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Viacom im Wandel: So will der kriselnde Konzern eine neue Nische finden

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Kabelfernsehen wird immer unbeliebter und VOD-Dienste wie Netflix sind schon viel zu mächtig. Deshalb sucht Viacom nicht die Konkurrenz und erinnert dabei an ProSiebenSat.1.

Das Viacom-Publikum schwindet

  • VH1: Von 642.000 auf 635.000
  • MTV: Von 565.000 auf 630.000
  • Nickelodeon: Von 696.000 auf 603.000
  • BET: Von 467.000 auf 417.000
  • Comedy Central: Von 431.000 auf 399.000
  • CMT: Von 300.000 auf 283.000
Vergleich des durchs. Primetime-Publikums 2017 vs. 2018 in der Stunde
Die fetten Jahre in der Unterhaltungsindustrie sind vorbei – zumindest für viele alteingesessene Medienkonzerne, die nicht mit den Trends gehen oder diese zu spät erkannten. Deshalb stellten Beobachter auch Viacom düstere Zukunftsprognosen aus, schließlich befindet sich das in den USA lange Zeit so dominante Kabelfernsehen auf dem absteigenden Ast und im Streaming-Bereich wachsen gerade andere Riesen heran – neben Netflix und Amazon sind das die Megakonzerne Disney und Apple. Schadenfrohe Branchenkenner lächelten daher süffisant, als Viacom sein neues Angebot Pluto TV vorstellte, schließlich wurde vor einigen Jahren der Himmelskörper Pluto vom Planeten zum Zwergplaneten degradiert – ähnlich also wie das vermeintlich schrumpfende Viacom?

Das muss nicht der Fall sein, denn Viacom und sein CEO Bob Bakish haben sich die vergangenen Jahre Gedanken gemacht, wie sie ihre Marktstellung erhalten können. Dass sich Viacom nicht in den Kampf gegen andere Streaming-Anbieter stürzt, muss kein Zeichen von Schwäche sein, sondern erscheint dieser Tage immer mehr wie ein geschicktes Ausweichmanöver in eine neue Nische. Viacom und seine etwas angestaubten Marken MTV, BET und Nickelodeon zieht es dabei dennoch in eine digitale Zukunft. Das hat der Konzern mit Disney, WarnerMedia und NBC Universal gemein. Im Januar erstand Viacom den Streaming-Dienst Pluto TV daher für 340 Millionen Dollar.

Viacom erinnert an ProSiebenSat.1


Dieser Erwerb kennzeichnete nicht weniger als einen Turnaround für Viacom. Innerhalb eines halben Jahres lockte Pluto TV als werbeunterstützte Plattform 16 Millionen aktive User im Monat an. Vergleichbar ist dieser Schritt mit der Vorgehensweise von ProSiebenSat.1 in Deutschland, das mit Joyn einen ähnlichen Dienst aus dem Boden stampfte. Zur Strategie von Viacom zählen eine wachsende Ad-Targeting-Plattform, mehr digitale Eigenproduktionen und eine neue Infrastruktur, die die Archive an Originalinhalten für Drittanbieter noch attraktiver macht.

Wohlwollende Beobachter würden argumentieren, dass Viacom der kommenden Konkurrenz von Disney, Warner und Apple damit um ein paar Monate voraus ist. Skeptischere Einschätzungen haben aber auch recht, wenn sie sagen, dass Viacom dennoch viel zu spät ins Streaming-Geschäft einsteigt, schließlich dominiert Netflix längst dieses Segment. Allerdings bieten alle genannten Anbieter ein Abo-Modell an, während sich Viacom auf ein kostenloses, werbefinanziertes Modell konzentriert. Das wird sich für Viacom dann auszahlen, wenn die Inhalte überzeugen, schließlich bleibt das Problem bestehen, dass Anbieter gegen immer mehr Serien, Spiele, Apps oder Podcasts um Aufmerksamkeit konkurrieren.

Altlasten erschweren den Turnaround


Entwicklung von Viacom

  • 2015: 13,3 / 3,1
  • 2016: 12,5 / 2,5
  • 2017: 13,3 / 2,5
  • 2018: 12,9 / 2,6
Umsatz / Gewinn in Milliarden
Neun Milliarden Dollar Schulden und eine deutlich kleinere Geldbörse als die Tech- und Entertainment-Konkurrenz machen den neuen Weg Viacoms nicht gerade leichter begehbar. Es sind die Altlasten, die Ex-CEO Philippe Dauman hinterließ. Dauman überwarf sich mit der Familie Redstone, die die Mehrheit der Viacom-Anteile hält und ging Ende 2016 im Streit, ehe Bakish übernahm. Die Moral war damals auf einem Tiefpunkt und der Konzern, der noch ganz oben mitspielte, als sich das Kabelfernsehen auf einem Zenit befand, hatte die Zeichen der Zeit verschlafen und sah dabei zu, wie seine Spartensender immer mehr an Relevanz verloren. Bakish führte das Unternehmen danach wieder sukzessive auf den richtigen Pfad.

Mittlerweile ergeben auch die Entscheidungen Bakishs Sinn, die Rechte an beliebten Viacom-Originalen wie «The Daily Show» oder «Spongebob Schwammkopf» nur in seltenen Einzelfällen an andere Streaming-Dienste zu veräußern. Der CEO entschied sich dazu, an den Formaten festzuhalten, um sie für einen eigenen werbefinanzierten Service in Stellung zu bringen, gleichwohl Viacom in der Zwischenzeit auch kleinere Abo-Dienste wie Nick Hits oder Comedy Central Now startete.

Wobei handelt es sich nun bei Pluto TV? Tom Ryan gründete das Unternehmen vor sechs Jahren und bot auf der Plattform vor allem kurze Web-Videos an, wobei das Angebot allerdings eher wie kabelloses Fernsehen daherkam, weil die Videos linear ausgestrahlt wurden. Mit der Zeit schloss Pluto TV aber auch Vereinbarungen mit CNN, Fox Sports und Sony, deren Programme integriert wurden. Dieses Angebot übernahm Viacom und fügte prompt 14 neue Kanäle hinzu, die aus dem reichen Fundus an Inhalten des Medienkonzerns schöpfen. Noch kommen Nutzer des Diensts aber nicht in den Genuss jeder Viacom-Produktion. «Jersey Shore Family Vacation» oder «RuPaul’s Drag Race» werden vorerst weiter exklusiv auf den linearen TV-Sendern ausgestrahlt.

Kommt eine Fusion mit CBS?


Damit gehört Viacom immerhin noch zu einem der ersten Anbieter, der auf werbefinanziertes Streaming setzt und hat damit einen Vorsprung vor Nachrückern wie NBCUniversal, auch wenn Pluto TV deutlich kleiner ist als Abo-Dienste wie Netflix und noch keine exklusiven Originalserien bietet. Die Viacom-Originalserien, vor allem vom Studio Paramount Television, wird der Konzern vor allem weiterhin an Dritte verkaufen. Die Netflix-Serien «13 Reasons Why» oder «To All the Boys I’ve Loves Before» stammen beispielsweise von Paramount. So will sich Viacom nicht nur als Network-Besitzer, sondern auch als Produzent weiter etablieren. Bei Drittanbietern können die Formate eine deutlich höhere Reichweite generieren, weil sie von einer Infrastruktur profitieren, die keiner der Viacom-Sender bieten kann. Auch Paramount Pictures schloss vergangenes Jahr einen Mega-Deal mit Netflix ab.

Auch nicht-fiktionale Programme, die besonders digital stattfinden sollen, sind Teil des neuen Viacom-Plans. Das Unternehmen leitet mittlerweile Comedy Central Productions und schloss Verträge mit den Produzenten von «Broad City» oder «Inside Amy Schumer» ab, während MTV Studios kürzlich ein «Real World»-Reboot an Facebook verkaufte. Die Kombination von aus dem Premium-Fernsehen kommenden Kreativen und digitaler Produktions-Expertise soll Viacom Zugang zu einem neuen Publikum geben.

Doch ein Turnaround braucht Zeit und die Investoren sind nicht wirklich überzeugt vom Erfolg, weshalb die Viacom-Aktie zuletzt um 22 Prozent einbüßte. Eine mögliche Fusion mit CBS Corps., von der schon länger gemunkelt wird, könnte die Viacom-Wandlung erheblich beschleunigen und beide Unternehmen auf ein Level heben, auf dem sie mit der übermächtigen Konkurrenz mithalten können.

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