Die Kino-Kritiker

Mit LEGO-Steinen war's witziger: «Playmobil - Der Film»

von   |  4 Kommentare

Nach dem LEGO-Film kommt «Playmobil - Der Film» in die deutschen Kinos. Die Zielgruppe dürfte ähnlich groß aussehen, die Wahrscheinlichkeit, dass sich der Film einen ähnlichen Liebhaberstatus aufbauen könnte, wie sein Pendant aus LEGO-Steinen, stehen dafür äußerst gering.

Filmfacts: «Playmobil - Der Film»

  • Start: 29. August 2019
  • Genre: Abenteuer/Animationsfilm
  • FSK: o.Al.
  • Laufzeit: 99 Min.
  • Musik: Heitor Pereira
  • Buch: Blaise Hemingway, Greg Erb, Jason Oremland
  • Regie: Lino DiSalvo
  • Deutsche Sprecher: Christian Ulmen, Ralf Schmitz, Beatrice Egli, Michael Patrick Kelly
  • Darsteller: Anya Taylor-Joy, Gabriel Bateman, Ryan S. Hill
  • OT: Playmobil: The Movie (FR/USA 2019)
Bevor 2014 «The LEGO Movie» in die Kinos kam, gab es sicher nicht wenige, die davon ausgingen, man hätte es hier mal wieder lediglich mit einer klassischen Cash Cow zu tun. Alles was Fans hat – und der dänische Spielklotzriese hat eine Menge davon – wird irgendwann verfilmt. Das ist ein altbewährtes Hollywoodgesetz. Doch in diesem Falle kam dabei auch noch ein verdammt guter, kreativer und nicht nur das jüngere, sondern vor allem auch das ältere Publikum auf diversen Meta-Ebenen abholender Animationsspaß in die Kinos, der bis heute eine direkte (und noch bessere) Fortsetzung sowie zwei Spin-Offs nach sich zog. Als direkte Konkurrenz zu LEGO galt in der Spielzeugwelt schon immer der Playmobil-Konzern. Musste man sich als Kind noch entscheiden, ob man lieber mit den Steinen der einen, oder den Bausätzen der anderen Firma spielen wollte – die Verbindung zwischen den beiden war aufgrund unterschiedlicher Stecksysteme und Größenmaßstäbe schier unmöglich – könnte man jetzt beides wählen, sich erst den LEGO- und anschließend den Playmobil-Film angucken.

Doch auf dieser Ebene haben die dänischen Marktführer klar die Nase vorn, denn der jetzt ins Kino kommende «Playmobil – Der Film» ist all das, was «The LEGO Movie» angenehmerweise eben nicht war und dürfte lediglich die ganz Kleinen aufgrund der berauschenden bunten Bilderwelten unterhalten, während die belanglose Story ausgelutschter nicht sein könnte.

Plötzlich Spielfigur!


Als ihr jüngerer Bruder Charlie (Gabriel Bateman) plötzlich in das magische, animierte PLAYMOBIL-Universum verschwindet, muss sich Marla (Anya Taylor-Joy) auf das Abenteuer ihres Lebens begeben, um ihn wieder nach Hause zu bringen. Auf ihrer unglaublichen Reise durch neue aufregende Welten, trifft Marla sehr unterschiedliche, schräge und heldenhafte Weggefährten, darunter den durchgeknallten Foodtruck-Besitzer Del (deutsche Stimme: Christian Ulmen), den unerschrockenen und charmanten Geheimagenten Rex Dasher (Matthias Schweighöfer), einen treuen, liebenswerten Roboter, eine ebenso witzige wie gute Fee (Beatrice Egli) und viele mehr. Im Laufe ihres spektakulären Abenteuers erkennen Marla und Charlie, dass man alles im Leben schaffen kann, wenn man an sich glaubt!



Während die Erkenntnis, dass sich die Ereignisse in «The LEGO Movie» eigentlich die ganze Zeit auf dem Spielfeld echter Menschen abspielten, für viele damals noch einem Twist gleichkam, machen die Verantwortlichen von «Playmobil – Der Film» aus der Verankerung ihrer Geschichte in der Realität nie einen Hehl. Das dreiköpfige Drehbuchautorenteam aus Blaise Hemingway («Vampires vs. the Bronx»), Greg Erb («Senseless») und Jason Oremland (verantwortete gemeinsam mit Erb die Geschichte von «Küss den Frosch») eröffnet seinen Film mit einer Handvoll Realfilmszenen, in denen wir die beiden Hauptfiguren Marla und Charlie kennenlernen. Die Charakterisierung der beiden beschränkt sich allerdings auf folgende Attribute: Die beiden Geschwister sind glühende Playmobil-Fans und wenige Minuten, nachdem sie ihren Spaß an Abenteuern und dem Entdeckertum in einer öden Popmusicalnummer zum Besten gegeben haben, erfahren sie, dass sie fortan Waise sind und auf sich selbst aufpassen müssen.

Nun verlangen wir von einem ohnehin eher für die jüngere Zielgruppe konzipierten Film nicht zwingend die ganz großen menschlichen Dramen und es ist sicherlich schon für den einen oder anderen ein herber Schlag in die Magengrube, dass die ersten zehn Minuten von «Playmobil – Der Film» daraus bestehen, dass hier zwei Kinder mit dem Tod ihrer Eltern konfrontiert werden. Gleichsam ist die Konstellation aus anfänglicher Glückseligkeit, plötzlichem Schicksalsschlag und anschließender Entfremdung eine Aneinanderreihung von Allgemeinplätzen, die von Individualitäten wie guter Schauspielerei oder dem ein oder anderen Perspektivwechsel profitiert, um ihr immerhin ein bisschen Eigenständigkeit abzugewinnen. Und genau hieran mangelte es «Playmobil – Der Film» an allen Ecken und Enden.

Warum der Playmobil-Überbau?


Der größte Anteil des Films spielt in einem an die Playmobil-Spielwelten angelehnten Animationsuniversum, in das die beiden jungen Protagonisten auf magische Weise hineingezogen werden. Charlie und Marla sind fortan Playmobil-Figuren, können sich hier aber nach einer kurzen, auch im Trailer zu sehenden Irritation über ihr neues Aussehen (und insbesondere die Form der Hände) völlig normal bewegen. Während das Lord-Miller-Duo in «The LEGO Movie» immer wieder auf die Eigenheiten der LEGO-Modelle eingingen und auch die Figuren entsprechend mit daraus resultierenden Limitationen zu kämpfen hatten, spielt es in «Playmobil – Der Film» kaum eine Rolle, dass die Welt hier komplett aus Playmobil-Spielzeug besteht. Denn obwohl Marla auf der Suche nach ihrem Bruder sowohl an einer Western-Stadt als auch in einer Feenwelt oder auf einer Ritterburg Halt macht, könnten all diese Abschnitte in jedem anderen Filmuniversum genauso existieren.

Das passt aber irgendwie auch dazu, dass selbst die Geschichte an sich den Animationsüberbau gar nicht gebraucht hätte, um in ihren überraschungsarmen Bahnen genau so zu verlaufen, wie man es von der ersten Minute an kommen sieht. Immerhin den Spielzeugriesen selbst dürfte es freuen: Natürlich listet der Playmobil-Onlineshop bereits diverse Spielseits, passend zum Kinofilm. Wie könnte man es ihm verübeln…

Und so kommt «Playmobil – Der Film» nicht über den Status eines (noch nicht mal wirklich gelungenen) Werbefilmchens hinaus. Nicht wirklich gelungen deshalb, weil der Film die grenzenlosen Spielmöglichkeiten der Plastikfiguren und -Sets ja noch nicht einmal ausschöpft. In seinem Abhaken verschiedener Themenwelten wirkt Regisseur Lino DiSalvo (der Regiedebütant hat bereits in verschiedenen Positionen als Animator an Filmen wie «Die Eiskönigin», «Rapunzel» und «Triff die Robinsons» mitgewirkt) so, als wolle er einfach nur einmal kurz daran erinnern, was man sich nach dem Film so alles kaufen könnte – nur um damit zuhause deutlich kreativere Abenteuer nachzuspielen. Erzählerisch wirkt «Playmobil – Der Film» dadurch nämlich wie Stückwerk; hier trifft Marla auf die eine Figur, dort auf die andere, dann muss sie kurz zu den Feen und im Finale folgt die große Schlacht gegen den Bösewicht. Für ein wenig Witz sorgt lediglich der im Deutschen von Matthias Schweighöfer («100 Dinge») gesprochene Geheimagent Rex Dasher, der den Beruf des Geheimagenten ein wenig aufs Korn nimmt. Generell ist ein Großteil des Humors von den Sprecherleistungen abhängig: Ralf Schmitz als wahnwitziger Emperor Maximus performt gewohnt souverän, Gastsprecher wie Michael Patrick Kelly oder Beatrice Egli bemühen sich zwar merklich, sind in ihrem eigentlichen Metier aber einfach besser aufgehoben. Ansonsten mangelt es dem Film jedoch vor allem an Charme.

Und wir können schon gar nicht mehr zählen, wie oft wir an dieser Stelle die Botschaft eines Familienfilms auf „Wenn du an dich glaubst, dann kannst du alles schaffen!“ heruntergebrochen haben. Dass sie in «Playmobil – Der Film» aber dann sogar nochmal ausformuliert wird, sparen wir uns an dieser Stelle die Aussage, dass sie bei aller Abgegriffenheit nie an Aktualität und Zeitlosigkeit verliert. Irgendwann ist auch unsere Geduld mal am Ende.

Fazit


«Playmobil – Der Film» profitiert nicht davon, dass er hier auf einen großen Spielzeugkult zurückgreifen kann. Ehrlich gesagt könnte er auch in jedem anderen Universum spielen. Die Geschichte wäre trotzdem weitestgehend spannungsarm, der Humor abgegriffen und die Botschaft angestaubt.

«Playmobil – Der Film» ist ab dem 29. August in den deutschen Kinos zu sehen.

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Es gibt 4 Kommentare zum Artikel
Kingsdale
28.08.2019 11:43 Uhr 1
Ob das nun Playmobil ist oder nicht, völlig egal. Unnötig. Wo LEGO noch mit richtig witzigen Ideen und sogar echten Blockbuster (Star Wars, Batman usw.) mithalten kann, bleibt Playmobil hier sehr blass. Dann doch lieber wieder einen witzigen LEGO-Film!
Wolfsgesicht
28.08.2019 13:41 Uhr 2
Du bist ja auch nicht die Zielgruppe.

Könntest genauso gut „My Little Pony“ rezensieren...
Kingsdale
28.08.2019 14:55 Uhr 3
OK, bin aus dem Alter schon lange raus, aber ich schau schließlich auch mal gerne die LEGO-Filme. Von daher kann ich mir schon eine Meinung erlauben. Und ich glaube das es bei Antje ähnlich ist.
Vittel
28.08.2019 15:02 Uhr 4
Die Zielgruppe ist wohl in der Tat unterschiedlich. Während Lego auch bei Erwachsenen immer noch Begeisterung auslöst und die großen und teuren Sets oft von Erwachsenen gekauft werden, ist Playmobil eindeutig ein Kinderspielzeug und bleibt es auch.



Lego kombiniert das auch noch mit beliebten Franchises wie Star Wars, Harry Potter und in den Filmen mit Comic-Helden und allerlei Anspielungen auf die Popkultur&Co.

So spricht Lego und die Lego Filme einen breiten Altersbereich an während sich Playmobil die jüngere Zielgruppe wenden muss.

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