind im Vorteil


Ungemein viele Fernsehzuschauer sahen 2015 «Tod eines Mädchens». Dieses Vorwissen wird ihnen sehr weiterhelfen, wenn sie sich Anfang 2018 auch dazu entscheiden, die Fortsetzung anzusehen. Oder negativ gesprochen: «Die verschwundene Familie» verlangt oft Vorwissen, damit der Zweiteiler wirklich genossen werden kann. Einige Figuren aus «Tod eines Mädchens» erscheinen wieder auf der Bildfläche, darunter beispielsweise der Hotelier (Gustav Peter Wöhler), dem in «Tod eines Mädchens» eine Vorliebe für junge Frauen nachgewiesen worden war. Auch die Mutter der toten Jenni (Anja Kling) tritt erneut auf, dient aber eher dazu, dem stets spröden Ermittler Kessler eine weiche Seite zu verleihen.

Noch immer beschäftigt der Fall Jenni den sonst so harten Hund, der eine No-Nonsense-Ermittlungspolitik erfolgt und sich häufig nicht weiter um die Befindlichkeiten seiner Mitmenschen schert, wenn diese seinem Ermittlungserfolg im Weg stehen könnten. Das macht es Zuschauern nicht immer leicht, Verständnis für ihn aufzubringen. Gerade im Umgang mit Kindern fällt die harte Schale von Heino Ferchs Figur aber, damit ihm Zuschauer doch noch Sympathiegefühle für ihn entwickeln können. Mit den Hintergründen, die «Tod eines Mädchens» dem Kommissar verlieh, werden Zuschauer wesentlich besser mit Simon Kessler zurechtkommen.

Der Zweiteiler macht aus Krimi-Klischees das Beste


Orientierte sich Teil eins noch am britischen TV-Hit «Broadchurch», fehlt «Die verschwundene Familie» ein wenig die Identität. Mögliche Parallelen zum echten Kriminalfall Schulze, bei dem ein Vater tot in der Elbe aufgefunden wurde, während Frau und Kind vermisst wurden, bestätigen sich nicht. Der Wust an neuen Figuren macht es häufig schwer, den Überblick über die Konstellationen zu behalten – auch weil viele Charaktere in falschen Fährten enden. Wichtige Rollen nehmen neben den bereits erwähnten Darstellern Dietrich Hollinderbäumer und Ulrike Kriener als Eltern der verschwundenen Familienmutter ein, die obendrein ein zwiegespaltenes Verhältnis zum verstorbenen Schwiegersohn pflegten. Außerdem spielt Rainer Bock den Ehemann Christensens, der bald ins Fadenkreuz der Ermittlungen gerät und den hochkarätigen wie stimmigen Cast abrundet.

Die Ansätze in «Die verschwundene Familie» sind keineswegs neu. Mal wieder hat man es mit einem ungleichen Ermittlerpaar zu tun, deren Zusammenarbeit spannungsgeladen verläuft. Doch immerhin belässt es der Zweiteiler nicht dabei und beleuchtet eine tatsächlich sehr dysfunktionale Arbeitsbeziehung, ohne das obligatorische Zusammenwachsen der Kommissare nach kurzer Zeit. Erschwerend hinzu kommt hierbei die Tatsache, dass Christensen Informationen absichtlich verdeckt hält, um mögliche Verdächtige zu schützen. Eine weitere gern gesehene Vorgehensweise ist die Aufhängung eines Familiendramas an einem Kriminalfall.

Auch diesen Genre-Mix lebt «Die verschwundene Familie», das immer wieder mit den subjektiven Perspektiven seiner unterschiedlichen Ermittler spielt. Doch das reichte immer noch nicht, um 180 Minuten Sendezeit zu füllen. Letztlich entpuppt sich Nordholm wenig glaubhaft als Sündenpfuhl, damit über den Verlauf des Zweiteilers massenweise Verdächtigungen ausgesprochen werden können, um das Whodunit-Element immer wieder zu beleben. Bei einem Mikrokosmos dieser Größe wirkt das oft konstruiert.

Die eigentliche Auflösung ist am Ende dann aber naheliegender und nachvollziehbarer als zunächst gedacht. So bleiben ansprechende Familiendrama-Elemente und überzeugende Schauwerte durch die häufige Zurschaustellung malerischer Küstenlandschaften. Auch narrativ wagt der Film ansonsten mehr als die Krimi-Standardware im deutschen Fernsehen, indem er beispielsweise Rückschauen oder Tagträume in die Erzählung einbindet, um wahlweise über die Vergangenheit oder das Seelenleben seiner Protagonisten aufzuklären.

Fazit: Hier kommen vor allem Fans des ersten Zweiteilers auf ihre Kosten und solche, die unter einem Krimi nicht nur die Auflösung eines Verbrechens verstehen. Es ist jedoch nicht die absolute Sehempfehlung, die sich Zuschauer zum Auftakt des Fernsehjahrs 2018 sicher gewünscht hätten.

«Die verschwundene Familie» läuft am 7. und 8. Januar jeweils ab 20.15 Uhr im ZDF.

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