Aber es kam völlig anders: 2016 startete «Das ProSieben-Auswärtsspiel» mit 10,4 Prozent bei den Umworbenen zwar unterhalb der Erwartungen, aber es versprach noch Potential. Die größere Nachfolgeshow «Die Liveshow bei dir zuhause» holte am 12. Oktober dieses Jahres dagegen mit ihrem chaotischen Auftakt nur noch 7,2 Prozent, die geordneter abgelaufene und kurzweiligere zweite Folge sank zwei Wochen später auf nur noch 5,9 Prozent. Was aber sind die Gründe dafür – abgesehen von der schwachen technischen und organisatorischen Tagesform, den die erste «Die Liveshow bei dir zuhause» hinlegte? Wir stellen drei Thesen auf.
Abseits des rein kosmetischen Unterschieds wurde noch immer nicht genug Abwechslung geboten
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Als Ausnahme dienten nur gelegentliche, kreative Spiele wie "Wie gut kannst du Fragen über deine eigene Wohnung beantworten?", die trivial und albern, aber halt auch erfrischend und andersartig sind. Um sich stärker von den ProSieben-Studiosendungen abzugrenzen, müsste «Die Liveshow bei dir zuhause», sollte sie jemals zurückkehren, noch mehr auf solche Alleinstellungsmerkmale verlassen. Wie wäre es mit einer Schnitzeljagd in der eigenen Stadt? Einem Finalspiel mit Lokalkolorit? Um diesen Aufwand auszugleichen, würde sich eine gestraffte Laufzeit (etwa erreicht, indem man die Anzahl der Spielrunden kürzt) anbieten – so müsste man auch eine geringere Anzahl an originellen Spielen pro Ausgabe finden.
Die Prämisse bringt ein "Mitfieberproblem" mit sich
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In den sozialen Netzwerken urteilten zahlreiche Fernsehende, keinen Grund zu haben, den teilnehmenden Familien eine hohe Gewinnsumme zu gönnen – denn sie alle wohnten in großen, hellen, teuer eingerichteten Wohnungen. Es lässt sich darüber streiten, ob man nicht einfach dennoch mitfiebern könnte, und man nicht so missgünstig sein sollte. Dennoch standen die Zeichen an der Wand: Teile des Publikums konnten oder wollten daher nicht mitfiebern.
Aber beim bestehenden «Die Liveshow bei dir zuhause»-Konzept gibt es keine lohnenswerte Alternative. Kleine Studentenbuden oder unaufgeräumte, lange nicht mehr in Schuss gehaltene Großfamilienwohnungen von schlecht verdienenden Mietern irgendwo im Sozialbrennpunkt bieten nicht genug Raum für den Technikwust einer TV-Liveshow und wären nicht unbedingt Material für attraktives Gute-Laune-Samstagabendfernsehen. Hinzu kommt der Sicherheitsfaktor: Nicht umsonst wurde bemängelt, dass man die Showfamilien quasi ans Messer liefert, wenn man stundenlang deren vollen Namen, ihren Wohnort und ihre Gewinnsumme ausspricht. Aber eine gut verdienende Familie kann eher entsprechende Vorkehrungen treffen, in den Folgewochen nicht von Bittstellern genervt zu werden, als irgendwelche armen Schlucker, die sich mit dem Preisgeld frisch aus den Schulden ziehen.
ProSieben hat für die Zukunft seiner «Die Liveshow bei dir zuhause»-Grundidee zwei Optionen: Dem Publikum besser vermitteln, weshalb es nicht so missgünstig sein sollte. Oder aus dem "zuhause" nur ein "bei dir um die Ecke" machen und Vereinskneipen, ranzige Sporthallen und Umgebung, Vorstadt-Restaurants und Co. als Veranstaltungsort nehmen, an dem sich Familien duellieren. Die haben auch Charakter und bringen eine showatypische Atmosphäre mit – wecken aber weniger Missgunst beim Publikum.
Der Voyeurismus-Effekt zieht bei der ProSieben-Kernzielgruppe nicht (mehr)
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Heutzutage sind Einblicke in anderer Leute Wohnungen und Häuser nur einen Klick entfernt. ProSieben bedient eine junge, webaffine Kernzielgruppe – von der Möglichkeit, zu sehen, wie zwei Familien wohnen und leben, lässt die sich doch nicht an den Fernseher locken und so sehr fesseln, dass sie zig Werbeblöcke durchsteht. Denn ihren inneren Voyeur weiß diese Zielgruppe jederzeit zu bedienen. Aus ähnlichem Grund verliert für diese Altersgruppe das Konzept "Normalsterbliche tun verrückte oder schwere Dinge" an Eventcharakter – gibt es das doch noch und nöcher im Web. Es muss schon ein Mehr an Persönlichkeit sein, das die Akteure mitbringen, um über den reinen Schaueffekt eine Bindung zu erzeugen. Daher funktionieren zum Beispiel die Shows von Joko und Klaas: Sie bieten spektakuläre und/oder alberne Anblicke – und jede Menge Charakter drum herum.
Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
08.11.2019 21:57 Uhr 1
Es kann aber auch sein, dass die Zuschauer sich an eine Show gewöhnen und die Macher die Möglichkeiten ihres Konzeptes erkennen müssen, aber letzteres ist immer der Fall. Ich fand es gar nicht so schlecht