Hintergrund

Das Buch ist tot! Lang lebe das Buch!

von

Die Zahlen des Buchhandels sind seit Jahren stabil. Trotz Internet und immer mehr Möglichkeiten der flexiblen Unterhaltung durch Streaming & Co. gehört das Buch zum Alltag der Deutschen.

Buchtipps von Denis Scheck

  • Anne Carsons Versroman „Rot“
  • Robert Macfarlane: „Die verlorenen Wörter“ und „Unterland“
  • die sensationelle Lyrik-Anthologie „Grand Tour“ von Jan Wagner und Federico Italiano,
  • Nobert Gstreins „Als ich jung war“
  • Valeria Luisellis „Archiv der verlorenen Kinder“
  • Peter Stamms „Marcia aus Vermont“
  • Sybille Lewitscharoffs „Von oben“
  • die Neuübersetzung von George Eliots „Middlemarch“ bei Rowohlt
  • und meinen norwegischen Lieblingsautor Hans-Olav Thyvold mit seinem Roman „Brave Hunde kommen nicht zum Südpol“
Mit der Erfindung des Buchdrucks von Johannes Gutenberg im Jahr 1450 war es nicht abzusehen, dass diese Technologie noch hunderte von Jahren zu den größten Errungenschaften der Menschheit gehört. Nach der Sprache, der Schrift und vor dem mobilen Internet, das sämtliches Wissen überall zur Verfügung stellt, kommt der Buchdruck. Das Medium müsste theoretisch schon abgelöst sein, aber die Vervielfältigung in Buchform ist nicht totzukriegen.

Laut dem Börsenverein des Deutschen Buchhandel setzten die buchhändlerischen Betriebe im vergangenen Jahr 9,13 Milliarden Euro um. Damit hielt man sich auf Vorjahresniveau und legte sogar gegenüber 2016 zu. Zu den erfolgreichsten Betrieben gehört der Sortimentsbuchhandel (ohne E-Commerce) wie Thalia oder Hugendubel, die für knapp die Hälfte des Umsatzes verantwortlich sind (rund 4,3 Milliarden Euro im Jahr 2018). Der Versandbuchhandel erreichte einen Umsatz von 1,89 Milliarden Euro, die Verlage sind mit 1,92 Milliarden Euro ebenfalls sehr stark.

Das Erste-Moderator Denis Scheck, der durch die Sendung «Druckfrisch» im Ersten führt, ist sich sicher: „Es gibt ein sehr großes Bedürfnis nach Orientierung. Ich stehe ja vor der etwas heiklen Situation, dass ich seit Jahren vor dem Müll auf der ‚Spiegel‘-Bestsellerliste warne, Büchern, bei denen es sich in der Regel um vollkommen hirnrissige Prominentenautobiographien sogenannter Künstler wie Kollega oder Schwesta Ewa handelt.“ Derzeit ist „The Great Nowitzki“, eine Biografie über den Würzburger Basketballer Dirk Nowitzki auf dem neunten Rang der Sachbuch-Liste. „Die außergewöhnliche Sportlerkarriere Nowitzkis bewegte weltweit Basketballfans und die Medien. ‚The Great Nowitzki‘ zeigt seine menschliche und sportliche Größe aus nächster Nähe“, lobt beispielsweise Stefanie Schmidt von der Thalia-Buchhandlung in Weiterstadt das Werk.



Im Belletristik-Markt dominiert Fitzeks „Das Geschenk“ die Top-Liste. Das „Café am Rande der Welt“ ist seit einigen Jahren auch immer wieder auf den Top-Positionen zu finden. Für Lena-Julie Brunner von der Thalia Cuxhaven ist es ein Buch, das zum Nachdenken anregt. Auch Ferdinand von Schirach gehört zu den bekanntesten Autoren Deutschland. „Ferdinand von Schirachs Schreibstil reißt mit und macht nachdenklich zugleich“, sagt Michael Schenkl von der Thalia Regensburg.

Marktforscherin Nora Bechler vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. stellte Anfang des Jahres fest, dass die Belletristik trotz Buchstars wie Sebastian Fitzek und YouTuber rückläufig ist. Dieses Segment [Erzählende Literatur, Anmerkung der Redaktion] stellt mit „Töchter einer neuen Zeit“ von Carmen Korn (Rowohlt Tb.) das meistverkaufte Buch der Warengruppe über alle Editionsformen hinweg. Platz zwei und drei gehen an Sebastian Fitzek mit „Der Insasse“ (Droemer HC) und „Das Paket“ (Knaur Taschenbuch) und damit an die zweitgrößte Unterwarengruppe Spannung, die nahezu auf Vorjahresniveau liegt (minus 0,3 Prozent, Umsatzanteil: 24,6 Prozent).“

Obwohl die Belletristik leicht rückläufig ist, müssen sich die Verlage keine Sorgen machen. «Druckfrisch»-Moderator Scheck erkennt sogar Trends: „Neben der Rückeroberung unseres literarischen Erbes, das einige Literaturtalibans als ‚nicht mehr zeitgemäß‘ entsorgen wollen, sehe ich einen internationalen Trend zum sogenannten Nature Writing. Je mehr Zeit wir vor Bildschirmen verbringen, umso größer ist offenbar unser Bedürfnis, uns zumindest lesend zurück zur Natur zu wenden.“ Scheck lässt Beispiele folgen: „Im Buchmarkt manifestiert sich das zum Beispiel in der wunderschönen ‚Naturkunden‘-Reihe von Judith Schalansky bei Matthes & Seitz. Inzwischen haben wir nicht nur einen Nationaltorhüter, sondern mit Peter Wohlleben einen Nationalförster, der seine Ex-Kollegen ‚Baummetzger‘ schimpft und der deutschen Waldwirtschaft kräftig auf die Zehen tritt. Diesen Trend zum Nature Writing begrüße ich zunächst mal.“

Die Strömung zu Natur-Themen muss allerdings nicht das Leben der Menschen verbessern. Scheck vergleicht dies mit dem Anstieg der Kochsendungen, währenddessen auch der Konsum von Tiefkühlpizzen in Deutschland stieg. Der Deutsche isst inzwischen 92 Stück pro Jahr – Tendenz steigend.

Mehr zum Thema... Druckfrisch
Kurz-URL: qmde.de/113643
Finde ich...
super
schade
Teile ich auf...
Kontakt
vorheriger ArtikelLaufen dem Privatfernsehen die jungen Zuschauer weg?nächster ArtikelEntlastung für Hella: Moschner tritt regelmäßig zum Vorabend-Quiz an
Schreibe den ersten Kommentar zum Artikel
Weitere Neuigkeiten

Optionen

Drucken Merken Leserbrief



Heute für Sie im Dienst: Fabian Riedner Veit-Luca Roth

E-Mail:

Quotenletter   Mo-Fr, 10 Uhr

Abendausgabe   Mo-Fr, 16 Uhr

Datenschutz-Info

Letzte Meldungen

Werbung

Mehr aus diesem Ressort


Jobs » Vollzeit, Teilzeit, Praktika


Surftipp


Surftipps


Werbung