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Davon handelt «Deerskin». Regisseur und Autor Quentin Dupieux bezeichnet «Deerskin» als seinen realistischsten Film. Ja, gemeint ist der Film über einen Mann und seine Blutgier provozierende Lederjacke. Aber Dupieux scherzt nicht – er liegt richtig. Ist er doch der Mann, der einen Film über einen mordenden Autoreifen gedreht hat. Und der Mann, der einen Film über verschmelzende Realitätsebenen gedreht hat. Oder auch der Mann, der einen Film über einen Mann gedreht hat, dessen Hund entführt wurde, der einen übereifrigen Gärtner hat, in ein verregnetes Büro geht, in dem er seit Monaten nicht mehr arbeitet, und der einen Privatdetektiv anheuert, der von der Analyse der Erinnerungen von Hundehaufen besessen ist. Da ist «Deerskin» durchaus ein Ausreißer.
Das Filmfestival Cologne brachte den zuvor im Rahmen der Filmfestspiele von Cannes aufgeführten «Deerskin» am 10. Oktober auf deutschen Boden. Korrekterweise wurde in einer Ansprache vor der Aufführung bemängelt, dass Quentin Dupieux in Deutschland ein unbekannter Name ist, da bislang keiner seiner Filme eine reguläre Kinoauswertung erhielt. Dies wird sich im Dezember ändern, wenn sein vor «Deerskin» vollendeter Film «Die Wache» ins Kino kommt, ein Film über einen Mann, der eine Leiche gefunden hat, von der Polizei für den schlecht lügenden Mörder gehalten wird und sich im wirren Kreuzfeuer des Beamten in widersprüchlichen Erinnerungen verheddert.
«Deerskin» ist minimalistischer, reduzierter. Keine dadaistischen Monologe, keine kafkaesken Verwirrungen. Es wird wenig gesprochen, Dupieux lässt dieses Mal seinen Hauptdarsteller den Großteil des Materials schultern: Jean Dujardin («The Artist») spielt mit großer Intensität und Bände sprechenden, kleinen mimischen Änderungen einen zuerst dusseligen, verblendeten Mann, dessen scheues Lächeln zu einem manisch-verliebten Grinsen heranwächst, und dessen orientierungslosen Augen zu einem zielgerichteten Blick finden, hinter dem sich aber der Intellekt eines tollwütigen Rehkitzes verbirgt. Es ist eine gewollt alberne Performance, ohne dass sie je einen konkreten Gag übermittelt – trockene Skurrilität heißt das Zauberwort.
Neben Dujardin glänzt Adèle Haenel («BPM») als Barkeeperin, die vom Lederjackenträger fasziniert ist und ihm großäugig unter die Arme greift. Wo Dujardin trocken spielt, ist Haneles Umgang mit dem Material staubtrocken und versiert. Wenn sie abstruses bis verstörendes Filmmaterial vorgeführt bekommt, konsumiert sie es neugierig und fragt ohne die leiseste Irritation in der Stimme, ob der Film nicht etwas seltsam sei, ehe sie klar macht, dass sie ihn mag.
Dupieux kokettiert in «Deerskin» mit dem Thema Obsession und damit, wie sich Menschen in eine Rolle hineinsteigern. Eine griffige, geschweige denn belehrende, Aussage trifft «Deerskin» diesbezüglich aber nicht, viel mehr ist es eine Stilübung: Wie behämmert lassen sich Beobachtungen über Obsession vorführen, ohne den Sprung von "Moment, das könnte so doch nicht passieren, oder ..?" hin ins vollauf Surreale zu tätigen?
Das macht «Deerskin» kurioserweise eher zu einem Film für Dupieux-Fans als für Dupieux-Einsteiger, da durch die gedrosselte Handschrift der offensichtlichste Anschaureiz für seine Arbeiten fehlt, ganz gleich, wie schwer zugänglich er sein mag. Aber was soll's? Dujardins bös-lüsternes Grinsen, gepaart mit großen, dummen Augen, gezwängt in eine zu enge Wildlederjacke – das ist einer der köstlichsten Filmanblicke 2019!
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