Filmfacts: «Annabelle 3»
- Start: 4. Juli 2019
- Genre: Horror
- Laufzeit: 106 Min.
- FSK: 16
- Kamera: Michael Burgess
- Musik: Joseph Bishara
- Buch & Regie: Gary Dauberman
- Darsteller: Vera Farmiga, Patrick Wilson, Mckenna Grace, Madison Iseman, Katie Sarife, Michael Cimino, Samara Lee
- OT: Annabelle Comes Home (USA 2019)
Dafür wurde zum Setting das unheimliche Anwesen des Geisterjäger-Pärchens (insbesondere der Aufbewahrungsraum für all die verfluchten Gegenstände, mit denen es die beiden in ihrer Vergangenheit bereits aufgenommen haben) auserkoren und als Hauptfigur fungiert ihre Tochter Judy. Obwohl «Annabelle 3» im finalen Drittel spürbar die Puste ausgeht und sich Regie-Debütant Gary Dauberman (schrieb unter anderem das Skript zu «Es») im Finale in purer Hysterie verliert, erweist sich der Film bis dato als gelungenster «Conjuring»-Ableger, was beweist: Auch im Horrorgenre zählt der erzählerische Grundsatz, dass die besten Geschichten mit den Figuren stehen und fallen.
Tochter allein zuhaus
Die Dämonologen Ed und Lorraine Warren (Patrick Wilson und Vera Farmiga) sind fest entschlossen, Annabelle daran zu hindern, weiteren Schaden anzurichten, und nehmen die besessene Puppe zu sich nach Hause, wo sie sie in einem verriegelten Artefaktenraum einschließen – „sicher“ untergebracht hinter heiligem Glas, das zusätzlich von einem Priester geweiht wurde. Aber eine unheilige Nacht voller Terror steht ihnen bevor, als Annabelle die bösen Geister des Raumes erweckt, die nun alle ein Ziel haben: Judy (Mckenna Grace), die zehnjährige Tochter der Warrens, und ihre Freundinnen Mary (Madison Iseman) und Daniela (Katie Sarife).
Denkt man einmal im Sinne des Studios, dem natürlich daran gelegen ist, das «Conjuring»-Universum auf lange Sicht aufrecht zu erhalten, ist die Grundidee von «Annabelle 3» sehr smart: Einen Raum zum Dreh- und Angelpunkt einer Geschichte zu machen, in dem sich unzählige verfluchte Gegenstände befinden, deren Backstories allesamt das Potenzial für einen weiteren Horrorfilm besitzen, ist aus rein wirtschaftlicher Sicht Gold wert, wenngleich es seinen Status als Spin-Off-Lieferant schon sehr plakativ vor sich her trägt. Doch genau so ist ja auch das Warner-Horroruniversum überhaupt erst entstanden. Nun macht es sich der hier erstmals in der Position des Regisseurs auftretende Gary Dauberman damit aber eben auch sehr leicht.
Insbesondere im finalen Drittel reiht er einen gleichermaßen effektiven wie einfallslosen Jumpscare an den nächsten, indem er aus dem Nichts Figuren auftauchen und verschwinden lässt, die Tonspur bis zum Anschlag aufdreht und die auf der Leinwand agierenden Charaktere schließlich sogar auf drei verschiedene Setpieces verteilt, sodass er das kleine Einmaleins des Horrorfilmens direkt in dreifacher Ausführung abfeuern kann. Das geht dann leider hier und da auch auf Kosten der Plausibilität. Gerade im Vergleich zur ersten Stunde, in der sich das Grauen noch ganz langsam und nachvollziehbar seinen Weg ins Warren-Haus bahnt, verkauft sich «Annabelle 3» mit seiner austauschbaren Eskalation am Ende doch deutlich unter Wert.
Solide Horrorkost für Jumpscare-Fans
Natürlich ist der Plotpoint rund um einen Raum, der eigentlich nicht betreten werden darf, worüber sich die Figuren aber hinwegsetzen, um die Horrorhandlung anzutreiben, mittlerweile längst abgegriffen. In «Annabelle 3» funktioniert er trotzdem gut, was zum einen daran liegt, dass die von Gary Dauberman in Autorenposition entwickelten Charaktere einen hohen Sympathiefaktor besitzen und er zum anderen einmal mehr auch auf die Außenwahrnehmung der Warrens eingeht. Eine komplexe Auseinandersetzung damit, ob die Warrens nun Scharlatane oder tatsächlich Geisterjäger sind (hier sind sie natürlich in erster Linie Figuren in einem Horrorfilm), sieht zwar anders aus. Doch wie schon in den beiden «Conjuring»-Filmen erhalten auch die Skeptiker von außen zumindest kurz die Gelegenheit, an ihre Existenz zu erinnern; hier eben in Form eines Zeitungsartikels. Das eine junge Teenagerin den mit den Gruselartefakten vollgestopften Raum daher in erster Linie faszinierend findet, da es so etwas wie Geister und Dämonen ja sowieso nicht gibt, ist nachvollziehbar.
- © Warner Bros.
Und gerade wenn sich nach und nach die unheimlichen Dinge ereignen, verteilt Dauberman sie inszenatorisch lang genug auf die drei verschiedenen Protagonisten, sodass sich zwar für den Zuschauer schnell erschließt, dass hier etwas gewaltig im Argen liegt, die Figuren aber erst später dahinter steigen; schließlich erleben sie immer nur ein Drittel des Grauens am eigenen Leib. Zumindest in der ersten Stunde steigert sich die Schaueratmosphäre dadurch weitaus bedächtiger, als sie sich gen Ende entlädt.
Dass Dauberman von den Besten gelernt hat, zeigt sich auch in so elementaren Dingen wie der Kameraarbeit. Michael Burgess, der für «Conjuring 3» bereits bestätigt wurde und schon bei «Lloronas Fluch» für die Bilder zuständig war, setzt zwar hier und da auf zu wenig Licht, weiß das verwinkelte Warren-Haus jedoch optimal in Szene zu setzen. Wenngleich manche Szenen, insbesondere einige Jumpscare-Aufbauten, arg an bisherige «Conjuring»-Filme erinnern (teilweise schielen die Macher aber auch in andere Genrevertreter wie «Insidious» oder «Evil Dead»), kann sich die Stimmung aufgrund der sich wie schwebend fortbewegenden Kamera gut entfalten. Der Score von Joseph Bishara («The Prodigy») ist dagegen in erster Linie zweckmäßig und beschränkt sich gerade im Finale auf einzelne Streichertöne, die laut aufgedreht durch Mark und Bein gehen. Wie auch schon bei so vielen anderen Horrorfilmen ist «Annabelle 3» immer dann am besten, wenn er sich auf seine Figuren konzentriert. Es ist schön, endlich mehr über die Tochter der Warrens zu erfahren, die gerade im zweiten Teil noch vorwiegend der Spielball der Dämonen-Ereignisse war und hier erstmals so richtig im Mittelpunkt steht.
Mckenna Grace («Captain Marvel») hat die Verkörperung eines unter ständiger Anspannung lebenden, gleichermaßen von der Arbeit ihrer Eltern faszinierten Mädchens hervorragend verinnerlicht und bildet gemeinsam mit Madison Iseman («Gänsehaut 2: Gruseliges Halloween») und Katie Sarife («Supernatural») ein harmonisches Dreiergespann, das die Warrens während ihrer Abwesenheit würdig vertritt. Am Ende steht hier sowieso wieder die unheimliche Puppe Annabelle im Fokus, die in den letzten Jahren keinerlei Gruselfaktor eingebüßt hat.
Fazit
In «Annabelle 3» präsentiert Regiedebütant Gary Dauberman routiniert das kleine Einmaleins des Horrorkinos, das sich leider im letzten Drittel in Jumpscare-Hysterie verliert. Dank der festen Verankerung im «Conjuring»-Universum und der Warren-Tochter Lucy als sympathietragende Hauptfigur überwiegt jedoch der Eindruck, es hier mit einem sehr soliden Spin-Off einer nunmehr auf sieben Filme angewachsenen Reihe zu tun zu haben.
«Annabelle 3» ist ab dem 4. Juli bundesweit in den deutschen Kinos zu sehen.
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