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Skandal um Schleichwerbung bei Sat.1

von  |  Quelle: Süddeutsche Zeitung
Innerhalb von wenigen Monaten erschüttert der zweite schwerwiegende Fall von illegaler Schleichwerbung die Medienlandschaft in Deutschland. Im Frühjahr diesen Jahres musste die ARD eingestehen, „Product Placement“ sowie „Themen-Placement“ in verschiedenen Sendungen (u.a. «Marienhof», «Schimanski») verkauft zu haben.

Doch nicht nur die ARD ist betroffen: Wie die Süddeutsche Zeitung in ihrer Donnerstagsausgabe meldet, praktiziert auch der Berliner Privatsender Sat.1 Schleichwerbung. Der Zeitung liegen Rechungen aus fünf Jahren vor. Erlös der illegalen Machenschaften: geschätzt über eine Millionen Euro. So funktionierte das Modell: Ein freier Produzent aus Berlin verschickt Drehbücher für TV-Beiträge (u.a. im «Frühstücksfernsehen» an diverse Firmen. Diese werden in sogenannte Ratgeber-Beiträge eingebaut, können ihren Namen und ihre Botschaft dort unterbringen. Eine Schweizer Agentur kassiert für die geleistete PR, eine Sat.1 Tochterfirma stellt daraufhin Rechungen über „Austauschleisten“ aus und bekommt einen Großteil des kassierten Geldes aus der Schweiz.

Rund 20.000 Euro koste es, eigene Experten in einen Sat.1 Beitrag einzukaufen. Dies geschieht über die Firma „Connect-TV“. Diese nennt sich „Gesellschaft für Medien und Kommunikationsmanagement“. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung teilen sich Connect TV und Sat.1 den Gewinn zu jeweils 50 Prozent. Von 2000 bis Mitte 2005 liegen dem Blatt 130 Beiträge und Interviews vor, die Dunkelziffer dürfte allerdings deutlich höher sein. Denn: Eine Reihe von bekannten Firmen und Dienstleistern nutzt die Form der Werbung, die Sat.1 seit Jahren anbietet: Neben dem Versicherer WWK, dem Finanzdienstleister AWD, sind auch die Arzneimittelfirmen Lichtwer Pharma, Spitzner und Klosterfrau betroffen. Die WWK setzt voll und ganz auf das verbotene Geschäftsmodell: Eine Mitarbeiterin wird mit dem Satz „steter Tropfen höhlt den Stein“ in der SZ zitiert.

Weitere Beiträge sollen bereits abgedreht in der Schublage liegen. Diese Vorhaben stammen aus dem Monat September diesen Jahres. Darin involviert: Die Versicherungsgruppe WWK, die über Risiko-Lebensversicherungen informieren möchte. Beim betroffenen Sender Sat.1 hüllt man sich in Schweigen. Auffallend: ProSieben Sat.1 Vorstand Jürgen Doetz (Foto)verhielt sich während der Diskussion um Schleichwerbung im Ersten erstaunlich ruhig, meldete sich nicht zu Wort: Ein Schelm, wer da Schlimmes denkt..

Im Quotenmeter.de Gespräch will uns eine Sprecherin des Senders in die Konzernzentrale zur ProSieben Sat.1 Media AG verweisen. Auch auf die Nachfrage, warum der betroffene Sender nicht selbst antworten könne, können die Berliner keine Antwort geben. Letztlich wird auch Quotenmeter.de direkt mit der Konzernzentrale verbunden. ProSieben Sat.1 Media AG deshalb, weil der Vorfall direkt vom Vorstand und nicht von den Sat.1 Oberen geprüft werde.

Dort werde das Thema sehr ernst genommen. Auch, weil nicht auszuschließen ist, dass neben Sat.1 noch weitere Sender der Senderfamilie von der Schleichwerbung betroffen sind, wie die Konzernsprecherin gegenüber Quotenmeter.de sagte. „Wir können momentan nichts ausschließen.“ Ob die Sendergruppe personelle Konsequenzen aus dem Skandal ziehen wird, ist ebenso unklar, wie der Umfang der verbotenen Schleichwerbung. „Wir wissen nicht, wie lange die Prüfung dauern wird. Sie wird sehr umfangreich und deswegen wahrscheinlich nicht in wenigen Tagen abgeschlossen sein“, heißt es aus der Konzernzentrale von ProSieben Sat.1.

Quotenmeter.de hält Sie über die Vorwürde gegen den Berliner Sender weiterhin auf dem Laufenden.

Kurz-URL: qmde.de/11420
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